21 Die Eiswüste

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Das was gestern passiert ist, kommt mir immer noch vor, wie ein Albtraum. Aber ein wahrgewordener Albtraum. Die mörderischen Blitze um uns herum, die plötzlich aufgehört haben. Das hell blitzende Licht in den Wolken. Die Schmerzensschreie meines Freundes. Die Ruhe. Und dann das rasante Fallen aus den Wolken. Vor meinen Augen habe ich schon den Aufprall gesehen. Spirit, der aus den Wolken niederschießt, um seinen Freund vielleicht noch auffangen zu können. Aber ich habe gesehen, dass er es nie schaffen wird. Langsam öffne ich den Eingang zu meinem Zelt. Sofort umfängt mich weiß. Ein kalter Wind weht um meinen Kopf und durch meine Haare. Schnee wirbelt um mich herum. Nachdem sich der Sturm auf dem offenen Meer gelegt hat, sind wir noch ein kurzes Stück weitergeflogen. Dann kam schon Festland in Sicht. Wie sich herausgestellt hat, handelt es sich um einen komplett mir Schnee bedecktes Stück Land. Die Temperaturen sind eiskalt und es weht dauerhaft ein milder Wind.

Ich öffne mein Zelt weiter, damit ich das kalte Land betreten kann. Ich höre ein Schnauben hinter mir und drehe mich dahin um. Feather hat sich dort hingelegt und sieht mich aus ihren lilanen Augen an. „Hallo meine Schöne. Wie war deine Nacht?", frage ich sie, während ich über ihre Schnauze streiche. „Also wenn du mich fragst, würde ich sagen, sehr kalt", meint sie sarkastisch. „Sehr witzig", grinse ich, mich umdrehend. Jungkook kommt auch gerade aus seinem Zelt, mit seiner Umhängetasche und streckt sich. „Kookie. Guten Morgen", meine ich, als ich auf ihn zu gehe. „Guten Morgen. Wie war deine Nacht?", fragt er mich mit seinem süßen Lächeln. Ich habe es aufgegeben das zu leugnen. „Ganz okay. Unruhig und kalt, aber ich habe nichts anderes erwartet", beschreibe ich meine Nacht. „Ja meine auch", seufzt er. „Meinst du Hobi ist schon wach?", fragt er direkt hinten dran. Ich zucke nur mit den Schultern. „Ich hatte gestern echt Angst um ihn. Ich dachte er würde direkt in das tobende Meer fallen", meint er leise, als er an mich herantritt.

„Ja, die Angst hatte ich auch. Ich bin wirklich froh, dass Jimin ihn noch rechtzeitig fangen konnte, bevor er die Fluten erreicht hat", meine ich ebenso leise. Die Angst, die ich gestern schon gespürt habe, steigt wieder in mir auf. Mir wird unglaublich schlecht. Hoseok so fallen zu sehen, ich glaube das werde ich noch länger vor meinem inneren Auge haben. Ich merke, wie meine Hände anfangen zu zittern. Jungkook bekommt das anscheinend auch mit, denn er stellt sich jetzt neben mich und umarmt mich fest. „Es wird alles gut", flüstert er und streichelt über meinen Rücken. „Danke", meine ich nach einem kurzen Moment, in dem ich mich gefangen habe. Er schenkt mir ein aufmunterndes Lächeln. „Guten Morgen ihr beiden", höre ich die Stimme von unserem ältesten Hyung. „Guten Morgen Jin", meint Jungkook und schenkt auch ihm ein Lächeln. „Grässliches Wetter. Ich hoffe wir können hier bald verschwinden", meint er mit einem Blick in die endlose weiße Weite. „Das glaube ich nicht", ertönt die Stimme von Namjoon. „Was meinst du damit?", fragt Jin entsetzt. „Es ist zu kalt und die Drachen sind erschöpft. Wir müssen erstmal zu Fuß weiter gehen", seufzt unser Leader. „Was?!" „Namjoon hat leider recht. Wir müssen erstmal zu Fuß weiter. Gerade Spirit ist ziemlich erschöpft", seufzt Jungkook ebenfalls. „Toll, genau das was ich möchte. Stundenlang in dieser Einöde verbringen", grummelt Jin, als er sich umdreht und in seinem Zelt verschwindet. „Hach. Das wird er mir länger übelnehmen", meint Namjoon und geht ebenfalls zu Fury.

