Liga-Kapitel: Fragerunde

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"Hat irgendwer eine Uhrzeit?" fragte Mari, als sie sich wieder eingekriegt hatte. "Kurz nach halb 9", sagte Jacky mit einem Blick auf ihren Viso-Caster. "Hmmh... ich glaube, wir sollten den Platz mal räumen, was meint ihr?", "Eine gute Idee." Yuna stimmte mit einem Nicken zu. "Vergiss nicht, dass du bezahlst! Ich gehe noch mal nach draußen. Wer kommt mit?", "Ein Verdauungsspaziergang würde mir jedenfalls nicht schaden", gähnte Jayden. "Wenn du nicht zu müde bist..." Mari dehnte sich und Jacky schob den Teller zurück, als sie aufstand. "Dann sehen wir uns später, ja?", "Jup!" Mari zeigte ihr den gehobenen Daumen und schlenderte dann aus dem Lokal heraus ins Freie. Jayden folgte ihr mit den Händen in den Hosentaschen. "Wir dürfen vielleicht kreativ werden und Susan ärgern, aber ich hab ein bisschen Mitleid mit ihr", sagte er. "Aha, aber selber mitmachen wollen, ja?" fragte Mari. "Sie wird keine freie Minute mehr haben..."Obwohl er sich Mühe gab, besorgt zu klingen, glühte der Schelm in seinen Augen. "Hm, ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, du lügst", sagte sie zufrieden kichernd.  "Haha..." Er lachte. "Okay, ja, sie tut mir kein bisschen Leid. Absolut kein bisschen.", "Dachte ich's mir." Mari warf sich das Haar zurück. "Wie läuft es denn jetzt eigentlich zwischen dir und Jade?" Als sie das Thema ansprach, wichJaydens Blick sofort zur Seite. "...Ich hab immer das Gefühl, dass ich nicht wirklich zu meiner Familie gehöre..." antwortete er nach einer Weile. "Sag das nicht... du weißt, dass es nicht stimmt." Mari biss sich auf die Lippe. "Das zu fragen war blöd von mir, tut mir furchtbar Leid.", "Nein... ist schon okay." Er winkte seufzend ab. "Es ist nur... Keiner aus meiner Familie weiß etwas über mich, weder meine Eltern noch meine eigene Schwester. Meine Eltern tun alles, um uns wieder zusammenzubringen, aber...", " ...ich weiß, es ist hart. Aber... Vielleicht hast du nach der Liga Zeit, sie besser kennen zu lernen.", "Hm...", "Dir tut das echt weh, oder?", "Klar tut mir das weh..." Er schloss die Augen. "Manchmal... Manchmal war ich so verzweifelt, dass ich mir sogar die Zeit im Kloster zurückgewünscht hab." Schon allein der Gedanke an dieses verfluchte Kloster brachte Mari dazu, finster das Gesicht zu verziehen. Sie hasste diesen Ort auf den Tod. "...Das du rausgehen musstest, war wieder meine Schuld.", " Ich bereue nichts." Er schüttelte den Kopf und fixierte sie mit den Augen. "Als ich euch zum Berg begleitet hab oder mich gegen das Kloster gestellt hab... Ich wollte das alles.", "Ja, aber jetzt hast du niemanden mehr, zu dem du wirklich gehörst.", "Heh..." Kurz schweifte sein Blick ab, bevor er durchatmete und wieder zu ihr sah. "Das ist das Banalste, was ich je von mir gegeben hab... Aber ich gehöre zu dir." Mari sah ihn überrascht an. "...Okay. Wer bist du und was hast du mit Jayden gemacht?" fragte sie dann. Er grinste nur als Antwort belustigt über beide Ohren. Mari lache auf und umarmte ihn spontan. "...Du bist süß." Lachend legte er das Kinn auf ihre Schulter und erwiderte die Umarmung. Nach einer Weile trat Mari wieder zurück- zumindest versuchte sie es. Aber Jayden ließ sie nicht los. "Uh... Geht's wieder?", "Mhm..." Er nickte und ließ sie dann schließlich doch los. "Hast du noch Süßkram?" fragte Mari. Er lächelte. "Immer. Ich musste für die Liga vorsorgen.", "Stimmt, zwischen dir und den Süßigkeiten besteht ja eine innige Beziehung", sagte Mari, als hätte sie das total vergessen. "Die stehen bei dir an erster Stelle.", "Tatsächlich nicht. Nicht ganz jedenfalls." Er zwinkerte ihr zu. "Nicht 'ganz'?" Mari schnaubte belustigt. "Was hab ich verpasst?" Jayden blinzelte nur unschuldig. 

