8. Kapitel

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Jona schreckte hoch. Gehetzt sah er sich um. Er war völlig orientierungslos. Doch als er die die dunklen Umrisse des Viehstalls entdeckte, fing sein Herz an zu rasen. Das Gefühl in seinem Körper kehrte zurück und Jona wurde von einem ungeheuren Schmerz überrannt. Es fühlte sich an, als würde sein gesamter Körper brennen. Er schrie und bäumte sich auf, um den Flamme zu entkommen, doch seine Bewegungsfreiheit wurde von schweren Eisenringen eingeschränkt mit denen er an die Raufen der Kühe gefesselt war. Jona schrie verzweifelt, als sich plötzlich das Tor zum Stall öffnete. Licht strömte herein. Jona hörte auf zu schreien und schnappte atemlos nach Luft. Doch der Sauerstoff schien seine Lungen nicht zu erreichen.
Eine grosse Gestalt kam auf ihn zu. Ihr ungläubiges Gesicht beugte sich zu ihm herunter. Jona konnte dessen Umrisse nur verzerrt wahrnehmen. Seine Sehfähigkeit war eingeschränkt und alles verschwand vor seinen Augen.
„Du lebst", sagte eine männliche Stimme erstaunt.
Angsterfüllt erwidertet Jona seinen Blick, bevor die Schmerzen zu stark wurden und ihn die Dunkelheit erneut einhüllte.

Gina setzte ein begeistertes Lächeln auf, als Melanie aus der Kabine trat. Das Mädchen mit den widerspenstigen blonden Locken trug ein gelbes Sommerkleid, das den Namen einer äusserst teuren Marke trug.
Lächelnd betrachtete sich Melanie im Spiegel und strich über den hochwertigen Stoff.
Gina musste sich beherrschen nicht zu gähnen. Es war schon das dritte Geschäft das sie nun aufsuchten.
Als Gina in die Tiefgarage eines grossen Einkaufszentrums gefahren war, hatten Melanies Augen unwillkürlich angefangen zu strahlen. Gina hatte schon vermutet, dass ein Mädchen wie sie, sich hier wohlfühlen würde.
„Was wollen wir hier?", hatte sie naiv gefragt.
„Wir tun das, was man in einem Shoppingcenter normalerweise tut, wir gehen shoppen. Aber davor gönnen wir uns jetzt erst mal ein ausgiebiges Frühstück."
Melanie einen kurzen bedauernden Blick auf Gina's Körper geworfen und dann an sich hinunter gesehen.
Gina hatte sofort begriffen und rasch nachgeschoben", Mit Frühstück meine ich natürlich einen Café to go. Schliesslich wollen wir das wirklich wichtige nicht warten lassen."
Daraufhin hatte Melanie freudig genickt.
Also waren sie losgezogen.
Melanie besass ein gutes Auge für Mode. Sie war mutig und experimentierfreudig. Gina mochte das. Sie hasste nichts mehr, als Mädchen die immer die gleichen Lumpen trugen, weil sie sich nicht trauten etwas neues auszuprobieren.
Melanie hatte einen ganzen Berg an Klamotten in die Kabine mitgenommen.
Auch Gina hatte sich dazu herabgelassen ein paar Teile zu probieren. Normalerweise bediente sie sich immer im Schrank der Frauen, deren Wohnung sie gerade bewohnte.
„Wow, das sieht einfach toll an dir aus", hatte Melanie hinter ihr bewundernd gemeint, als sich Gina vor den Spiegel stellte.
„Ja, sieht ganz nett aus", hatte Gina bloss unbeeindruckt erwidert", Bist du fertig mit anprobieren? Welche Sachen nimmst du?"
Melanie hatte ein schlichtes Basic T-Shirt in die Höhe gehoben.
„Das hässliche Teil? Was ist mit all den anderen Sachen?"
Melanie hatte betreten zu Boden geblickt:" Die Sachen sind schon ganz schön, aber ich glaube nicht, dass ich dafür genügend Geld dabei habe."
„Wer hat hat den gesagt, dass du bezahlst", hatte Gina lachend erwidert und war in die Kabine gegangen, um sich umzuziehen.
Melanie hatte ihr perplex nachgesehen:" Aber das geht doch nicht?"
„Weshalb sollte das nicht gehen?", hatte sie gemeint während sie sich das Kleid über den Kopf zog.
„Würdest du nicht Ärger mit deinen Eltern kriegen?"
Gina hatte lachen müssen:" Liebes, meine Eltern sind steinreich. Die interessiert es nicht, ob ich nun einen Euro mehr oder weniger ausgebe."
„Aber das kann ich nicht annehmen", hatte Melanie einen letzten Versuch gestartet.
„Das musst du, wenn du meine Freundin sein willst. Ich hasse es wenn man mir etwas abschlägt."
Melanie hatte sich nur zu gerne überzeugen lassen und so hatte Gina mit der Kreditkarte bezahlt, die sie von ihren unfreiwilligen Vermietern gemopst hatte.
Danach hatten sie sich noch eine Mani- und Pediküre gegönnt und sich anschliessend Schminken und die Haare machen lassen.
Melanie war mit jeder Behandlung zutraulicher geworden. Sie hatte unaufhörlich geplappert und Gina so ziemlich jedes Detail über ihre Klasse erzählt.
„Emily ist so eine Heuchlerin. Ich meine die Rolle des allzeit perfekten, selbstlosen Mädchens wird langsam echt langweilig. Sie hat das Gefühl sie wäre arm dran, weil sie keinen Vater hat aber das ist doch noch gar nichts."
Gina hatte abwesend genickt und sich eine der vielen Klatschzeitschriften gegriffen, in der Hoffnung Melanie würde den Wink verstehen.
Doch diese war nicht mehr zu stoppen gewesen.
„Samira ist bestimmt eine Lesbe. Wie die sich immer anzieht, echter Augenkrebs ist das. Und Miriam mit ihrem kindischen Gekicher ist noch schlimmer. Dieses Mädchen führt sich auf, wie eine dreizehnjährige. Kein Wunder, dass sie noch keinen Freund hat."
„Aha", Gina verbarg ihr Gesicht hinter der Zeitschrift.
„Flo kann einem mit seinen doofen Witzen echt auf die Nerven gehen. Er ist überhaupt nicht lustig. Und sein Freund hat nichts anderes im Hirn ausser Fussball. Aber der schlimmste von allen ist Tarek. Letztes Jahr hat er Drogen auf eine Feier geschmuggelt und wäre deshalb beinahe von der Schule geflogen. Ich hab gehört, dass sein Vater ihn dafür im Keller eingesperrt hat und zwar für ganze drei Tage. Aber seine Familie besteht sowieso nur aus Verlieren. Seine Schwester hat zum zweiten Mal ihre Ausbildung geschmissen und verdient sich ihr Geld jetzt anscheinend auf dem Strich."
Gina war überrascht, dass Melanie für einige aus ihrer Klasse sogar einigermassen nette Wort übrig hatte.
„Elias sieht gut aus und er ist so unnahbar das macht ihn interessant aber eben auch merkwürdig. Er treibt sich immer in Jonas Nähe herum, das versteh ich überhaupt nicht. Jona ist ein echter Nerd. Aber das ist eigentlich alles egal. Niemand von ihnen würde je an Julian herankommen. Er ist einfach perfekt. Seine Augen, sein Lächeln, seine Haare..."
Gina würgte hinter ihrer Zeitschrift. Wenn Melanie noch weiter von Julian's Haaren schwärmte würde sie ihr die Nagelschere in den Hals rammen.
Kein Wunder, dass niemand dieses Mädchen mochte.
Sie hatte versucht, aus Melanies Erzählungen irgendeinen Hinweis auf den Verbleib des Buches zu erhalten. Doch Fehlanzeige. Ihr Gerede war vollkommen Zeitverschwendung.
Gina war unheimlich erleichtert, als die Behandlung endlich vorbei war.
„Bist du fertig?", frage sie nun ungeduldig, als Melanie erneut in der Kabine verschwand.
„Ja, bin ich", Melanie riss schwungvoll den Vorhang auf. Ihre Wangen waren rosig und ihre Mundwinkel umspielte ein strahlendes Lächeln.
„Dann lass uns etwas essen gehen. Ich verhungere!", meinte Gina und stand auf.
Es war nicht so, dass sie tatsächlich Hunger gehabt hätte, denn menschliches Essen machte sie nicht satt. Doch sie hätte sich lieber umgebracht als mit Melanie in einen weiteren Laden zu gehen.
Also hatten sie sich in ein Restaurant gesetzt. Während Melanie sich einen Salat bestellte, hatte Gina einen Burger mit Pommes geordert bloss um sie zu ärgern.
Beim Essen fiel Gina auf, dass zwei Jungen am Nebentisch zu ihnen herübersahen.
Sie hatte Melanie grinsend darauf hingewiesen und gemeint:" Was hältst du davon wenn ich rüber gehe und die zwei Frage, ob sie sich nicht zu uns setzten wollen."
Melanie hatte über die Schulter gespäht und dann verschmitzt gegrinst.
Bald darauf hatten sich die beiden Jungen an ihrem Tisch eingefunden. Gina hatte dem einen ihren kaum angetasteten Burger überlassen, während sie unter dem Tisch ihre Bein an seine anlehnte. Sie konnte sehen wie er rot anlief.
Sie und Melanie erzählten den Jungen, dass sie Studentinnen auf der Durchreise wären und in einem Hotel in der Nähe übernachten würden.
Melanie lachte kokett und spielte schüchtern mit ihren Haaren. Der Junge der sich zu ihr auf die Bank gesetzt hatte, hing an ihren Lippen.
Gina musste zugeben, dass sie von Melanie beeindruckt war. Das Mädchen beherrschte ihr Metier. Sie lächelte:" Ich hab eine Idee, unser Hotel ist nicht weit von hier entfernt. Weshalb kommt ihr zwei heute Abend nicht einfach dort vorbei und besucht uns?", sie schenkte ihnen ihr gewinnendstes Lächeln.
Melanie zögerte nur kurz, dann nickte sie bestätigend: Ja, das wäre sicher spassig."
Die Jungen stimmten aufgeregt zu. Die beiden behaupteten sie müssten wieder zurück zur Arbeit, doch Gina und Melanie war ganz klar, dass sie noch Schüler waren.
Nachdem die Jungen gegangen waren, sahen sie sich an und brachen dann in lachen aus.
„So viel Spass hatte ich schon lange nicht mehr", meinte Melanie.
„Du weisst, was wir jetzt unbedingt noch kaufen müssen?", fragte Gina, als sie ihr Essen bezahlte.
Melanie sah sie neugierig an:" Nein, was denn?"
Gina grinste:" Na, Unterwäsche natürlich."
Melanie kicherte verhalten.

The devil is a dreamer * Episode 2: Vermisst*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt