Kapitel 6

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Kapitel 6: Die Psychiatrie

Ich wollte aufstehen, doch Mum drückte mich zurück in die Kissen. "Der Doc hat gesagt, du sollst noch mindestens zwei Wochen Bettruhe haben! Also bleibst du diesen einen Tag auch noch liegen. Morgen darfst du raus." Dann ging sie. Unser Verhältnis hatte sich diese und letzte Woche stark verschlechtert. Mum liebte ihre Arbeit und so lange nicht arbeiten gehen zu können musste für sie sehr schlimm sein. Ich fühlte mich schlecht. Hoffentlich verbesserte sich das wieder, wenn sie wieder arbeiten ging. 

Also blieb ich liegen. Wie langweilig das war, die ganze Zeit im Bett zu hocken. Hier zuhause konnte ich zwar fernsehen, aber ich hatte schon so viel ferngesehen, dass mir das allmählich zum Hals raushing. Keiner meiner Freunde hatte mich besucht. Noch nicht mal Mary! Anscheinend schien mich keiner zu vermissen. Schade, ich hätte mich über etwas Gesellschaft gerne gefreut. Wie auf Kommando ging die Tür auf. Aber es war niemand da. Ich zuckte mit den Schultern, es war höchstwahrscheinlich ein Windstoß gewesen, und ging zur Tür, um sie zu schließen. "Lass sie offen.", sagte eine ruhige Stimme, direkt hinter mir. Panisch drehte ich mich um. Er war wieder da: der Junge aus dem Krankenhaus und meinen Träumen. Aber ich musste zugeben, er sah echt gut aus. Ich schüttelte den Kopf, um von diesen Gedanken loszukommen. "Nein? Nein?! Lass die Tür offen!", zischte der Junge. Seine grünen Augen, in denen man versank, wenn man nicht aufpasste, blitzten gefährlich. 

Vorsichtig nickte ich. Dann rannte ich aus meinem Zimmer. Tja, die Tür aufzulassen war wohl doch nicht so schlau gewesen!, dachte ich mir und ging in die Küche, wo ich meine Mum Zeitung lesend vorfand. "Ich hab doch gesagt -" Ich unterbrach sie indem ich meinen Zeigefinger an meine Lippen legte und dann nach oben zeigte. "Was -" Schon wieder wurde sie von mir unterbrochen. Diesmal schüttelte ich den Kopf. Ich sah mich hektisch um und fand schnell, was ich suchte. Ein Stift und ein Block. Ich schrieb alles auf: Von dem Traum, über die nächtlichen Begegnungen im Krankenhaus bis zu dem heutigen Ereignis. Sie las es durch und schüttelte dann lachend den Kopf. "Klar, Alexis. Ein Junge verfolgt dich vom Krankenhaus nach Hause." Nochmal lachte sie. "Geh wieder ins Bett." 

Niedergeschlagen ging ich die Treppe hoch. Meine Zimmertür stand immer noch offen. Ich hatte keine Lust, jetzt in mein Zimmer zu gehen und wieder den Jungen zu treffen. Er machte mir Angst. Wie kam er überhaupt hier rein? Ich ging in Katies Zimmer und setzte mich auf den Boden. Den Kopf in die Hände stützend dachte ich nach. Lange. Irgendwann musste ich wohl eingeschlafen sein, denn als ich wieder wach war, lag ich in meinem Bett. Und neben mir... der Junge. Mein Gott, konnte der mich nicht mal in Ruhe lassen? Wenn er jetzt nicht bald sagte, was er wollte, dann... Ja, was dann? Das wusste ich auch nicht. Mit hochgezogenen Augenbrauen blickte ich ihn an. Er starrte zurück. Nichts passierte. Ich wandte den Blick ab und schaute aus dem Fenster. Die Sonne ging gerade unter. Mein Bauch knurrte laut und ich zuckte zusammen. Ich war vielleicht schreckhaft geworden! Ich schaute wieder zum Jungen. Aber er war verschwunden. 

Unten hörte ich die Stimme meines Vater. Er lachte schallend. Dann hörte er plötzlich auf und sprach leise weiter, so leise, dass ich nichts mehr verstand. Bald war ich wieder eingeschlafen. Trotz des großen Lochs in meinem Bauch.

Mum weckte mich. "Lex, komm steh auf. Du musst etwas essen!" Ich drehte mich zur Seite und stöhnte. Mein Kopf tat fürchterlich weh und mir war leicht schwindelig. Nachdem ich mich angezogen, gefrühstückt und meine Zähne geputzt hatte, sagte Mum vorsichtig: "Schatz? Wir fahren gleich weg. Packst du bitte ein paar Klamotten ein?" Wo wollte sie hin? Und warum musste ich Sachen einpacken? Ich nickte.

Mum fuhr über den Highway und ich sah aus dem Fenster. Noch immer hatte ich keinen blassen Schimmer, wo sie hinwollte. Das Auto hielt. "So! Wir sind da." Wir stiegen aus und ich blickte mich um. Da! Ein riesiges Schild mit verwitterten Buchstaben, die man kaum noch lesen konnte. Ps.. Psychia... Psychiatrie Ma... Mason. Psychiatrie Mason. Dann ging ich meiner Mutter an die Kehle.

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