Kapitel siebenundzwanzig

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Sechs Tage. Sechs Tage waren vergangen in denen ich nichts von Tyler gehört hatte. Manchmal dachte ich mir das es normal sei, das es eben so ist wenn man sich verliebt, aber in anderen Momenten dachte ich das er den Kuss bereut hat, das er Abstand will. Irgendwie starrte ich fast jede fünf Minuten auf mein Handy, in der Hoffnung er würde mir schreiben, dabei hatte ich nicht einmal seine Nummer, aber irgendwie ließ mich der Gedanke nicht los das er vielleicht auf die Idee gekommen wäre sich meine Nummer von Isaac oder Maya zu besorgen. Er schämte sich für mich, genau das war es. Kopfschüttelnd und selbst von mir überfordert stapfte ich in die Küche und zog eine Tasse aus dem Schrank, ich brauche einen Chai Latte, und Abstand von meiner Lernphase. Maya und Isaac saßen auf der Couch und schauten sich irgendeinen Marvel Film an, kuschelten, fütterten sich gegenseitig mit Popcorn und wechselten von Kichern ins Seufzen. Keine Ahnung was sie so toll an Batman oder Spiderman fanden. Vielleicht war ich aber einfach nur neidisch auf ihre Nähe die sie miteinander hatten.

Ich häufte den Löffel mit dem Chai Latte Pulver und gab drei davon in meine Tasse die ich mit heißen Wasser aufgoss als ich ein Gespräch der beiden mitbekam. „Tyler kommt gleich, willst du dann mit ins Eleven?"
sagte Isaac und schob Maya wieder ein Stück Popcorn in den Mund, „Na klar." erwiderte sie und hob ihre Beine von seinem Schoß um sich direkt in meine Richtung zu drehen, „Du doch auch oder Aly?" sie grinste schief. Eigentlich hatte ich überhaupt keine Motivation aber da Tyler ja scheinbar doch wieder unter und lebenden ist wollte ich ihm zeigen das ich ihn genau so gut ignorieren kann, und eine Party dürfte gerade zu perfekt dafür sein. Wer bin ich geworden? Seit wann kam ich auf solche Ideen?
Nein natürlich komme ich nicht mit „Klar gib mir nur Zeit zum umziehen, ich kann ja wohl schlecht in diesen Schlabber Klamotten dort aufkreuzen." waren stattdessen meine Worte und ich ließ die Tasse auf dem Tresen stehen um ins Zimmer zu rennen. Maya folgte mir und kam mit ihrem riesigen Kulturbeutel ins Zimmer, „Soll ich dich schminken?" fragte sie mich und ich nickte eifrig.
Also machte ich es mir auf meinem Schreibtischstuhl bequem und ließ Maya freie Hand.

Rund fünfzehn Minuten später war sie auch schon fertig und ich betrachtete mein Spiegelbild, rote Lippen. Normalerweise würde ich niemals einen derartigen Lippenstift auftragen aber irgendwie wollte ich es, ich wollte endlich mutig sein. Ich ging hinüber zum Kleiderschrank vor dem Maya jetzt im Schneidersitz saß und sich schminkte, zog ein dazu passendes rotes Kleid aus dem Schrank und zog es mir an. Es war recht gewagt, hatte Spaghettiträger und einen V-Ausschnitt der meinen Busen gut aussehen ließ, was mich etwas stutzig machte, war das wirklich ich? „Oh mein Gott." sagte Maya plötzlich, „Woher hast du bitte dieses hammer Kleid?" sie riss die Augen auf und begutachtete es vom Träger bis zum Saumen, „Das hat Mom mir mal für eine Gartenparty besorgt, aber ich hatte mich nie getraut es zu tragen, und ich schätze das ich mich gerade genau so wenig traue." verunsichert zog ich es höher um meinen Ausschnitt zu kaschieren, aber dadurch wurde es an den Oberschenkeln nur noch kürzer. „Du solltest es tragen." sagte Maya und stellte sich nun neben mich, „Ich finde du hast die perfekte Figur und ganz zu schweigen von deiner Oberweite, die wie für dieses Kleid gemacht ist." stolz packte sich mich an den Schulter und grinste, „Du siehst wunderschön aus." ich bedankte mich gefühlte hundertmale bei ihr.
Auch Mayas Kleid konnte sich sehen lassen, es war zwar für ihre Verhältnisse mit den langen Ärmeln etwas ungewohnt, aber da es genau in der Mitte der Oberschenkel endete war es dann doch irgendwie Mayas Stil. Der Grün samtige Stoff legte sich eng an ihren Körper und ihre Brüste quillten etwas aus dem Ausschnitt.

