Liga-Kapitel: Eiskalt

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Mari saß mit angewinkelten Beinen auf ihrem Bett und las in einem Buch. Als Jacky zögernd eintrat, knarrte die Tür. Mari sah auf. Betont langsam. "Na, sieh mal einer an, wer da kommt. Willst du mich noch mal anschreien?", "Ich erwarte nicht, dass du mir jetzt für meinen Ausbruch verzeihst..." Niedergeschlagen verschränkte Jacky die Hände hinter dem Rücken und senkte den Kopf. "Ich will nur, dass du weißt, dass es mir leid tut. Ich war so wütend... Aber anstatt mich dafür verantwortlich zu machen, habe ich dich mit hineingezogen. Ich wollte das nicht...", "Hm." Mari legte das Buch beiseite, stand auf und verschränkte die Arme. "Ich wollte dir eigentlich nur helfen.", "Ich weiß. Genau das hat mich so wütend gemacht... Ich dachte... Ich dachte, ich dürfte keine Hilfe annehmen. Dass ich sonst zu schwach wäre... Ich war blind." Mari musterte sie abschätzig. "Wer keine Hilfe annimmt, ist ziemlich dumm. Aber wie auch immer.... ich strecke mich ...Es bringt uns beiden nichts, wenn wir sauer auf den anderen sind. Meine Bedingung war eigentlich, dass du... mit einem Lächeln zurück kommst." Sie trat auf sie zu und schob mit ihren Zeigefingern Jackys Mundwinkel nach oben. "Verstehst du?" Sie ließ wieder von ihr ab. Jackys Stimme zitterte, als sie den Kopf wegdrehte, um ihre Tränen zu verbergen. "Es tut mir leid... Es tut mir so leid..." Einen Moment lang reagierte Mari nicht, bis die Glut aus ihren Augen wich und Jacky vorsichtig an sich drückte. "..." Schluchzend drückte Jacky ihr Gesicht in ihre Schulter, dabei perlten die Tränen an ihrer Wange hinab. "Tut mir leid..." sagte sie immer wieder. Mari sagte nicht uns ließ sie ausweinen. Mit roten Wangen und glänzenden Augen löste Jacky sich nach einer Weile von ihr und atmete bebend aus. "Ich wollte nicht weinen.", "Ist schon okay. Ehrlich. Hier." Mari reichte ihr ein Taschentuch. Jacky nahm es still entgegen und wischte zerknirscht die Tränen weg. "Du solltest jetzt schlafen", fand sie. "Morgen sieht der Tag schon anders aus. Dass du mir ja schläfst!" Obwohl ihr überhaupt nicht danach war, musste ich  kichern und fühlte sich gleich etwas besser. "Werde ich, versprochen. Schlaf gut." Mari nickte und rollte sich auf ihrem Bett wie ein Felilou zusammen. Kurz darauf war sie auch schon eingeschlafen. Jacky legte sich ebenfalls ins Bett, konnte aber nicht einschlafen. Für eine Weile betrachtete sie Mari, bevor sie sich ruhelos aufrichtete und für etwas frische Luft an das Fenster stellte.
