Ich half Manuel dabei, in mein Gemach zu kommen. Die Wachen am Tor warfen sich verwirrte Blicke zu. Wann kam es denn mal vor, dass der Prinz einen halb verhungerten nackten Jungen mit aufs Schloss nahm? Auch die Knechte und Mägde sahen uns verwirrt an. Man hörte leises Getuschel, sodass ich mich nur noch mehr beeilte, ihn in mein Gemach zu bringen.
Als ich dann endlich die große Eichentür hinter uns schloss, seufzte ich. "Wenn mein Vater erfährt, dass ich jemanden ohne seine Erlaubnis her gebracht habe, lässt er uns beide köpfen." Doch Manuel hörte mir gar nicht zu. Er schaute in den Raum hinein, ging dann los und sah sich alles gründlich an.
Ich selbst ging zu meinem Schrank und nahm Kleidung für ihn heraus. Dabei behielt ich ihn im Auge. Als er sich dann auf mein Bett fallen ließ, so dreckig wie er war, verzog ich das Gesicht und ging mit schnellen Schritten zu ihm. "Ich schlage vor, du nimmst jetzt schnell ein Bad und ziehst dir dann etwas über. Damit du etwas gesittet aussiehst." Unbeholfen stand ich vor meinem Bett, vor Manuel der breit grinsend auf meiner Decke lag. "Ihr Menschen wisst, was bequem ist", seufzte er dann zufrieden. "Ja. Danke. Und jetzt bitte steh auf." Ich packte seinen Arm und ohne meckern ließ er sich von mir hochziehen. "Baden, sagst du?" Er sah sich um. "Du hast hier nicht auch noch einen privaten Bach?" Seine Augen wurden groß. Ich musste aufschnaufen. "Nein." Lächelnd ging ich zu der Tür, die in meine Waschkammer führte. Ich drehte den Hahn auf und ließ Wasser in die große Wanne laufen. Auch legte ich Manuel ein neues Stück Seife hin. Meine eigene verstaute ich im Wandschrank. "So. Das ist mein privater Bach." Ich grinste. Manuel sah mir über die Schulter. "Okay." Er nahm sich mein Hemd von seiner Körpermitte und stieg in die Wanne ein. Beschämt schaute ich von ihm ab. Sein Anblick brachte mich aus der Fassung. "Dann, dann lass ich dich mal allein. Dort hängt ein Tuch zum Abtrocknen für dich. Die Seife, damit kannst du dein Haar und dein Körper einreiben. Dann wirst du sauber." Manuel hatte seine Hände auf die wackelnde Wasseroberfläche gelegt und betrachtete sie. "Okay." Somit verließ ich die Kammer und verschloss die Tür hinter mir.In meiner Wanne badete tatsächlich ein menschlicher Drache. Ein Wesen, welches wohl doch zu existieren schien. Die Geschichten meiner Mutter waren wahr. Große Drachen, die in Wäldern und Höhlen lebten. Drachen, in roten Farben. In schwarzen oder gelben. Aber auch in grünen. Meine Mutter erzählte mir von einem grünen Drachen, der ihr als Kind im Wald begegnet war. Sie erzählte mir, dass es verschiedene Arten Drachen gab. Ich ging zu meinem Schrank und nahm mir selbst ein neues Hemd hinaus, und zog es an.
Drachen, die das Feuer beherrschten. So wie Manuel. Aber auch Drachen, die Wasserströhme speihten. Lange nicht so mächtig wie die Feuerdrachen. Aber ich konnte mir vorstellen, dass beide Arten im Krieg vom Vorteil waren. In Brand setzen oder Brände löschen.Und wenn es Wahr war, dass es Drachen gab, dann wusste mein Vater es tatsächlich. Hatte Manuel recht und er hatte Drachen gefangen genommen, sie gefoltert und setzte sie nun in den Schlachten ein, um neues Land einzunehmen? Ich stutzte. Ich wusste, dass mein Vater keine Gnade kannte. Doch dass er Ritter anderer Reiche niederbrannte, das hätte ich mir niemals vorstellen können.
Die Tür von meiner Waschkammer ging auf und Manuel kam mit nassem Haar heraus. Meine Kleidung hing an seinem Körper wie ein Sack. Sie waren ihm viel zu groß. "Das passt nicht", murrte er und hob die Seiten der Hose an. "Du musst was essen", sagte ich und stand auf. "Ich rufe das Mittagessen auf mein Gemach. Was magst du so?" Ich sah ihn an. Er zuckte mit den Schultern. "Habe in meiner jetzigen Gestalt noch nie etwas gegessen." Ich hob die Augenbrauen. "Und als Drache?" Manuel grinste. Er grinste so breit, dass er mir Angst einjagte. "Menschen."
Ein angewiderter Schauer lief mir über den ganzen Körper. "Damit kann ich nicht dienen", sagte ich mit gedrungender Stimme. Manuel jedoch lachte nur herzhaft auf. Sein Lachen hallte in meinem Gemach wieder und dieses Lachen erfüllte mich mit einer Magie. Es war schöner als jede Form von musikalischen Klängen. "Du müsstest die Angst in deinen Augen sehen", gluckste er mit langsam weniger werdendem Lachen.Wütend verschränkte ich die Arme vor der Brust. "Was willst du denn jetzt?" Er machte sich über mich lustig. Über den Prinzen. Manuel wischte sich eine Lachträne vom Auge. "Einfach Fleisch. Bin Carnivor." Lächelnd setzte er sich auf mein Sofa und sah mich mit seinen schönen grünen Augen an. "Gut, dann warte hier bitte. Bleib einfach wo du bist und wenn jemand kommt, versteck dich." Ich ging zu meiner Tür und sah nochmal prüfend zu dem Drachen mit den spitzen langen Ohren. Dann verließ ich mein Gemach und suchte die nächste Magd, die mir einen Braten bringen sollte.
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Der Prinz der Drachen /Kürbistumor
FanfictionPatrick, der Prinz. Sein Vater regiert im Jahre 1608 das Land. Das Land, welches des öfteren von Krieg heimgesucht wird. Kriege, in denen die vielen Ritter kaltblütig ermordet werden. Und Patrick, der Prinz, der nur aus dem Schloss zusehen kann. Doc...