Ich hörte jemanden die Tür öffnen und ein darauffolgendes Hallo. Tyler war da. Mein Körper versteifte sich und ich sah hinüber zu meiner geschlossen Tür. Maya bemerkte es und packte nach meiner Hand, „Ist alles okay?" ich nickte heftig, „Ja klar." Nein, eigentlich bin ich irgendwie sauer aber auch enttäuscht, denn weißt du, Tyler und ich, wir haben uns geküsst aber er hat mich sechs Tage lang einfach auf Pause gedrückt.
Sind eigentlich die Worte die ich von mir geben sollte, aber ich lächelte Maya an. „Also ich bin dann soweit." sie zog ihr Kleid wieder etwas zurecht und trat aus meinem Zimmer heraus, ich folgte ihr in den Flur und durfte direkt in ein paar grüne Augen schauen. Wunderschöne grüne Augen. Die sich jetzt weiteten und an meinem Ausschnitt hängen blieben. Am liebsten hätte ich ihn darauf angesprochen, vor Isaac und Maya, aber ich hielt wie üblich meinen Mund, während er begann zu sprechen „Heute keine Kirche?" waren die einzigen Worte die er über die Lippen brachte, und nein sie lösten kein kribbeln in mir aus, sondern Wut. Ich war wütend denn wir waren wieder genau da wo wir angefangen hatten. Er tat wieder so als wäre ich ihm egal, als würde er sich über mich lustig machen.
„Halt den Mund." sagte Maya und schlug ihn mit ihrer Clutch gegen den Oberarm, doch er lachte nur.

Ich begann zu frösteln, denn wir liefen zum Eleven, Maya war fest davon überzeugt das wir heute alle etwas trinken sollten, ich eingeschlossen, und wenn ich ehrlich sein sollte, ich hatte richtig Lust darauf. Maya hatte ihren Arm in meinen gehackt, während wir genau hinter Tyler und Isaac liefen. Der Geruch von Tyler's Zigarettenqualm drang in meine Nase und ich versuchte ihn zu verscheuchen.
Es war so brechend voll, das wir uns durch die Menge durchschlängeln mussten. Um uns herum tanzten und schrien Menschen, die nach Erbrochenem, Alkohol, Schweiß oder Marihuana rochen. Ich war froh als wir in einer kleinen Lounge Platz nahmen und Getränke bestellen konnten. Isaac nahm ein Bier, Tyler wie üblich Whisky, Maya einen Cocktail und ich wählte einfach das selbe wie sie weil ich mir mal wieder unschlüssig war was ich nehmen sollte. Tyler saß mir genau gegenüber und rauchte seine nächste Zigarette, zumindest dachte ich es wäre eine Zigarette, denn der Geruch war anders, so wie der von Marihuana, doch ich könnte ihn mir auch nur einbilden, da der ganze Laden hier danach roch. „Erzähl mal, wie läuft es so in der Uni?" fragte mich Maya und zog ebenfalls an einer Zigarette die nicht wie eine Zigarette roch. „Ganz gut, besser als gedacht." sagte ich und starrte wie gebannt auf ihre Finger in der sie die gewisse Zigarette hielt. „Willst du mal probieren?" sie hielt sie mir entgegen doch ich schüttelte mit dem Kopf, „Aly, ich würde dir niemals etwas anbieten das schädlich für dich wäre, ein Joint ist harmlos und keine harte Droge, es entspannt dich nur und macht dich glücklich." ein Joint also. Ich schielte zu Tyler der unser Gespräch scheinbar sehr interessant fand. Und dann tat ich es, ich nahm den Joint entgegen und zog unbeholfen daran. „Lass den Scheiß." erklang seine Stimme plötzlich und er stand genau vor mir und riss ihn mir aus der Hand, „Was soll das denn jetzt?" fragte ihn Maya und zog ihn ihm wieder aus der Hand, „Spinnst du jetzt völlig rum?" sie lachte während sie ihm einen Vorwurf machte, „Ich schätze Alyssa ist alt genug um selbst zu entscheiden." er funkelte sie böse an, „Oder sie lässt sich einfach nur von dir beeinflussen." nun gab Issac noch seinen Senf dazu „Was ist denn mit euch los, entspannt euch doch mal." er drückte Tyler seine Handfläche auf die Brust und schob ihn dabei etwas zurück, „Nichts vergiss es einfach." daraufhin setzte er sich wieder auf die Couch und nahm den Whiskey in die Hand der in der Zwischenzeit gebracht wurden war. Ich war verwirrt, nur irritiert und verwirrt, und starrte meine gefalteten Hände an die auf meinem Schoß lagen, „Der spinnt, mach dir nichts draus." flüsterte Maya mir ins Ohr, reichte mir meinen Cocktail und stieß mit ihren gegen meinen. Ich nahm einen Schluck, er war köstlich, also folgte ein weiterer. Tyler's Blick ruhte auf mir, beobachtete jede Bewegung meinerseits, doch ich ignorierte ihn. Diesmal sollte er sich genau so fühlen wie ich die vergangenen letzten sechs Tage.

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