11. Türchen

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HARRY

11.12. :

Als ich heute aufwachte, dachte ich sofort an den gestrigen Abend zurück, der meiner Meinung nach einfach nur perfekt gewesen war. Aber als ich mich dann umdrehte, sah ich, dass Louis gar nicht da war - und es war völlig still, also war er auch nicht im Badezimmer. Dann erblickte ich den Coffee-To-Go-Becher auf meinem Nachttisch und setzte mich auf. Daneben lag ein Notizzettel, den ich sofort in meine Hand nahm und las.

*Guten Morgen, Schlafmütze!

  Ich musste in meine erste Vorlesung und

  wollte dich nicht aufwecken, du hast so

  gut geschlafen ... Genieße deinen

  Wachmacher ...

  Bis später!

  Louis*

Ich grinste dümmlich vor mich hin und trank von dem Kaffee. Es war ein doppelter Espresso. Fuck, Louis war echt süß!

Eine halbe Stunde später hatte ich geduscht und mich angezogen, als es klopfte. "Ja!", rief ich und ein gutaussehender Typ kam herein. "Hey, ich bin Liam", begrüßte er mich und gab mir seine Hand. "Oh, du bist Liam?". "Ja, und du bist Harry". "Jep, Louis ist schon weg". "Ich weiß, ich will mit DIR reden", sagte er - und plötzlich bekam ich das Gefühl, dass das jetzt ein seeeeehr ernstes Gespräch werden würde. "Okay", sagte ich nur und wartete auf Liams Standpauke.

"Am Freitag war Louis noch fix und fertig wegen dir, und am Montag war er dann plötzlich wieder total happy, also ... was soll das?". "Das am Freitag war ein Missverständnis, und Louis weiß das". "Ach ja?". "Ja, er hat gehört, wie ich ... egal ... ich verstehe, dass du dich um ihn sorgst, denn er hat dir wahrscheinlich erzählt, wie ich auf der Highschool zu ihm war". "Das hat er". "Aber so bin ich nicht mehr, und ich versuche, es bei ihm wieder gut zu machen", sagte ich und Liam runzelte misstrauisch seine Stirn. "Einfach so? Du bist grundlos ein guter Mensch geworden? Und das soll ich dir glauben?". "Nicht grundlos, nein", stellte ich fest und Liam atmete wortlos einmal tief durch, also fuhr ich fort : "Ich hatte letztes Jahr quasi eine Erleuchtung und seitdem will ich kein Arschloch mehr sein, und bis jetzt halte ich mich daran".

Liam blickte mir direkt in die Augen, aber ich hatte nichts dagegen. Ich meinte es ernst, und genau das schien er in meinen Augen zu sehen. "Okay, für jetzt glaube ich dir und ich hoffe, dass es so bleibt, beziehungsweise dass DU so bleibst". "Das werde ich, weil ich Louis wirklich mag". "Ja?". "Sehr sogar", sagte ich - und jetzt grinste Liam mich schief an. "Sehr gut".

Als ich dann in meiner ersten Vorlesung saß, ging mir das Gespräch mit Liam nicht aus dem Kopf. Auch wenn ich das Gefühl hatte, dass Louis mir jetzt glaubte, aber was wenn nicht? Ich wollte ihn nicht verlieren ...

Bis zum Abend steigerte ich mich in diesen einen kleinen Zweifel in meinem Kopf hinein - und als ich das Wohnheimzimmer betrat, war ich fast schon aufgelöst.

LOUIS

Ich war vor Harry wieder im Wohnheim und als er zurück kam wirkte er irgendwie komisch.

„Hey, was ist los?“, fragte ich ihn und setzte mich neben ihn auf sein Bett. „Glaubst du mir jetzt wirklich endlich, dass ich mich verändert habe?“, fragte er mich und sah mir dabei fest in die Augen. „Ja, Harry, ja, ich glaube dir.“, bestätigte ich ihm und Harry begann plötzlich zu weinen. Ich legte einen Arm um seine Schultern und zog ihn an mich. „Alles ist gut, du musst mir nichts mehr beweisen.“, murmelte ich und er nickte. Harry legte seinen Kopf auf meine Schulter und schniefte leise. Ich strich ihm beruhigend über den Rücken und genoss seine Nähe.

Als Harry sich wieder beruhigt hatte schlug ich vor, dass wir Essen bestellen könnten. Wir einigten uns auf Chinesisch und Harry rief an und gab unsere Bestellung durch.

„Ich hatte heute das Vergnügen Liam zu treffen.“, sagte er schliesslich und ich sah ihn überrascht an. „War er hier?“ „Jep.“ „Und was wollte er?“ „Mit mir reden.“ „Oh mein Gott, das ist peinlich! Ich hoffe, er war wenigstens nett zu dir!“, rief ich und schüttelte den Kopf. Liam und sein Beschützerinstinkt…

Als unser Essen kam setzten wir uns damit gemütlich auf den Boden und unterhielten uns während wir uns die Bäuche vollschlugen.

„Ich muss noch lernen…“, sagte ich mit einem Seufzen und legte meine Stäbchen weg. „Wie bist du eigentlich auf Psychologie gekommen?“, fragte Harry mich und ich seufzte erneut. „Ich finde die menschliche Psyche einfach spannend mit all ihren Höhen und Tiefen, ausserdem möchte ich mal Menschen helfen und das kann ich als Psychotherapeut.“, erklärte ich ihm. „Du wirst ein toller Therapeut werden. Vielleicht mache ich dann mal eine Therapie bei dir.“ „Du brauchst doch keine Therapie!“, entgegnete ich und Harry lachte auf. „Hast du eine Ahnung…“

Die Wendung unseres Gesprächs machte mich traurig. Harry war ein Arschloch gewesen und jetzt schämte er sich dafür und wollte seine Vergangenheit loswerden, aber das konnte er nicht. Obwohl ich sein Opfer gewesen war, tat er mir Leid. „Ich seh das so, du hast dich verändert. Punkt. Und da du jetzt ganz aufrichtig bist und mir nichts Böses mehr willst, bin ich auch geneigt dir alles zu verzeihen. Jeder hat eine zweite Chance verdient.“, sagte ich überzeugt und Harry sah mich einfach nur nachdenklich an.

Nachdem wir gegessen hatten, holte ich meine Bücher heraus und versuchte mich auf den Lehrstoff zu konzentrieren. Aber es gelang mir nicht, Harry spukte in meinem Kopf herum. Ich packte meine Lernsachen wieder weg und zog mir meine Jacke und Schuhe an. „Ich gehe noch kurz zu Liam, ich komme gleich wieder.“, sagte ich zu Harry und er nickte.

Als ich in den kalten Dezemberabend hinaustrat fröstelte ich und zündete mir eine Zigarette an. Dann schlug ich meinen Kragen hoch und ging zum Wohnheim von Liam und Niall. Dort traf ich allerdings nur NIall alleine an.

„Hey Niall, ich muss mit dir reden.“, sagte ich und ließ mich auf Liams Bett fallen. „Was ist los?“, fragte mich Niall sofort alarmiert. „Ich verliebe mich.“, sagte ich leise und rieb mir müde das Gesicht. „Aber das ist doch was Gutes!“, sagte Niall und schüttelte den Kopf. „So leicht ist das leider nicht. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Soll ich die Gefühle zulassen oder versuchen ihn mir aus dem Kopf zu schlagen?“ „Das kannst nur du entscheiden, aber hast du das Gefühl, dass er es Wert ist, sich zu verlieben?“ „Das weiß ich eben nicht! So wie er jetzt ist, ist er traumhaft, er ist ernst und doch verspielt und es macht Spass mit ihm, alles scheint so leicht zu sein, wenn wir zusammen sind.“

„Du bist nicht dabei dich zu verlieben, du bist verliebt.“, stellte Niall fest. „Scheiße, ja, das bin ich.“, rief ich überfordert und Niall lachte.

Ich kam erst nach Hause zurück als Harry schon schlief und leise zog ich mir meinen Pyjama an und legte mich dann ins Bett.

Treat People With Kindness  - AdventkalenderWo Geschichten leben. Entdecke jetzt