Mari sah nach oben. Der Himmel war bereits tief dunkel und klar und ließ die Sterne über ihnen Strahlen. Ihre Schritte knirschten im Schnee. "Hey... sieh mal hoch." Jayden folgte ihrem Blick. "..." Mari betrachtete ihn von der Seite und bekam plötzlich eine Idee, die sie zum Lächeln brachte. 

Irgendwas schien Jayden am Himmelszelt festzuhalten. "Was siehst du?" wollte Mari wissen. "Wenn ich zu den Sternen sehe, muss ich immer an die Nächte im Kloster denken", murmelte er nach einer Weile. "Ich war nachts oft draußen und hab nach oben geschaut. Ich wusste immer, dass mich das Kloster nicht für lange halten würde. Ich dachte mir, dass mir die Sterne ein Zeichen geben würden.", "...Ach?" Mari legte den Kopf schief. "Hm... Woher wusstest du das?", "Intuition", antwortete er schulterzuckend. "...Nein, eher Instinkt. Ich wusste es einfach.", "Warst du traurig drüber?", "Das Kloster war die einzige Welt, die ich gekannt hab." Er löste den Blick vom Himmel und sah zu ihr. "Und jetzt? Wo du die Welt außerhalb der Mauern kennst?", "Ich bin nicht traurig. Ich vermisse manche Momente, klar... Aber ich hab erst in der Außenwelt gelernt, zu... Na ja, zu leben." Wind kam auf und riss an Maris Haaren. "Du vermisst die Zeit im Kloster, aber gleichzeitig hast du dich an das Leben hier "draußen" zu gewöhnt? Das klingt ja voll nach Chaos.", "Ich mag das Chaos", sagte er lächelnd. "Ich würde mein Leben nicht tauschen wollen.", "Nicht?", "Auf keinen Fall. Ich hätte so viel verpasst...", "Hmmm..." Mari nickte bedächtig. "Und du hättest nie Freundschaften geschlossen, nicht wahr? Weißt du, Freunde sind wie die Sterne. Du kannst sie nicht immer sehen, aber du weißt, dass sie immer da sind... Nicht wahr?", "Stimmt. Woher hast du diese Weisheiten?" fragte er. "Von mir", antwortete sie. Er lachte in sich hinein. "Ich werd' dir das wohl glauben müssen.", "Pffft." Sie ging weiter und lachte. Er folgte ihr wieder. "Du willst morgen ins Schwimmbad, stimmt's?", "Jup, warum?", "Vielleicht lasse ich morgen doch meinen Trainingstag aus." Belustigt zwinkerte er. Mari blieb stehen und sah sich irritiert zu ihm um. "Sicher, dass du der echte Jayden bist und nicht irgendeine billige Kopie? Du lässt doch nie... okay, selten dein Training ausfallen. War irgendwas in diesem Pudding drin, was dir nicht gut bekommen ist?", "Für das, was ich morgen sehen kann, geb ich das Training gerne auf." Schelmisch legte er die Hand an seinen Hinterkopf. "Jayden..." Mari warf ihn einen vernichtenden Blick zu. "Hey, so meinte ich das nicht!" Er hob beide Arme an. "Nicht die Krallen ausfahren, bitte.", "Hoff ich für dich.", "Hey! Stell mich nicht da wie einen Schwerverbrecher!" protestierte er lautstark. "Tu ich nicht im Entferntesten.", "Anscheinend versteht jemand keinen Spaß mehr." Gespielt besorgt legte Jayden seine Stirn in Falten und seufzte theatralisch. "Und ich dachte, nur Ältere hätten keinen Sinn für Humor.", "Damit solltest du dich wohl auskennen, mh? Du bist immerhin älter als ich", schoss sie zurück. "HEY!!" Er verzog das Gesicht. "So alt bin ich auch wieder nicht!", "Dann solltest du aufpassen, wie du dich ausdrückst.", "Was sollte das denn jetzt heißen?", "Keine Ahnung~", "Ich bin ein Fan von Rätseln, weißt du...", "Du bist doch immer derjenige, der die Geheimnisse hat." Mari drehte sich zu ihm. "Ich bin ein offenes Buch", schmunzelte er. ".... nicht wirklich.", "Was willst du denn wissen?", "Hmm...." Mari betrachtete ihn eingehend. "Warum bist du so versessen darauf, stärker zu sein als ich?", "Hast du Angst vor meiner Konkurrenz?", "Nein. Aber du hast gesagt, dass du es nicht nur tun willst, damit du eine Herausforderung hast.", "Nicht nur, das stimmt." Grübelnd musterte er sie und atmete leise durch, bevor er mit hochgezogenen Schultern antwortete: "Ich denke... Ich will stärker werden, um einen Platz in der Welt zu finden. Ich würde mir ewig Vorwürfe machen, wenn ich nicht die Chance genutzt