Kapitel 12

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Kapitel 12: Fragen über Fragen

"Ich... Ehm... Hast du... Kannst du mir vielleicht noch mehr Bilder von ihr zeigen? Also...", fragte ich und ärgerte mich über mein Stottern. 

"Von deiner Mutter?" 

"Eh... Ja.", nickte ich. 

Auch er nickte und ging wieder aus dem Raum raus, aber nur um in einen anderen zu gehen. Ich folgte ihm. Der Raum, in dem wir uns jetzt befanden glich keinem einzigen, den ich hier gesehen hatte. Die Wände waren strahlend weiß, die Fenster hatten weiße Seidenvorhänge, mit eingearbeiteten Goldfäden. An allen Wänden waren Bilder, umrahmt von cremefarbenen Stoffbahnen. Ein Haus an einem See, überall wirbelten Blätter durch die Luft, ein Kind lief einen von Blumen gesäumten Weg entlang, ein schneeweißes Pferd, das am Strand durch die seichten Wellen galoppierte. Der Fußboden, der aus Marmor bestand, war sauber und glänzte im Schein der untergehenden Sonne leicht rötlich. Die Fenster boten auf der einen Seite einen Blick auf den Sonnenuntergang und auf der anderen Seite auf den Park und eine riesige Koppel, wo gerade jemand dabei war, die Pferde herunterzuführen. Genau vor mir, direkt gegenüber der Tür befand sich jedoch eine große Glastür, die auf einen schmalen Steinweg führte. Eine weiße Tür ging neben der, durch die wir den Raum betreten hatten, in einen anderen Raum. Fragend schaute ich Jordayn an, der mich sofort verstand und nickte. Ich öffnete die Tür und betrat ein Zimmer, das noch schöner war. In der Mitte stand ein riesiges Himmelbett, weiße Seide hing an den Ecken herunter. An einer Wand stand mit großen, verschlungenen Buchstaben: Estelle. Wow, war das etwa mein Zimmer? Nein, halt! Das war doch alles nur Schauspielerei! Meine inneren Stimmen untergrabend ging ich zu einer Kommode. Die oberste Schublade war leicht geöffnet und ich zog sie noch ein Stückchen weiter raus. Sie war leer. Die Darunterliegende ebenfalls, nur die Unterste war es nicht. Darin lag ein Album. Jordayn stand plötzlich neben mit und nahm es heraus. Er ging zu dem großen Bett, setzte sich, schlug das Album auf und klopfte neben sich. "Setz dich. Schließlich wärest du hier aufgewachsen, wenn du nicht..." Er führte den Satz nicht zuende. 

Auf der ersten Seite war ein Wappen aufgemalt, groß und dunkelrot. Auf der nächsten stand in ebenfalls dunkelroten Buchstaben: Dieses Buch gehört Estelle, Kronprinzessin von Loyola. Die beiden danach folgenden Seiten waren leer. Viele große Bilder von Pferden und dem Park bedeckten die Seiten. Danach folgten Bilder von meinem Vater, meiner Mutter und meinem Bruder. Nein, Estelles Vater, Mutter und Bruder. Die letzte Seite wurde von einem Bild geziert, dass Estelle zeigte. Leuchtend blaue Augen blickten in die Kamera. Ich sah genauer hin. Das war kein Foto, sondern gemalt. Das Baby sah mir wirklich bis ins kleinste Detail ähnlich, es glich mir wie auf das Haar. Langsam wurde ich unsicher, fragte mich, ob das, was Jordayn und sein Vater mir erzählt hatten, nicht vielleicht doch wahr war. Einen kurzen Moment, war ich mir sicher, dass es wirklich so war, aber im nächsten dachte ich mir: Nein, das kann nicht sein! Es gibt keine Feen und Elfen und Einhörner erst recht nicht! Oder? 

"Es ist wahr, glaub mir! Ich würde dich niemals anlügen!" Nein? Warum so sentimental? Ich verkniff mir den Kommentar und klappte entschlossen das Buch zu. "Bring mich hier raus, bitte." Das wurde mir einfach langsam alles zuviel! 

Er brachte mich wieder zu dem Raum, wo ich aufgewacht war. Ich legte mich ins Bett und grübelte. Vieles, wie zum Beispiel die Tatsache, dass es Feen, Elfen und sonstige Wesen geben sollte, deutete daraufhin, dass dies alles nur ein Scherz war. Aber andere - nur kleine - Hinweise, gaben mir das Recht, anzunehmen, dass eventuell alles der Wahrheit entsprach. Mein Kopf schwirrte, ich konnte nicht mehr klar denken. Trotz der vielen Fragen schlief ich bald ein, so erschöpft war ich. In dieser Nacht hatte ich seit Langem wieder einen Alptraum. Doch dieses Mal war nicht ich die Person, die gejagt und gefoltert wurde. Diesmal war es Estelles Mutter. Meine Mutter? 

Als ich aufwachte, wusste ich es nicht, wusste gar nichts mehr. Fühlte mich verlassen, hatte niemanden, dem ich alles erzählen konnte, denn meine Familie und meine Freunde waren nicht hier.

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