Draußen wehte sanfter, aber eiskalter Wind. Die Sterne blitzten aus dem wolkenlosen Himmel hervor wie Juwelen und der Halbmond beleuchtet die Grasebene und den Wald. Die Bäume warfen dunkle Schatten auf den Boden, die das Licht geradezu zu verschlingen schienen. Im Schatten stand eine Gestalt mit schwarzem Mantel, der im Wind wehte wie als würde er Wellen schlagen. Auf der Suche nach Ruhe schloss Jacky die Augen. Als sie sie wieder öffnete, nahm sie jene Gestalt wahr. Sie schien eins mit den Schatten zu sein, jedoch erschien es so, als würde sie Jacky direkt anstarren. Leicht blinzelnd erwiderte Jacky den Blick und lehnte sich etwas aus dem Fenster, um die Person besser zu erkennen, aber die Kapuze des Mantels warf einen Schatten über sein Gesicht. Nur eiskalte, blaue Augen blitzten aus dem Schatten hervor. Augen, sie so kalt waren, dass Jacky die Kälte fast schon spüren konnte. Augen, die sie fesselten und fast schon tief in ihre Seele zu blicken schienen. Augen, die sie so unnatürlich noch nie gesehen hatte- bis die Gestalt sich abwandte und wie verschwunden zu sein schien. Wie, als wäre sie nie dagewesen. "Wer war das..." Mit verengten Augen suchte Jacky die Gegend ab, doch niemand war zu sehen. Zögernd wandte Jacky sich ab. Ihre Gedanken konnten nicht von der mysteriösen Gestalt ablassen, auch nicht, als sie sich wieder hinlegte. Der Wind draußen säuselte leise und kurz wehten die Gardinen wie der Mantel des Unbekannten im Wind, bevor sie wieder regungslos neben dem Fenster hingen. 
Nach der langen Nacht kletterte die Sonne am nächsten Morgen über den Horizont. Während die Außenwelt langsam zum Leben erwachte, fand Jacky sich immer wieder im selben Traum gefangen wieder - eine düstere Gestalt, Augen so kalt wie Eis, die sie durchbohrten. Als ein kalter Luftzug sie streifte, wirkte der Traum für einen Moment realer, bis die ersten Sonnenstrahlen gnadenlos in ihr Gesicht fielen. Ihre Wärme hatte an Intensität verloren und das morgerntliche Tirilieren der Dartiri und das laute Gurren der Dusselgurr erfüllten den stillen Morgen. Das Krähen einer Meute Kramurx mischte sich dazu. "Nnnh..." Jacky blinzelte, als das Sonnenlicht sie blendete und setzte sich auf. Verschlafen rieb sie sich über die Augen und setzte sich auf. Das Kreischen der Kramurx außerhalb des Fensters schickte einen kalten Schauer über ihren Rücken. Mari stellte in dem Moment ein Tablett vor ihr ab. "Guten Morgen. Holla... du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen. Was ist los?", "Sehe ich so schlimm aus?", "Augenringe? Blässe im Gesicht? Gänsehaut? Ich würd sagen... ja.", "Ich werde wohl länger im Bad brauchen müssen." Seufzend nahm Jacky ihre Teetasse in die Hand. "Haha... Ich glaube sogar, dass ich wirklich einen gesehen habe. Einen Geist.", "Ach echt?" Jetzt wurde Mari neugierig. "Wann? Wie sah er aus?", "In der Nacht bin ich ans Fenster gegangen, um frische Luft zu schnappen. In den Schatten der Bäume stand jemand. Er hatte einen schwarzen Mantel an und eisblaue Augen... Es war, als würde er in mich hineinblicken.", ".... Eisblaue Augen?", "Solche Augen hatte ich noch nie gesehen. Sie waren fast schon unwirklich, wie die eines echten Geistes.", "Hm.... Haben sie dich an etwas erinnert?", "Was meinst du?" Jacky sah sie verwundert an. Sie brauchte eine Sekunde, um zu verstehen, was Mari meinte. Vor Schreck glitt ihr fast die Tasse aus der Hand. "Der Junge von neulich...!", "Hmhm. Hast du nicht gesagt, dass er blaue Augen hatte? Und sofern ich weiß, trägt er doch immer einen schwarzen Mantel. Hikaru war sein Name, glaub ich.", "Aber warum war er so spät noch draußen und hat mich beobachtet? Ich verstehe das nicht...", "Keine Ahnung. Frag ihn doch, wenn du ihn siehst." Jacky nickte, als plötzlich ihr Magen knurrte wie ein wütendes Ursaring. Mari barst in einem Lachanfall. "Ich glaube, dein Magen hat gerade protestiert." Jacky lachte mit ihr. "Das glaube ich auch." Jacky griff nach einem Brötchen. "Wer wohl die zweite Chance bekommt?", "Ich weiß es nicht. Aber ich würde es Melody gönnen", sagte Mari. "Es wird heute um 11 an der Pinnwand im Foyer bekannt gegeben. Also in einer Stunde. Chris könnte ich mir auch vorstellen- Um die Kämpfe spannend zu halten. Ich meine, wenn der Zweitplatzierte wieder ins Rennen geschickt wird- Die anderen werden es schwer haben.", "Ganz bestimmt...", "Und außerdem hat das Publikum ihn wohl ziemlich gern.", "Ja, das auch... Wir werden es ja dann sehen." 

Als sie durch den Flur liefen, begegneten sie zu ihrem Erstaunen Kamilla. "Kamilla? Was machst du denn hier?" wollte Mari wissen. Das Top-Model drehte sich zu ihr um. "Ich bin die dritte Koordinatorin der Liga", antwortete sie. "Collin hat mich dazu überredet, dieser Schwätzer." Sie lachte und verschränkte die Arme. Nach kurzem Zögern fragte Jacky: "Als Koordinatorin weißt du bestimmt, wer sich in etwa in der Liga aufhält, oder?", "Du meinst außer den Teilnehmern? Also berühmtes Personal? Sicher.", "Weißt du von einem blondhaarigen Jungen mit schwarzem Mantel, der sich im Ligagelände aufhält?", "Hm..." Sie legte den Kopf schief. "Nein, tut mir Leid.", " Sein Name lautet Hikaru", sagte Mari, doch Kamilla zuckte mit den Schultern. "Nie gehört... Er muss wohl zu den einfachen Besuchern gehören." Jacky seufzte enttäuscht. "Verstehe...", "Warum fragst du?", "...Aus Interesse", log sie überstürzt und legte eine Hand an ihren Oberarm. "Wir haben ihn schon oft gesehen und ich dachte, du weißt vielleicht, wer das ist. Er zeigt sein Gesicht nie, deshalb...", "Aha... er scheint wohl Geheimniss zu haben", murmelte Kamilla. Jacky schwieg und ihr Hirn suchte fieberhaft nach einem Grund für die Geheimnistuerei des Jungen. Sie konnte es sich beim besten Willen nicht erklären. "Entschuldigt mich... ich muss jetzt wieder los", sagte Kamilla. "Wir sehen uns.", "Bis dann!" Jacky winkte ihr nach, als die Arenaleiterin ging. "Nicht mal die Koordinatoren wissen, wer er ist...", fasste Mari zusammen. "Es muss einen Grund geben, wieso er sich so verhält... Es kann nichts Gutes sein, das weiß ich einfach." murmelte Jacky. "Und vielleicht hat er eine Verbindung zu Katsuro. Zu dem Jungen, der verschwand.", "...Nah. Das klingt ziemlich weit hergeholt." Mari schüttelte den Kopf. "Ich bezweifle das.", "Ich würde alles für eine Vision geben...", "Hmh... Wir kriegen noch raus, wer er ist." Sie liefen weiter und traten ins Foyer, wo die übrigen Teilnehmer und die, die in der letzten Runde ausgeschieden waren, standen. Chris lehnte an der Wand. Ihn schien das Ganze nicht im Geringsten zu interessieren, bis Kamilla herein kam und alle Gespräche verstummen. "Guten Morgen, alle zusammen! Wir Koordinatorin haben die bis heute um 9 eingegangenen Stimmen ausgewertet und das Ergebnis ist nun offiziell bekannt! Gut. Ich will euch nun nicht noch weiter auf die Folter spannen." Sie zückte einen Briefumschlag und öffnete ihn. Sie zog einen Zettel heraus und faltetet ihn auf. "Der Gewinner ist..." 

Saviors of Tomorrow 3 (Pokémon-FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt