11. Kapitel

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„Sie sind also der verschollene Neffe des Polizeikommissars?", Laura legte sich den Gurt um, als sie auf die Strasse einbogen. Ihre Stimme klang spöttisch.
Richard hatte nicht damit gerechnet, dass sie überhaupt mit ihm reden würde.
„Emm...ja, ich hab meine Heimat vor längerem verlassen", meinte er unsicher.
„Warum? Wurde ihnen das Herz gebrochen?", fragte sie schnippisch.
„Nein, meine Eltern sind gestorben", antwortete er wahrheitsgemäss.
Sie schlug sich an die Stirn:" Tut mir leid, das war völlig taktlos von mir. Nehmen Sie das bitte nicht persönlich. Ich hatte wirklich einen total beschissenen Tag. Ich hab das Gefühl gerade völlig neben mir zu stehen", sie lehnte sich seufzend im Sitz zurück. Ihre langen hellbraunen Haare, mit den einzelnen blonden Strähnen fielen ihr nass ins Gesicht und sie strich sie zurück.
„Was darf ich unter einem beschissenen Tag verstehen?"
Ein Lächeln huschte über seine Lippen, als sie ihm nun den Kopf zuwandte.
„Was halten Sie von, ich hab den Typ der mich auf dem Sommerfest geküsst hat und der zufälligerweise mein Kollege ist, tot am See aufgefunden und dabei auch noch gleich Bekanntschaft mit seinem Mörder gemacht?"
„Sie haben seinen Mörder gesehen?", quiekte Richard. Sein Griff ums Steuer verhärtete sich.
„Ja, er wollte die Leiche gerade im See ertränken, um das Ganze zu vertuschen", sie schüttelte ungläubig Kopf.
Richard atmete auf. Wen auch immer Laura dort gesehen hatte, er war dieser Person auf ewig dankbar.
„Und was ist dann passiert?", fragte er vorsichtig.
Zu seiner Überraschung fing sie an zu lachen:" Der Typ hat mich einfach bloss angestarrt. Und dann im nächsten Moment ist er einfach so verschwunden", Laura schnippte mit dem Finger.
„Das ist ja...kaum zu glauben", meinte Richard und versuchte nicht zu erleichtert zu klingen.
„Genau das hat die Polizei auch gedacht. Ich hab das Gefühl die halten mich verrückt. Deshalb wollte ich dort auch schnell weg. Ihr Onkel wollte mir einen Trauma Therapeuten aufschwatzen", sie schnaubte.
„Ich kann sie verstehen. Wie sah der Mörder denn aus?", er war nun neugierig geworden.
„Er war noch recht jung. Er hatte dunkelblondes Haar und solch stechend graue Augen", sie schauderte.
Ihm fiel auf, dass sie die ganze Zeit schon zitterte.
„Ist ihnen kalt?", fragte er und drehte die Heizung auf.
Sie verzog ihr hübsches Gesicht:" Ach, der blöde Regen. War wohl doch so keine gute Idee mit dem Fahrrad hier rauszufahren. Ich hab mir bestimmt eine Erkältung geholt."
„Ich hab auf dem Rücksitz ein paar Ersatzklamotten, falls sie möchten...", er merkte wie er rot anlief.
Sie zog die Augenbrauen hoch:" Wieso das denn?"
Sein Herz fing erneut an zu rasen:" Ach, ich bin nur gerne vorbereitet. Man weiss ja nie, ob man nicht vielleicht von einem Gewitter überrascht wird.
Er atmete auf als sie zu grinsen begann. Sie kaufte ihm die Geschichte zum Glück ab. In Wirklichkeit hatte er die Ersatzkleidung dabei, um sich nach einem blutigen Mord sofort umziehen zu können. Die Gelüste des Buches waren grösser geworden und Richard hatte deshalb ein paar Sicherheitsmassnahmen ergriffen.
Laura zupfte zögernd an ihrem nassen Oberteil und seufzte:" Okay, ich nehme ihr Angebot an."
Sogleich löste sie den Gurt und lehnte sich nach hinten. Er erhaschte einen Blick auf ihren wohlgeformten Po und musste sich beherrschen auf die Strasse zu schauen.
Gleich darauf kam sie mit einem seiner Hemden wieder hervor.
Ohne Scham zog sie sich ihr Top über den Kopf. Er sog scharf die Luft ein und hielt den Blick stur geradeaus.
„Also, was treibt Sie wieder hierher zurück?", fragte sie während sie die Knöpfe des Hemdes schloss.
„Na ja, ich hab hier noch ein paar familiäre Angelegenheiten zu regeln. Der Hof meiner Eltern ist jetzt schon jahrelang verlassen. Ich überlege ihn zu verkaufen, um mit der Vergangenheit abzuschliessen", er war erstaunt darüber, wie plausibel die Lüge klang. Tatsächlich hatte er schon lange darüber nachgedacht den Hof seiner Eltern zu verkaufen. Nur war dies halt nicht der wahre Grund für seine Rückkehr. Doch er war noch nie ein ein guter Lügner gewesen und war deshalb froh eine gute Erklärung parat zu haben.
Sie nickte nachdenklich und meinte dann:" Da vorne bitte rechts. Der Tierarzt ist dann gleich auf der linken Seite."
Er nickte und folgte ihrer Anweisung.

„Hier, das ist ein Schmerzmittel das sie ihr bitte die nächsten drei Tage verabreichen. Je morgens eine halbe Tablette. Dann machen wir noch einen Termin für die Nachkontrolle", die Tierarzthelferin schob Laura ein Päcken mit Tabletten zu.
Richard stand daneben während Laura mit ihr einen Termin abmachte.
Sie hatte zwar die Augenbrauen hochgezogen, jedoch nicht protestiert als er ihr in die Tierarztpraxis gefolgt war.
Er hatte sie nicht allein lassen wollen. Laura schien ziemlicher erschöpft zu sein. Sie war zwar gut darin es zu überspielen, aber er konnte es in ihren Augen sehen.
In der Hand hielt Laura eine Leine an deren Ende eine niedliche Mischlingshündin sass und mit sanften Augen zu ihr aufblickte. Der Hund schien nicht so recht zu verstehen, was gerade passierte. So viele Menschen hatten sich um sie gekümmert, doch ihr Herrchen war nicht dabei gewesen.
Schuldgefühle krochen in Richard hoch, als er die Narbe über Trixie's Auge sah.
Nachdem Laura die Rechnung bezahlt hatte, verliessen sie zusammen mit dem nun besitzerlosen Hund die Praxis.
Laura lockte Trixie mit sanften Worten zu sich ins Auto. Trixie legte sich sogleich brav bei ihren Füssen hin. Sie schien müde von der ganzen Aufregung zu sein.
„Werden Sie sich jetzt um sie kümmern?", fragte er mit Blick auf das kleine Wollknäuel.
Sie nickte:" Ja, fürs erste."
Laura erklärte ihm den Weg zu sich nach Hause. Allerdings bat sie ihn noch kurz bei einem Supermarkt zu halten.
„Ich muss noch rasch etwas besorgen", meinte sie.
Er tat wie geheissen. Kurze Zeit später hielten sie vor einem heruntergekommen Wohnblock.
Er parkierte.
„Da wären wir", meinte er und wischte sich fahrig seine schwitzigen Hände an seiner Jeans ab.
Sie löste langsam ihren Gurt.
Nach einer kurzen Stille, die nur von Trixie's leisem Atem durchbrochen wurde, meinte sie:" Danke, dass Sie mich gefahren haben. Ich wüsste wirklich nicht wie ich das mit dem Fahrrad hätte schaffen sollen", sie lächelte.
Er lächelte zurück:" Kein Problem."
Dann stieg sie aus und gerade als er meinte sie würde die Tür schliessen beugte sie sich noch einmal zu ihm hinab.
„Wegen ihrem Hemd...?", sie sah ihn fragend an.
Er stutze kurz, dann begriff er:" Ach, das Hemd. Das können Sie ruhig behalten. Ist nicht so wichtig."
Sie zögerte und meinte dann:" Oder Sie kommen noch kurz mit hoch. Dann kann ich es ihnen gleich zurückgeben und na ja...", sie zog eine Flasche Schnaps aus ihrer Einkaufstüte:" Ihnen einen Drink spendieren."
Er machte grosse Augen. Also das hatte sie noch so unbedingt besorgen müssen.
Er räusperte sich verlegen:" Ja, gern. Ich meine ich könnte sehr gut einen Drink vertragen."
Ihm wurde ganz warm als sie ihn nun anlächelte.
Mit zittrigen Beinen stieg er aus und folgte ihr nach ins Haus.

The devil is a dreamer * Episode 2: Vermisst*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt