14. Kapitel

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„Kein Ahnung, warum mir das Ganze so nahe geht. Ist ja nicht so, als ob ich und Matthias eine Beziehung gehabt hätten. Um ehrlich zu sein, war der Typ ein ziemlicher Arsch. Ich hab ihm gesagt, dass ich niemals etwas mit einem Kollegen anfange aber er hat einfach nicht locker gelassen", Laura Fischer schenkte sich grosszügig Schnaps nach. Ihre Stimme war aufgekratzt und ihre dunkelblauen Augen leuchteten.
Richard sass mit ihr schon eine Weile in ihrer kleinen Küche, an dem winzigen Tisch ihrer Zweizimmerwohnung. Er hatte bloss ab und zu an seinem Glas genippt, während sich Laura nicht zurückgehalten hatte mit dem Alkohol. Dementsprechend war ihre Zurückhaltung ihm gegenüber gesunken und ihr Bedürfnis zu reden gestiegen.
„Ich hätte mich nie auf diesen Blödsinn einlassen sollen. Wahrscheinlich sollte ich seinem Mörder sogar dankbar sein", sie schlug lachend ihre Hand vor die Stirn:" Oh Gott, habe ich das gerade wirklich gesagt? Meine Güte, was ist bloss los mit mir?"
Richard lächelte:" Du bist nur etwas durch den Wind. Das ist völlig verständlich, wenn man bedenkt, was du heute gesehen hast."
Sie schwenkte locker ihr Glas. Die goldbraune Flüssigkeit glänzte ihm Lampenschein.
„Ja, es war eine dumme Idee ganz allein zum See gefahren. Wenn ich denke, dass ich den Mörder gesehen habe. Das ist ziemlich...", sie verzog nachdenklich das Gesicht, als sie nach dem richtigen Wort suchte.
„Beängstigend?", versuchte Richard ihr zu helfen.
Sie schüttelte entschieden den Kopf:" Nein, gar nicht. Es war vielmehr...aufwühlend", ein Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht:" Ja, als ich ihn ansah war es, als hätte dem Tod direkt in die Augen geblickt", zufrieden stürzte sie ihr Glas hinunter.
Richard stutze bei dieser Beschreibung:" Wie bitte?"
Sie zog die Augenbrauen hoch:" Ich hab gesagt, dass ich die Flasche jetzt bald geleert habe, während sie noch nicht mal zwei Gläser hatten", verschmitzt lehnte sie sich zu ihm herüber und füllte sein halb leeres Glas wieder auf.
Dann sah sie ihn streng an und wies auf sein Glas.
Er tat ihr den Gefallen und nahm einen grossen Schluck.
Ihr darauffolgendes Lächeln fühlte sich warm an in seinem Körper.
„Also genug von mir", grinsend zog sie sich einen Stuhl heran und legte ihre Füsse darauf. Ihre nackten langen nackten Beine fesselten Richards Blick, was ihr nicht entging. Ihr Grinsen wurde breiter.
Sie hatte sich nach der Ankunft in ihrer Wohnung sogleich ihre nasse Hose ausgezogen und anscheinend keinen Bedarf gesehen, etwas überzuziehen. Somit trug sie nun bloss noch Richards Hemd.
„Wie sieht es bei dir aus, Richard? Irgendwelche aufrührende Geschichten, über verflossene Ex-Freundinnen", sie sah ihn schelmisch an.
Mit der Zeit hatte sie ganz natürlich angefangen ihn zu duzen. Er liebte es, wie sie seinen Namen aussprach.
Er zuckte lächelnd mit den Schultern:" Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich war praktisch all die Jahre nur mit meiner Ex-Frau zusammen."
„Ah, dann haben sie wohl jung geheiratet. Wie kommt es das sie nicht mehr zusammen sind?", sie schien ihr Glas vergessen zu haben und trank schamlos aus der Flasche.
„Na ja, wie du gesagt hast wir haben jung geheiratet. Es war für uns beide die erste Liebe nur leider war nach ein paar Jahren das Feuer erloschen. Spätestens da, als sie mich betrogen hat", er seufzte.
Es lag schon vier Jahre zurück und schmerzte auch nicht mehr besonders, doch Richard redete normalerweise nur ungern über solche Dinge. Er hatte sich seit der Trennung voller Eifer in die Arbeit gestürzt. Umso überraschter war er, dass er sich Laura nun so schamlos anvertraute.
Sie sah ihn mitleidig an:" Ja, Amor kann wahrlich ein kleiner Teufel sein. Aber du solltest nicht den Kopf in den Sand stecken. Da draussen gibt es ein Haufen Frauen, die dich mit offenen Armen empfangen würden."
Er lachte und nahm  die Flasche entgegen, die sie ihm hinhielt:" Ach, tatsächlich?"
Sie nickte überzeugt:" Du bist ein gut aussehender, erfolgreicher Junggeselle. Glaub mir, da fliegen die Frauen drauf. Du musst dich nur etwas lockerer machen."
„Ich bin mit meinen 34 Jahren nur wahrscheinlich schon etwas zu alt, um Frauen aufzureissen?", antwortete er lachend.
„Ja, so wie du momentan rumläufst wird sich auch keine Frau in dich verlieben. Schon allein dieses Hemd, ich bitte dich...", sie zupfte abschätzig an seinem Hemd das sie trug:" Das schreit geradezu nach, verkorkster Familienvater ohne soziales Leben."
„Was?! Das hast du also gedacht, als du mich gesehen hast?, gespielt entsetzt sah er sie an.
„Ja, hab ich. Und du musst zugeben, dass diese Auffassung nicht ganz falsch ist. ", ihr Blick glitt zu seinem unangetasteten Glas.
„Oh nein, das ist kein Argument", intervenierte er sogleich entschieden:" Das hat überhaupt nichts mit verkorkst sein zu tun. Ich bin seit Jahren trocken und hab trotzdem eine Menge Spass."
Sie sah ihn ungläubig an:" Tatsächlich? Na, wenn das so ist..." sie erhob sich und schritt grazil zu einer alten Stereoanlage, die auf der Fensterbank stand.
Sogleich drang ein fetziger, alter Song aus dem Radio.
„Tanz mit mir", Laura brachte sich vor ihm in Position und streckte auffordern die Hände nach ihm aus.
Er verschränkte demonstrativ die Arme:" Bestimmt nicht."
Sie lachte:" Sei kein Langweiler. Hab ein bisschen Spass."
Sie begann ausgelassen vor ihm herumzutanzen. Ihre langen Haare wirbelten wild herum. Er war von ihrer Lebensfreude und ihrem Elan so gefesselt, dass er sich auch seufzend von ihr mit auf die Tanzfläche ziehen liess.
„Komm schon, Patrick Swayze zeig mir was du kannst", rief sie ausgelassen. Ihre dunkelblauen Augen sahen ihn vergnügt an.
Er verzog das Gesicht. Dies war eigentlich nicht sein Metier. Doch wozu hatte er mit Linda sonst diesen Tanzkurs besucht. Also tat er ihr den Gefallen, fasste mit einer Hand die ihre und mit der anderen ihre Hüfte und wirbelte sie herum.
Sie sah ihn atemlos, als er sie wieder losliess:" Wow, damit hätte ich jetzt nicht gerechnet."
Er schüttelte den Kopf:" Das wird so schnell auch nicht wieder passieren."
Sie lachte und legte seine Hand wieder zurück auf ihre Hüfte. Eine Weile schaukelten sie zum Rhythmus der Musik hin und her.
Sie lehnte ihren Körper immer mehr an seinen.
Dann hob sie den Kopf. Ihr hübsches Gesicht war ihm so nah.
Er bemerkte wie sich ihre Lippen den seinen nährten. Er hätte sie nur zu gern geküsst, doch er wich ihr aus.
„Du bist betrunken, Laura."
„Ich weiss", meinte sie reuig und sah zu Boden.
Ihm fiel auf, wie wackelig sie inzwischen auf den Beinen war. Ihr gesamtes Gewicht schien auf ihn gestützt.
„Ich bin müde", ihre Augen fielen ihr zu, als sie das sagte.
„Du solltest ins Bett gehen", meinte er während er sie festhielt.
„Das wird schwer. Kannst du mich hinbringen?", fragte sie schläfrig.
Sein Herz pochte laut, als er nickte. Behutsam hob er sie hoch und trug sie ins Schlafzimmer.
Vorsichtig legte er sie ins Bett und deckte sie fürsorglich zu.
Sie kuschelte sich in ihr Kissen:" Du bist wirklich ein netter Kerl."
„Ich nehm das mal als Entschuldigung für vorhin."
Sie antwortete nicht.
Er sah liebevoll auf sie hinab.
Erst als er schon fast aus dem Zimmer war murmelte sie:" Kannst du die Türe zuziehen, wenn du gehst?"
„Ja, mach ich. Schlaf gut, Laura", flüsterte er lächelnd als er aus dem Zimmer lief. Das Lächeln begleitet ihn auf seinem gesamten Weg nach Hause.

The devil is a dreamer * Episode 2: Vermisst*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt