Kapitel 22

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LEKO 

Kapitel 22: Training

Für einen Neuling auf dem Gebiet des Kampfes schlug Estelle sich mehr als herausragend, was mich ehrlich gesagt ziemlich störte, denn je besser sie meine Angriffe konterte, desto mehr wurde sie von Vater akzeptiert, und dass konnte ich nicht ab. Aber ich beruhigte mich mit dem Gedanken, sie nach meiner Krönung zu töten. In dem Moment, in dem ich dies dachte, schoss das Schwert unbemerkt auf meinen Oberschenkel zu und bohrte sich in das Fleisch. Lange hatte ich nicht mehr geschrien, aber nun brüllte ich, fast so laut wie der Feueratem eines Drachen. Dass meine Beine unter mir wegsackten konnte ich nicht verhindern. Eine unbändige Wut tat sich in mir auf. Wie konnte sie es wagen, den königlichen Prinzen zu verletzen, sodass er zu Boden ging? Sie würde für alles bezahlen müssen, den Tod meiner Mutter und alles andere!

ESTELLE

Ein Schrei durchbrach die Leere. Die Schwärze verflog und ich hörte ein Keuchen. Leko lag am Boden. Er hielt sich seinen Oberschenkel und hatte sie Augen geschlossen. Es sah aus, als würde er mit sich selbst kämpfen. Mir fiel das Schwert auf, das sich in meiner Hand befand, und ich ließ es schnell fallen. Es war an der Spitze mit Blut befleckt. Ich wunderte mich, wo ich war, warum ich ein Schwert in meiner Hand hielt und wieso mein Bruder vor mir lag. Aber noch mehr wunderte ich mich darüber, dass plötzlich alles durch blendend helles weiß-goldenes Licht erhellt wurde. Ein lautes Scheppern ließ mich zusammenfahren und herumwirbeln. Ich hatte nichts Bestimmtest erwartet und ich war fast erschrocken, als mir ein riesiges Einhorn liebevoll in die Augen blickte. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen und ich flüsterte: "Ayana" Dann schwang ich mich auf den Rücken der Stute, was sich ohne Sattel ziemlich schwierig gestaltete, aber durch meine Reiterfahrung wesentlich erleichtert wurde. Sofort, als ich sicher saß, bäumte sie sich auf und stürmte voran. Ich schrie, denn Ayana galoppierte geradewegs auf den massiven Fels zu. Meine Hände krallten sich in ihrer Mähne fest und ich versteckte mich, so gut es irgend möglich war, hinter dem majestätisch gebogenen Hals. Kein Aufprall. Vorsichtig lugte ich an ihrem Kopf vorbei, aber ich konnte nichts erkennen. Kurz danach wurde alles hell und ich erkannte den Thron und die Halle, wo Leko mich immer seinem Vater vorgeführt hatte, um ihm zu zeigen, wie ich mich entwickelt hatte. Worin wusste ich nicht mehr. Mehr als das hatte ich nicht mitbekommen. Die Halle war leer, bis auf eine junge Fee in Ketten, die auf dem Boden herumkroch und versuchte, sich zu befreien. Ich wollte ihr helfen, doch schon jetzt sah ich, dass der Versuch sinnlos sein würde. Sie war an den Thron gefesselt. 

Immer weiter wurde ich fortgetragen, wir ließen die Halle hinter uns und kamen nach draußen. Ich wurde fast aus dem Sattel geschleudert, als Ayana urplötzlich stoppte. Vor ihr lag ein steiler Abfall des Felsens. Sie trottete mehrere Meter zurück, so als würde sie jetzt Anlauf nehmen wollen. Dann schoss sie nach vorne und sprang. Es fühlte sich an wie Fliegen, aber der Aufprall kam schnell. Ich hörte das Knacken ihrer Knochen. "Nein", flüsterte ich. Sie lag am Boden, ich zog mein Bein unter ihrem Körper weg. Mir tat alles weh, aber zur Zeit galt meine alleinige Sorge Ayana. "Bitte!" Tränen liefen mir wie Wasserfälle aus den Augenwinkeln. Hektisch sah ich mich um, auf der Suche nach Hilfe, doch ich konnte niemanden sehen. Weder jemanden, der mir helfen würde, noch jemanden, der es nicht tun würde. Ich drehte mich wieder zu Ayana, doch sie war verschwunden. Panisch stand ich auf. Aber ich fand sie nicht mehr.

Seit einer gefühlten Ewigkeit stapfte ich durch den Wald, in der Hoffnung, den Palast zu finden. Aber meine Hoffnung blieb unerfüllt. Meine Beine gaben nach. Ich war ausgezerrt vor Hunger und Durst, meine Glieder schmerzten erbarmungslos und mein Blickfeld verfloss mit dem Schwarz am Rand, das ich schon eine Zeit lang sah. Das Letzte, was ich spürte, bevor ich in Ohnmacht fiel, waren warme, kräftige Arme, die mich hochnahmen und an eine Brust hielten, die von schnellem Herzschlag vibrierte. Dann war ich weg.

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