„Was wird wer wem übelnehmen?", fragt Jimin, der gerade aus seinem Zelt kommt. Ich öffne den Mund, um ihm zu antworten, als mir jemand zuvorkommt. „Jin. Wir werden erstmal zu Fuß weiter gehen", antwortet Yoongi, von dem ich nicht mal mitbekommen habe, dass er außerhalb seines Zeltes ist. „Zu Fuß?", fragt eine weitere Stimme entsetzt. „Hobi, wie geht es dir?", frage ich freudig, als ich auf ihn zu laufe. Bei ihm angekommen, schmeiße ich mich sofort an ihn und umarme ihn sehr stürmisch. Er fängt sofort an zu lachen und umarmt mich ebenfalls. „Taehyungie, guten Morgen. Mir geht es gut, etwas müde, aber das ist okay", lacht er weiter. „Das freut mich Hobi. Dein Mal ist übrigens der Hammer", grinse ich, als ich seinen linken Hals betrachte. „Mein Mal? Wie sieht es denn aus?", fragt er neugierig. „Es ist eine Gewitterwolke, aus der ein Blitz kommt. Es sieht einfach mega real aus. Ich mag es sehr", meine ich und streiche einmal über das Mal, das hinter seinem Ohr beginnt. „Das muss ich mir mal angucken", grinst er weiter, bevor Jimin ihm um den Hals fällt.

„Hobi dir geht es gut!", ruft der Jüngere freudig. „Ja alles gut, aber ihr habt euch ja einen schönen Ort zum Landen ausgesucht", lacht Hobi als er sich umsieht. „Uns blieb nichts anderes übrig", meint Yoongi. „Also für eine Schneeexpedition habe ich jetzt nicht wirklich gepackt", meint Hobi mit einem Stirnrunzeln. „Tja ich glaube das hat keiner von uns", meint Jin, der gerade wieder aus seinem Zelt rauskommt. Was ist denn mit ihm passiert?  Er erinnert mich irgendwie an eine Zwiebel. Er scheint jetzt mehrere Kleidungsschichten zu tragen und wirkt dadurch irgendwie rundlich. „Du siehst ja lustig aus", meint Jimin mit einem Schmunzeln. "Na irgendwie muss ich mich ja warmhalten, wenn wir stundenlang in dieser Eiswüste verbringen", meckert der Älteste und verteilt Schalen mit heißer Suppe.  „Danke Jinnie."

Eine Stunde später sind wir auf dem Weg durch diese Eiswüste zu kommen. Der Himmel ist klar und die Luft ist zwar sehr kalt, aber auch sehr rein. Ich atme tief durch, während ich meine Augen schließe. Die Drachen laufen hinter uns und versuchen sich mit ihren Flügeln warm zu halten. Zum Glück ist der Schnee recht fest auf dem wir laufen, dass wir recht gut vorankommen. Wir gehen zwar in das Landesinnere, können aber am Horizont hinter uns noch weiterhin das Meer sehen. Es ist jetzt ruhig und in einem helleren Blau getaucht, nicht das verschlingende Schwarz des letzten Tages. „Wissen wir denn in welche Richtung wir müssen", fragt Jin noch immer schlecht gelaunt. „Durch das Land durch", meint Namjoon, dass ihn jeder hören kann. „Toll, als wenn wir uns da nicht verlaufen", grummelt unser Ältester. „Wir können uns auf die Fußspuren verlassen. Aus der Richtung sind wir gekommen", meint Namjoon jetzt auch leiser und nicht gut gelaunt. „Na das kann ja noch interessant werden", flüstert Jungkook mir ins Ohr. „Das glaube ich auch", meint Yoongi auf meiner anderen Seite. „Ich finde es eher traurig, dass sie sich streiten", meine ich, mit Blick auf das streitende Paar. „Sie verhalten sich wie ein altes Ehepaar", lacht Yoongi leise und fällt wieder zurück.

Eine weitere Stunde später müssen wir eine Pause machen. Dieser Marsch ist wirklich anstrengend und der Schnee erschwert das alles noch. „Ich bin jetzt schon total fertig", jammert Jimin, als er sich neben mich fallen lässt. „Guck mal Jiminie wir machen jetzt erstmal eine Rast", meine ich mit meinem Arm um seine Schultern. „Ich weiß, ich bin nur so fertig. Keine Ahnung", meint er und lässt seinen Kopf hängen. „Mir geht es auch so", meine ich leise und lehne meinen Kopf gegen seinen. Jimin schlingt seine Arme ebenfalls um mich, so dass wir eng umschlungen im Schnee sitzen. „Glaubst du, dass wir die Drachen befreien können?", fragt er leise. „Ich hoffe es sehr. Die Reiter tun mir leid. Ich will mir nicht mal vorstellen, wie es ist, wenn ich Feather verlieren würde", antworte ich ihm leise. „Geht mir genauso", seufzt er und lehnt sich noch mehr an mich. Diese Umarmung von meinem engen Freund ist unglaublich tröstlich und schenkt zeitgleich Wärme.

Wir ruhen uns ungefähr eine halbe Stunde aus, bevor Namjoon beschließt, dass wir weitermüssen. Die Pause hat nur ein bisschen geholfen, denn wir sind alle noch genauso erschöpft wie vorher. Auch unsere Drachen sehen nicht wirklich fit aus, so dass wir noch nicht wieder fliegen können. Der Sturm hat ihnen wirklich stark zugesetzt. Auch jetzt auf dem weiteren Weg kommen wir nur langsam voran. Der Einzige, der sich in dieser Eislandschaft wohlzufühlen scheint, ist Sky, aber er ist ja auch ein Eisdrache. Das hier ist sein Element. Die Sonne strahlt hell vom Himmel, schenkt aber nicht wirklich Wärme. Jin grummelt durchgehen vor sich hin und auch die Gespräche, die Namjoon mit ihm anfangen wollte, hat er komplett ignoriert. Ich hab mich viel in der Nähe von Suga aufgehalten. Gemeinsam gehen wir am Ende unserer kleinen Gruppe. Auch Jimin, Hoseok und Jungkook halten Abstand zu den Paar, das vorweg geht.

Jin lässt sich plötzlich zurückfallen und stapft jetzt neben mir her. Ich sehe nach vorne zu Namjoon und sehe ihn verwundert und verletzt zurückblicken. Auch Jungkook scheint das mitzubekommen und sprintet ein kurzes Stück, bis er neben unserem Leader gehen kann. „Geht es dir gut Jin?", frage ich den Ältesten vorsichtig. „Ja ich habe einfach nur schlechte Laune. Entschuldige, dass ich es an euch auslasse", seufzt er. „Das ist schon okay. Jedem von uns geht es mal schlecht. Ich kann das verstehen. Kann ich denn irgendetwas machen, dass es dir besser geht?", frage ich ihn leise. „Ich weiß es nicht Taehyungie", seufzt er niedergeschlagen. „Vielleicht hilft es dir ja schon, einfach hier schweigend neben mir und Yoongi zu laufen und zu reden, falls du es brauchst. Vielleicht auch der kleine Abstand zu Namjoon", meine ich mit einem aufmunternden Lächeln. „Ja vielleicht hast du recht", meint Jin und schenkt mir ebenfalls ein Lächeln.

Und so stapfen wir weiter durch die Eiswüste, in eisiger Kälte. Die Sonne steigt am Himmel, was den nahenden Mittag zeigt und Jins Laune neben mir bessert sich ein wenig. Freunde sind eben extrem wichtig.

Dragon (Vkook)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt