Mir bleibt das fast das Herz stehen, als ich Linas Stimme hinter der Holztür höre. Hat sie etwas mitbekommen? Sind wir etwa aufgeflogen? Das kann nicht sein. Panisch ziehe ich wieder mein Hemd an und verstecke mich in Kyras Badezimmer, als diese in Richtung Tür läuft und mit einer perfekten Maske öffnet. Angestrengt stehe ich mit dem Ohr an der kalten Holztür und versuche, die Worte von draußen zu erkennen, soweit es mein laut klopfendes Herz zulässt.
„Frau Schneider, wir suchen Maja überall, sie ist eingeschlafen und jetzt ist sie plötzlich verschwunden", höre ich Lina hektisch mit einem besorgten Unterton sprechen. „Hey alles wird gut, wir finden sie schon, ok? Geh nochmal in euer Zimmer und schau, ob sie ihre Jacke und Schuhe dabei hatte. Dann finden wir vielleicht raus, ob sie draußen ist und ich suche auch mal." Scheinbar ist das für Lina in Ordnung, denn ich höre erst nichts, dann eine sich schließende Tür und dann eine sich öffnende, als ich auch mein Gleichgewicht verliere und Kyra in die Arme falle. Sofort müssen wir beide etwas lachen und ihre Augen strahlen in ihrem Braun nun wieder etwas heller. Allerdings verstummt ihr Lachen und sie sieht mich ernst an. „Maja du musst jetzt gehen. Wir hätten fast erwischt werden können und das kann böse enden. Ich könnte meinen Job verlieren..." Sie versinkt in ihren Gedanken und beginnt offensichtlich, sich Sorgen zu machen, ob ihr Gesagtes wohl in naher Zukunft passieren wird.
„Kyra?" flüstere ich schon fast und lege ihr meine Hand auf die Wange, die augenblicklich leicht errötet. „Mach dir bitte nicht zu viele Sorgen, das ist doch mein Part. Ich gehe jetzt leise zurück zu meinem Zimmer und sage einfach, dass ich ein bisschen draußen saß weil mir so warm war und ich deswegen auch keine Schuhe anhatte. Ok?" Sie nickt nur, haucht mir einen Kuss auf die Stirn und lässt mich anschließend wieder los, nachdem sie mich bereits seit dem Auffangen gehalten hatte. Auf meinem Rückweg in mein Zimmer frage ich mich, warum sie sonst immer so sorglos war bisher, denn es kann von heute auf morgen alles schief gehen. Aber vielleicht versteckt sie auch das perfekt und lässt sich nichts anmerken. Was wohl passiert wäre, wenn Lina nicht geklopft hätte? Das bekannte Kribbeln in meiner Mitte kommt zurück, doch ich schiebe es auf die Seite, denn am Ende des Flures sehe ich Lina schon auf mich zulaufen.
„Hey Süße, wo warst du denn?!" Lina sieht mich allerdings schon an, als könnte sie ahnen, wo ich war. „Ähm nirgends nur bisschen an der frischen Luft", antworte ich nervös. „Na klar ohne Jacke und Schuhe, sehr glaubwürdig", lacht sie und grinst verschwörerisch. „Sag schon, wer es ist!" Ich schweige nur und gehe neben meiner besten Freundin in die Richtung unseres Zimmers. Normalerweise erzählen wir uns alles aber das kann ich ihr nicht sagen. Dafür steht zu viel auf dem Spiel. „Na gut...", stöhnt sie leicht enttäuscht. „Aber irgendwann erzählst du es mir, versprochen ok?" Ich nicke nur und wir legen uns zurück in unsere Betten. Zum Glück ist mit Kyra alles in Ordnung. Mir ist ein Stein vom Herz gefallen, als wir endlich alles geklärt hatten. Trotz allem frage ich mich, wann wir wohl ohne Linas Erscheinen abgebrochen hätten. Oder hätten wir das überhaupt? Erschöpft schließe ich die Augen und falle in einen tiefen Schlaf.
Es sind mittlerweile einige Wochen vergangen, seit wir von unserer Klassenfahrt zurückgekommen sind. Kyra hält seitdem auch mehr Abstand zu Herr Hölzner und ich auch zu Frau Kramer. Wir hatten viel Zeit zu zweit verbracht und sind uns tatsächlich noch näher gekommen. Ich habe einfach das Gefühl, bei ihr sein zu können, wie ich bin. Ob wir das fortgesetzt haben, was wir in dieser einen Nacht in ihrem Zimmer während der Klassenfahrt begonnen hatten? Bisher noch nicht aber warum sollten wir auch was überstürzen? Auch Lina weiß bisher von nichts. Es ist wohl besser so für Kyra. Soviel zu den letzten Wochen.
