"Erwarte nicht zu viel von mir. Ich stand fast zehn Jahre nicht auf Skiern...", eröffnete ich Benedikt.
"Carolin, es ist alles gut. Ich helfe dir... so wie du mir bei den Pferden.."
"Ich will dich nicht beim Training behindern..."
"Du machst das nicht.. ich will dich bei mir haben", versuchte Benni meine Zweifel zu zerstreuen.
Wegen Schneemangels im Sauerland und im Schwarzwald hatte Benedikt mich gefragt, ob ich ihn nach Seefeld in Tirol zum Training begeleiten wollte. Ansonsten hätten wir weniger Zeit miteinader verbringen können und er brauchte Skikilometer für die nächste Weltcup-Station in Ruhpolding. Unser gemeinsamer Plan nach Neujahr nach Oberhof zu fahren war wegen Absage des Weltcups dort wegen ausbleibenden Schnees ins Wasser gefallen. So änderte ich auch meinen Urlaub ab und würde Benni in seiner zweiten Ruhpolding-Woche wieder live unterstützen. Auf diese Kompromisse war ich längst eingestellt und wollte Benni mit allem, was ich konnte unterstützen. Daher war es für mich um so wichtiger, dass diese Pendelei im Winter für ihn ein baldiges Ende haben mochte und ich so schnell wie möglich einen Job im Schwarzwald fand. Für Ende Januar hatte ich zum Glück ein Vorstellungsgespräch bekommen und würde die Gelegenheit haben noch ein paar Tage mit meinem Freund nach Antholz verbringen können. Danach würde es schwieriger werden, da der Weltcup-Zirkus nach Übersee ging und danach schnell die WM-Vorbereitung für Oslo beginnen würde.
Derweil hatte mich Benni an der Hand genommen und zog mich neben sich her. Vorsichtig folgte ich seinen Schritten mit den Skiern.
"Siehst du, du kannst es noch immer...Außerdem weißt du doch, dass ich ein geduldiger Lehrer bin..", sagte er.
"Ja, das bist du."
Nun gab er mir meine Stöcke und ließ mich los.
"Keine Angst du kannst laufen. Denk nur daran: Schritt für Schritt und hier im Flachen passiert nicht so viel."
Wir befanden uns vor dem Schießstand. Benedikt hatte eben seine Einheit beendet. Seinem Rat folgend machte ich es Schritt für Schritt und kam besser in Fahrt, als ich es erwartet hatte.
Benedikt klatschte anerkennend.
"Du hast einen schönen Laufstyle. Versuch ruhig etwas schneller zu werden. Ich weiß, dass du es kannst.", fing er an mich zu motivieren.
Ich gab ein wenig mehr Gas und war selbst erstaunt, wie gut ich laufen konnte. Benedikt war bis zum anderen Ende des Schießstandes gegangen und ich wollte bis dahin laufen ohne hinzufallen. Ohne zu fallen schaffte ich es und wurde von einem sehr zufriedenen Benni in die Arme geschlossen.
"Das war so toll", sagte ich lächelnd.
"Caro, dafür dass du zehn Jahre nicht gelaufen bist war das sehr gut und ich bin beeindruckt."
"Ich habe ja den besten Lehrer an meiner Seite", lobte ich ihn.
Ich reckte mich etwas hoch, um ihn küssen zu können.
"Für dich immer sehr gerne, Kleines. Es macht mir sehr viel Spaß dir mein Leben zu zeigen und dass wir es zusammen machen können. So bist du auch gut vorbereitet für unsere Ausflüge im Winter auf den Feldberg", erwiderte er breit grinsend.
Nun beugte er sich runter und gab mir einen liebevollen Kuss.
Schon zwei Tage später fühlte ich mich sicher für eine kleinere Abfahrt und ich war total begeistert, dass ich diese in einem schnellen Tempo heruntergefahren war. Mein Freund kam aus dem Staunen nicht mehr raus.
"Da ist aber ein kleines Talent fürs Skifahren in dir verborgen, Caro."
"Wer weiß..." Ich musste breit grinsen.
"Das ist wirklich so.." Arnd war neben uns zum Stehen gekommen. Der Niedersachse war gleichzeitig mit uns angekommen und hatte meine ersten Schritte auch gesehen.
"Danke, Arnd.", sagte ich.
"Wurde auch mal Zeit, dass Benni jemanden hat, der mit ihm Ski läuft, der nicht von seiner Familie ist. Endlich jemand, der voll mit seiner Karriere einverstanden ist und ihn vollends unterstützt."
"Ich habe Benni beim Biathlon kennengelernt und wusste auf was ich mich einlasse. Wenn ich mit ihm zusammen bin, dann auch richtig und mit voller Unterstützung bzw. Rückendeckung für seinen Job. Es war überhaupt nie eine Frage, die zur Debatte stand", erklärte ich Arnd.
"Alles gut, Carolin. Das war in Oberhof schon absehbar, dass da viel Verständnis und Know-How bei dir hinter steckt. Dieses Knistern zwischen euch sehe ich jetzt noch viel deutlicher als vor einem Jahr. Du bist die, die unser Schwarzwälder braucht."
"Herr Peiffer, übertreib bloß nicht...", meinte Benni augenzwinkernd.
"Du hast dich immer danach gesehnt... habe ich doch oft genug gesehen, als ich von meiner Freundin erzählt habe...Anna war nie die Richtige, Benedikt."
Arnd schlug Benni auf die Schulter.
"Ja, ich weiß. Ich bin Carolin genau zur richtigen Zeit begegnet."
Schnell hatte er mich an sich gezogen und küsste mich sehr leidenschaftlich. Wieder einmal stockte mir der Atem.
Noch drei Tage blieb ich in Seefeld, ehe ich mit der Bahn nach Hause fuhr. Am 15. Januar fuhr ich für ein Wochende nach Ruhpolding. Der Ort in Bayern gefiel mir auch gut. Trotz allem wäre ich sehr gerne nach Oberhof gefahren, um noch einmal den Ort unseres ersten Treffens wiederzusehen. Benedikt versprach mir mich im Frühjahr dorthin mitzunehmen.
Knapp anderthalb Wochen später fuhr ich in den Schwarzwald runter, um mein Bwerbungsgespräch anzutreten. Es war eine Stelle bei der Stadt Freiburg. Hoffentlich würde es eine Zusage geben. Aus meiner Sicht war das Gespräch sehr gut verlaufen. Innerhalb der nächsten vier Wochen wollten sie sich bei mir melden. Benni war sehr davon überzeugt, dass es klappen würde. Zunächst einmal genossen wir noch ein paar Tage bei ihm zu Hause. Am 01. Februar würde sein Flug von Frankfurt nach Kanada. Wieder würde eine längere Zeit der Trennung anstehen. Wir würden sie meistern. Ich hatte keinen Zweifel und die Zeit würde mit Sicherheit sehr gut vergehen!
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Liebe auf der Überholspur
RomansaOberhof 2015: Nach einer gescheiterten Beziehung und einer sehr schwierigen Zeit möchte Carolin einfach nur ihr Leben wieder genießen. Beim Biathlon-Weltcup in Oberhof soll es beginnen. Dort begegnet sie einem Mann, der ihr ganzes Leben auf den Kopf...