hätte, die ich durch dich bekommen hab.", "Hm... Das ergibt Sinn. Dann ist da noch was, was ich mich die ganze Zeit frage...", "Und was?", "Wie hast du uns auf dem Kraterberg gefunden? Wie kamst du darauf, dass wir gar nicht in Einall sind? Ich an deiner Stelle wäre nicht auf die Idee gekommen.", "Alles fing mit den Nachrichten an, die man überall gesehen hatte. Dann wart ihr plötzlich verschwunden", erklärte er. "Alle waren in Panik, aber für mich gab es nur einen Grund, warum ihr auf einmal nicht mehr da wart. Nachdem ich Géraldine in die Mangel genommen hatte, war ich mir definitiv sicher.", "Du wusstest, dass wir sie angelogen haben, nicht wahr?, " Ich wusste aber auch, dass ihr einen Grund gehabt haben musstet. Ich wusste, dass ihr etwas verborgen hattet, das wir nicht verstehen konnten.", "...Das wir in Sinnoh waren, war dann wohl nicht so schwer rauszubekommen. Aber wieso kamst du auf den Kraterberg? Der Kraterberg war meine erste Idee", gab er zu. "Géraldine hat es bestätigt.", "Verstehe. Ich hab dich jetzt genug gelöchert. Willst du mir jetzt auch Fragen stellen? Wo du jetzt so ehrlich sein musstest?", "Hm..." Er überlegte. "...Was war deine schönste Erinnerung bisher?" Mari neigte den Kopf zur Seite und dachte kurz nach. "Das ist schwierig zu sagen. Es gab viele schöne Momente.", "Gibt es keinen Moment, an den du am Meisten denkst?", "...doch", antwortete sie nach einigem Zögern. "Und zwar... war das der Moment, wo ihr beide, Jacky und du, mich aus dem Kloster geholt habt. Es ist vielleicht eine grausame Erinnerung, aber sie ist auch ein Beweis dafür, dass Freunde sich nie im Stich lassen...", "Auch eine grausame Zeit kann schöne Erinnerungen haben, wenn auch nur wenige. Manche verschwinden nie", schätzte er. "Meine Jahre im Kloster waren nicht schlimm für mich. Alle im Kloster waren wie Familie für mich.", "Was ist mit dir? Was ist deine schönste Erinnerung?", "Das Abidaya-Turnier. Als ich dir Milotic gab, war das wie ein Beweis für mich selbst." Er grinste und Mari musste lächeln. "Kann ich mir vorstellen. Du bist wieder dran.", "Was war dein schwierigster Kampf?" Sie setzten sich unter einen Baum und er winkelte neugierig die Beine an. "Der gegen Chris im PWT. Jacky verlor gegen sein Despotar. Ich habe es ganz knapp, mit Panzaerons Hilfe geschafft", sagte sie ohne nachzudenken. Was gab es da auch zu überlegen. "Du bist damals Erste geworden, stimmt's?", "Jep." Mari nickte. "Die Pokémon-Liga ist mein erstes, richtiges Turnier. Das Turnier in Abidaya war eher... ein erster Eindruck.", "Hmm..." Mari nickte wieder. "...Es war aufregend am Anfang. Durch die vielen Zuschauer wurde man schnell nervös... Damals kannte uns kaum jemand.", "Jetzt kennt euch jeder", schmunzelte Jayden und kniff belustigt die Augen zusammen. "Ihr stehlt ja fast schon den Champions die Show.", "Das denke ich nicht." Mari schüttelte den Kopf. "Uns fragt niemand um Autogramme oder sowas, und darüber bin ich ehrlich gesagt auch ziemlich froh.", "Noch nicht", fügte er hinzu. "Meh." Mari sah weg und ihr Blick am Meer hängen, dass sie von hier aus sehen konnten. "... Du sagtest, Lissa hat dich unterstützt, als du Nate dazu überredet hast, dass er dich auf Reisen lässt, stimmt's? Aber sie war es, die dich in Rayono und Twindrake angriff... Warum, frage ich mich.", "Lissa hat viel für mich gemacht..." seufzte der junge Trainer sichtlich zerknirscht und senkte die Augenlider. "Anscheinend hatte sie mir nur etwas vorgespielt.", "Anscheinend.", "Wahrscheinlich wollte sie mich gehen lassen, um herauszufinden, was meine Motivation war. Sie haben mich die ganze Zeit beobachtet.", "Hmh... Du bist wieder dran.", "Hm." Er baute sich seine sorglose Fassade mit Mühe wieder auf und streckte seine Arme hinter dem Kopf in die Höhe. "Lass mich überlegen..."


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Saviors of Tomorrow 3 (Pokémon-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt