21. Kapitel

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Laura Fischer erstarrte als sie Richard Bergmann grinsend auf sich zukommen sah.
Eigentlich hatte sie damit gerecht diesen Mann niemals wieder zu sehen. Als sie nämlich heute morgen mit einem ziemlichen Kater aufgewacht war, hatte sie erkannt, dass sie weder die Telefonnummer noch die Adresse des netten Kerls besass, der sie gestern Abend ins Bett gebracht hatte.
Auf der einen Seite war sie froh darüber, denn sie erinnerte sich daran, dass sie sich vor ihm ziemlich zum Affen gemacht hatte. Andererseits war sie auch etwas enttäuscht, denn die Erinnerungen die sie an den Abend hatte waren durchgehend positiv. Sehnsüchtig dachte sie an das Gefühl der Geborgenheit, dass sie verspürt hatte als er sie ins Bett brachte.
Sie war gerade aus der Turnhalle getreten und hatte sich auf den Weg ins Lehrerzimmer machen wollen, um dort ihre Pause zu verbringen.
Und jetzt stand er auf einmal vor ihr und begrüsste sie freudig.
Dummerweise hatte Laura keine genau Vorstellung mehr davon, was gestern zwischen ihnen vorgefallen war. Also würde ihr ein peinliches Gespräch, nicht erspart bleiben.
„Hallo Richard. Was machst du denn hier?", sie versuchte zurück zu lächeln.
„Ich hab mich gerade bei meinem neuen Arbeitgeber vorgestellt. Morgen trete ich dann meine neue Stelle, als Sport und Religionslehrer an", er grinste wie ein Schuljunge. Während er gestern noch so geknickt und unzugänglich gewirkt hatte, schien er heute ein regelrechtes Stimmungshoch zu haben.
Laura konnte es nicht fassen:" Du unterrichtest Sport und Religion? Davon hast du mir gar nichts erzählt."
Er sah sie entschuldigend an:" Tut mir leid, wir haben gestern über so viel geredet nur darüber nicht. Ich weiss, es ist komisch das ich die gleiche Arbeit habe, wie dein toter Ex-Freund", er lachte schüchtern.
„Ja, ein bisschen."
Es war sogar äusserst merkwürdig. Anscheinend zog sie diese Art von Typen geradezu magisch an.
„Und du bist jetzt tatsächlich eingestellt?", sie war davon nicht wirklich begeistert, obwohl es dafür doch keinen wirklichen Grund gab. Ausser sie hätte tatsächlich Interesse an ihm. Aber das hatte sie ja nicht, oder?
„Ja, aber nur vorübergehend. Sozusagen als Überbrückung. Ich dachte, wenn ich schon hier bin dann kann ich auch etwas sinnvolles tun.", er schien sich wirklich darüber zu freuen, den Job bekommen zu haben.
Sie versuchte etwas mehr Begeisterung zu zeigen:"Na dann, gratuliere."
Er lächelte erfreut:" Danke."
Laura wappnete sich für das unangenehme Gespräch:" Da wir schon dabei sind. Wegen gestern..."
„Ja?", seine braunen Augen sahen sie erwartungsvoll an.
Sie seufzte:" Ja, was das betrifft...Ich war total betrunken und ich möchte mich entschuldigen, falls irgendwas das vorgefallen ist bei dir falsch rüberkam."
Zu ihrer Überraschung lachte er:" Oh, keine Sorge es ist nichts vorgefallen. In dieser Sache bin ich tatsächlich etwas verkorkst. Wir haben bloss etwas geredet und getanzt", antwortete er ehrlich.
„Getanzt?", sie stutze.
„Ja", sein Blick bekam einen verträumten Ausdruck.
Laura strich sich, plötzlich nervös geworden eine Haarsträhne aus dem Gesicht:"Okay, dann bin ich beruhigt. Denn du weisst ja, ich fange nichts mit Kollegen an und da du jetzt hier arbeitest...", sie schulterte ihre Sporttasche.
„Ja, ich weiss", kurz, schlich sich der traurige Ausdruck zurück in seine Augen, doch dann schien ihm etwas in den Sinn zu kommen:" Allerdings habe ich nicht vergessen, dass du mich gestern einen Langweiler genannt hast und ich bin fest entschlossen dich vom Gegenteil zu überzeugen."
Der Schalk blitzte in seinen Augen auf und Laura blieb kurz daran hängen.
Sie lachte, als die Pausenglocke ertönte:" Na dann, wünsche ich dir viel Glück dabei. Ich bin nämlich wirklich schwer von meiner Meinung abzubringen."
„Ich nehme die Herausforderungen an", meinte er lächelnd.
Sie zog lächelnd die Augenbrauen hoch:" Also, ich muss jetzt wieder rein. Du hast mich um meine Pause gebracht."
„Ich hoffe ich kann das morgen wiederholen", sagte er schelmisch.
Sie schüttelte lachend den Kopf und lief an ihm vorbei zum Hauptgebäude.

Hey, Leute wartet! Wie wollen wir denn jetzt weiter vorgehen?", rief Florian seinen Klassenkameraden zu, die beim ertönen der Pausenglocke in Laufschritt verfallen waren.
„Vorgehen?", Miriam blieb verwundert stehen.
„Ja, wir müssen den Typen doch überführen", meinte Florian schlicht.
Wir müssen gar nichts", Samira verschränkte abwehrend die Hände.
Florian warf seinem Freund einen auffordernden Blick zu, als ob er sich von ihm Unterstützung erwartete.
Doch Rico kratzte sich nur ratlos am Kopf:" Ich glaube nicht, dass der Typ etwas damit zu tun hat. Meinst du nicht, dass du dir da bloss etwas einbildest, Flo?"
Florian's Augen blitzten:" Ich weiss, was ich gesehen habe. In dem Stall hingen Eisenringe und Ketten. Ausserdem war der Boden voller Blut."
Miriam sah ihre Freundin entsetzt an:" Stimmt das, Sam?"
Samira seufzte:" Ja, er sagt die Wahrheit. Aber das Blut könnte genauso von einem Tier stammen, dass dort geschlachtet worden ist. Das ist immerhin ein Bauernhof."
„Ja, aber nicht einfach irgend ein Hof. Wisst ihr denn nicht, was auf dem Finkenhof passiert ist?", Florian sah sie forschend an.
„Ehrlich gesagt nicht, nein", antwortete Samira genervt.
Auch Rico zuckte mit den Schultern:" Keinen Plan."
Florian schüttelte ungläubig den Kopf.
„Na, los erzähl uns schon was dort bahnbrechendes Geschehen ist!", forderte Samira ihn ungeduldig auf.
Statt Florian ergriff Miriam das Wort.
„Es war vor etwas neun Jahren, da wurden die Leichen von Herr und Frau Bergmann völlig ausgeblutet in ihrer Stube aufgefunden. Ihr Sohn hatte sie so vorgefunden. Er war selbst voller Blut und hat davon geredet, dass ihm der Teufel begegnet wäre. Er war der festen Überzeugung von einem Engel gerettet worden zu sein."
„Der Typ war total durch den Wind. Die Polizei hat ihn auch, als Tatverdächtigen festgenommen und er war einige Zeit lang in Gewahrsam. Aber sie konnten ihm nichts nachweisen und er wurde wieder freigelassen", fuhr Florian fort.
„Er hat dann das Dorf verlassen und ist nie wieder zurückgekommen. Was verständlich ist, bei dem was ihm passiert ist", Miriam hatte Mitleid mit dem Typen.
„Ja, aber jetzt ist er offensichtlich wieder zurück", meinte Florian und sah triumphierend in die Runde.
„Dann ist dieser Richard Bergmann also der lange verschollene Sohn, der vor Jahren seine eigenen Eltern niedergemetzelt hat?", fragte Rico zweifelnd.
Florian nickte überzeugt.
Samira schnaubte:" Na, wenn das so ist dann werden wir uns da ganz bestimmt nicht einmischen. Für so etwas gibt es die Polizei", meinte Samira entschieden.
„Ausserdem ist es ja gar nicht bewiesen, dass Richard Bergmann etwas mit alldem zu tun hat. Stellt euch vor wie schrecklich es sein muss, immer zu Unrecht beschuldigt zu werden", warf Miriam ein.
„Ach, kommt schon. Wir sind doch ein Team. Zusammen mit Rocky sind wir praktisch die fünf Freunde. Wir müssen das aufklären", versuchte Florian sie grinsend zu überzeugen.
„Du hast Bella vergessen. Mit ihr wären wir sechs", erinnerte Miriam
Florian schnaubte:" Was für ein Sinn hätte bitte ein Pferd in einer Detektivgruppe?"
„Einen sehr grossen sogar. Ein Pferd...", doch Samira unterbrach ihre Freundin.
Könnt ihr mal damit aufhören? Wir sind weder fünf oder sechs noch sonst etwas. Ich werde jetzt zurück in die Schule gehen und das solltet ihr Möchtegern Detektive auch tun. Komm schon, Miri", sie fasste ihre Freundin entschlossen am Arm und zog sie mit sich.
Miriam folgte ihr widerstandslos.
„Dann sind wohl nur wir beide übrig", Florian drehte sich grinsend zu ihm um.
Doch Rico zuckte nur unentschlossen mit den Schultern:" Was das angeht, Flo. Ich denke, Samira hat Recht. Das Ganze ist eine Nummer zu gross für uns. Es wäre dumm noch weiter zu graben. Wir müssen einfach abwarten, was die Polizei herausfindet."
Florian seufzt theatralisch:" So etwas nennt man Gruppenzwang."
Rico grinste:" Komm, lass uns reingehen."
Sie waren schon auf dem Weg zum Hauptgebäude, als Florian ihn hart in die Rippen stiess.
„Au, Mann. Was soll das?"
Florian wies bloss zu zwei Gestalten, die sich gerade vor der Turnhalle verabschiedeten. Es waren ihre Lehrerin Laura Fischer und der verdächtigte Mörder Richard Bergmann.
„Was will der denn hier?", fragte er verwirrt.
„Na, ganz bestimmt nicht bloss mit hübschen Lehrerinnen flirten", meinte Florian argwöhnisch.
Rico seufzte. Florian war vollkommen überzeugt davon, dass Richard Bergmann der gesuchte Mörder war und wenn Florian für etwas brannte konnte man sich auf etwas gefasst machen.

The devil is a dreamer * Episode 2: Vermisst*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt