Teil 22

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Wir kehrten zurück zum Zelt. Dort wartete Manuel schon sehnsüchtig auf mich. Als ich nämlich das Zelt betrat, sprang er auf und kam mit einem "und?" auf mich zu. John hatte sich vor dem Zelt verabschiedet, um etwas zu sich zu nehmen. "Es sind viele Drachen. Feuer und Wasser", antwortete ich. "Und Maudado ist dabei." Dennos Stimme brach leicht. Manuel wandte sich zu Denno. In seinen Augen spiegelte sich trauer wieder. "Wer?" Ich wollte mitreden können. "Der blaue Drache. Er ist noch sehr Jung. Und leider fehlt ihm ein Fuß. Er wurde ohne gebohren. Daher wird er wohl geopfert, von euch Menschen. Als Lockmittel oder ähnliches." Denno ließ sich auf einer der Stühle nieder.

"Ich bin der Prinz. Und ich leite diesen Spaß hier! Und hier wird kein Drache in den Tod geschickt! Dafür werde ich Sorgen." Ich schlug mit der Faust auf den Tisch, zischte aber gleich darauf auf, da er doch härter war als gedacht. Manuel legte sich die Faust vor den Mund und lachte. Denno sah mich nur entgeistert an. Doch schnell wurde die Situation wieder ernst. "Wie willst du vorgehen?" Manuels Ohren zuckten nervös.

"Sir John hat uns eine Taktik erklärt. Natürlich ist sie gut und effizient gegenüber den Soldaten von Lord Zombey. Aber sie ist genau das, was ich nicht möchte. Die Drachen sollen nicht eingesetzt werden. Doch das, Sir John zu erklären, ist schwierig. Ich habe zwar das sagen. Aber wir bräuchten eine andere Art von Angriff, die die vielen Soldaten zum stürzen bringen könnte." Überlegend legte ich meine Finger an mein Kinn. "Und wenn wir einfach aufgeben?", fragte Denno. Manuel und ich sahen in seine Richtung. Fast unmerklich, zog er den Kopf ein. "Mein Vater wird das nicht zulassen. Solange er sich noch in irgendeiner Form einmischt, wird er nicht aufgeben", antwortete ich. "Und wenn wir einfach verlieren?", fragte Manuel. Ich sah ihn fassungslos an. "Willst du mich umbringen?" "Nein. Aber ich dachte. Ach egal. Wir finden nie eine Lösung." Manuel streckte sich und gähnte dabei Herzhaft. "Aufgeben ist keine Option. Drachen in den Kampf schicken auch nicht. Und wir wissen nicht einmal, wann Lord Zombey nun genau angreifen will. Und ich möchte nicht den ersten Schritt wagen." Überlegend ging ich auf und ab.

"Mein Kopf ist blockiert", sagte ich dann und ließ mich auf mein Stuhl sacken. Manuel kam zu mir. "Willst du vielleicht einen Spaziergang machen? Einmal nicht an deine Pflichten denken, sondern einfach mal Patrick sein." Lächelnd sah er mich an.  "Das klingt nach einer guten Idee. Denno? Wenn die Sonne untergeht, bitte sorg dafür, dass wir dann eine warme Mahlzeit haben." Denno nickte eifrig. "Sicher, mein Herr." Lächelnd stand ich auf. "Also los." 

Manuel und ich verließen unser Zelt und schlenderten durch das Heerlager. Ein Duft von gekochtem Fleisch lag in der Luft. "Habe ich Lust auf Ziege", schmatzte Manuel und rieb sich seinen Bauch. "Ziege?", lachte ich. Manuel nickte. "Die sind so lecker." Seine Augen schienen zu funkeln. "Ich habe noch nie Ziege gegessen", gab ich zurück. Manuel tat erschrocken. "Was? Echt? Der Prinz hat noch nie Ziege gegessen. Das müssen wir nachholen." Manuel verschränkte seine Hände hinter seinen Hinterkopf und fing an zu Pfeifen. "Wir?", lachte ich. Manuel nickte. "Ich fange dir eine Ziege. Aber du frisst ja nichts roh, schätze ich mal." Ich verzog mein Gesicht. "Nein danke."

Wir verließen das Heerlager und schlenderten über die Wiese. Das hohe Gras kitzelte meine Waden. Wir gingen Richtung Fluss und setzten uns anschließend ins Gras hinein. Den Blick auf das Wasser. "Es ist echt schön hier", fing ich vorsichtig ein Gespräch an. Ich fand nicht nur die Natur schön. Sondern auch, dass ich den Augenblick mit Manuel genießen konnte. Ich schloss die Augen und streckte meinen Kopf zum Himmel. Die Sonne brannte angenehm auf der Haut. Ich wollte Energie tanken. "Ich bin froh, dass du mir damals über den Weg gekommen bist. Vermutlich wäre ich sonst in einer der Käfige." Manuels Stimme war sanft. Ich hielt die Augen geschlossen, konnte jedoch nicht anders, als zu lächeln. "Und, und so konnten wir uns Kennenlernen. Du bist der erste Mensch, den ich mag. Also, ich kenne nicht viele Menschen. Du bist eigentlich der Erste, mit dem ich Rede. Also.." Manuel brach verlegen ab. Dann seufzte er. Ich hatte inzwischen meine Augen geöffnet und sah ihn etwas verwirrt an. Mir war nicht klar, was er mir sagen wollte. "Was ich eigentlich sagen wollte. Ich bin froh, dass ich mit dir dieses Abenteuer erlebe." 

Gerade, als ich meinen Mund öffnete, um Manuel zu sagen, dass ich auch froh war, mit ihm das alles zu erleben, hörte ich einen Schrei. Es passierte alles ganz schnell. Manuel riss die Augen auf, sprang auf seine Beine und es erschien der schwarze Nebel, der ihn in seine wahre Gestalt verwandelte. Und ich, ich spürte nur einen stechenden Schmerz in meiner Schulter. Ein Mann in Ritterrüstung hatte mich umgerissen. In meiner Schulter steckte die lange Schneide seines Schwertes. Alles drehte sich. Ich schrie vor Schmerz und als der Mann, der über mich gebeugt war, das Schwert aus meinem Körper zog, wurde mir schlecht vor schmerzen. Ich hielt mir die Schulter fest, wollte fliehen von dem Fremden, der vermutlich den Truppen von Lord Zombey angehörte.

Mein Blick war verschwommen. Meine Kraft wurde weniger. Ich lag auf dem Boden und färbte die Gräser Rot. Stumme Tränen liefen mir aus den Augen. Der Mann, der mich verwundet hatte, mich tot sehen wollte, stand mit gehässigem Blick über mich. Gerade, als er sein Schwert über mich hielt, um es in meine Brust zu stechen, tauchte Manuels riesiger Drachenkopf über ihn auf. Der Fremde sah von mir ab und blickte nach oben. Ich hörte nur noch seinen Schrei. Mein Blick wurde dunkel. Das Geräusch von brechenden Knochen und das Schmatzen eines Drachens, entging mir jedoch nicht, bevor ich mein Bewusstsein verlor.

Der Prinz der Drachen /KürbistumorWo Geschichten leben. Entdecke jetzt