Heute ist ein sehr sonniger Tag, obwohl es mitten im Dezember ist. Die eisige Kälte lässt meine Wangen und Nase erröten und vor meinem Gesicht bilden sich kleine Wolken, welche sich sofort wieder in Luft auflösen. Mit den Händen in der Jackentasche schlendere ich die Straße entlang, bis ich in einen sehr abgelegenen Teil der Stadt gelange. Keine Menschenseele ist weit und breit zu sehen. Nach einer Weile biege ich um die Ecke in ein verlassenes, schon heruntergekommenes Lokal. Die mir bereits bekannte ältere Frau nickt mir vom Tresen aus mit einem Lächeln zu und deutet in eine Ecke des Raums. Als ich mich umdrehe erkenne ich schon die wunderbare Frau, die mich momentan zum glücklichsten Menschen der Welt macht. Auch wenn wir uns nur heimlich treffen können, haben wir großes Glück, dass eine ihrer älteren Freundinnen ein Lokal besitzt, in dem wir ab und zu etwas essen oder einen Kaffee trinken können. Eben außerhalb der regulären Geschäftszeiten aber besser als nichts und Sicherheit geht vor. Zur Begrüßung gibt sie mir einen Kuss und ich setze mich zu ihr an den Tisch, um die Karte zu studieren, als wären wir ein ganz normales Paar in einem Restaurant. „Wie war dein Tag?" frage ich meine Liebste mit einem warmen Lächeln. „Naja er war erträglich... Viel zu tun aber ich habe mich mit unserem Essen motiviert." Sie zwinkert mir zu, haucht mir einen Kuss auf die Lippen und fährt mit ihren Fingern über meinen Arm. „Und deiner?" haucht sie mir ins Ohr, wobei sie es leicht mit ihrer Nase streift. Ich beiße mir leicht auf die Unterlippe. Wir hatten schon öfter solche Situationen und die Spannung scheint jedes Mal zu wachsen. „Ich hatte einen guten Tag", räuspere ich mich, um meine Stimme wiederzuerlangen. „Wir hatten ja diese Deutschprüfung und die ist ganz gut gelaufen. Meine Mam ist mal wieder unterwegs für die nächsten drei Tage und deshalb hatte ich noch ein bisschen sauber gemacht daheim." „Mhm also Sturmfrei bei dir..." erwidert sie nebenbei aber wohl eher zu sich selbst. Ein leises Kichern rutscht mir raus und sie sieht mich mit großen Augen an. „Oh man", sagt sie. „Dein Lachen macht mich immer so nervös. Es bringt mich ganz durcheinander." Die Dame von der Theke erscheint an unserem Tisch und lächelt uns zu. „Na, habt ihr euch schon entschieden? Oder wie sonst das Übliche?" „Wir hätten gerne das Thai Curry mit Baguette und dazu eine Flasche von diesem Rotwein", antwortet Kyra, als hätte sie das Dinner schon gestern geplant und deutet auf den richtigen Wein in der Karte. Die Frau nickt und geht wieder.
Nach wahrscheinlich zwei Stunden Essen, reden und vor allem viel Rotwein machen wir uns auf den Heimweg. Wir sind beide schon etwas angetrunken. Als wir einige Zeit später vor meiner Haustür stehen, sieht Kyra mich lange an und küsst mich verlangend. Erst auf den Mund, dann weiter an meinem Hals und öffnet mir langsam die Jacke. „Jetzt mach schon die Tür auf, oder willst du etwa, dass deine Nachbarn alles mitbekommen?" flüstert sie in mein Ohr und beißt leicht hinein. Ein leises Stöhnen entweicht mir und ich schaffe es gerade so, mich genug zu konzentrieren, um die Tür aufzuschließen. Gerade so im Haus angekommen zieht sie mir schnell die Jacke und mein Oberteil aus, um mich ungehindert weiter abwärts küssen zu können. Ich drücke sie, zu ihrer Überraschung, plötzlich dominant an die Wand und beginne, auch ihr beim entledigen ihrer Kleidung zu helfen. Wir bewegen uns langsam in die Richtung meines Zimmers und lassen hinter uns die Tür zufallen.
Licht, welches durch die Fenster dringt, weckt mich und ich beginne, langsam zu blinzeln und meine Augen zu öffnen. Dicht an mich gekuschelt, liegt die wohl schönste Frau dieser Welt und ich erinnere mich glücklich an die vergangene Nacht. Wie kann nur jemand so sanft trotzdem dominant und gleichzeitig so perfekt sein? Mit meinen Fingern fahre ihr über ihre nackte Haut, was auch sie mit einem Lächeln erwachen lässt. „Guten Morgen", murmelt sie und küsst mich kurz aber leidenschaftlich. Ich strahle sie nur an, unfähig, irgendetwas zu antworten. Wir bleiben noch eine Weile im Bett liegen, als sie irgendwann aufsteht und sich ins Bad bewegt. Auch ich beginne mich, anzuziehen und unten unsere Klamotten aufzuräumen. Verträumt sitze ich mit einem Kaffee in der Hand in der Küche, als sie zu mir kommt und ich ihr auch eine Tasse reiche. „Du bist wunderschön", sage ich zu ihr und ziehe sie in einen erneuten Kuss. Diesmal länger.
Nur ein Klopfen direkt neben uns reißt uns auseinander. Es ist mein Dad, welcher mit einem gemischten Gesichtsausdruck an die Fensterscheibe klopft. Scheisse, denke ich nur und erstarre vor lauter Panik.
Hey Leute! Dieses Kapitel ist etwas länger. Es ist eines der letzten und hat euch hoffentlich gefallen <3
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✔️Eine ganz besondere Liebe
Romansa[...]Sie nimmt jetzt ihren weißen, flauschigen Wollschal ab, zögert für den Bruchteil einer Sekunde und wickelt ihn mir langsam und vorsichtig um den Hals als würde sie befürchten, ich könne zerbrechen. Die Frau mit den schokobraunen Augen sieht in...