Das Getuschel an den Tischen in der großen Halle war groß. Harry saß am Lehrertisch und sah kurz über den Rand seines Tagespropheten auf die Schüler. Auch ohne zu verstehen, was sie sagten, wusste Harry, worüber sie sprachen: Den Unbekannten und den Mord. Seit Harry vor zwei Tagen eine Personenbeschreibung und Interview an den Tagespropheten gegeben hatte, war Chaos. In Artikeln wurden seine und McGonagalls Aussagen zu dem Mord an Romilda Vane abgedruckt, das Gesicht des Fremden prangte auf allen Titelseiten und alle möglichen Spekulationen machten die Runde. Harry sah wieder auf die Zeitung. „Mord in Hogwarts; Täter auf der Flucht. Harry Potter ratlos" stand in großen schwarzen Buchstaben über dem Foto des Fremden. Wütend schlug er die Zeitung auf den Tisch, wobei er seinen Becher umwarf und sich der Kürbissaft darüber ergoss. Harry fluchte leise, dann beseitigte er mit seinem Zauberstab hastig das Missgeschick. McGonagalls Seitenblick entging ihm nicht. Er sah kurz zu ihr herüber, dann drehte er sich wieder zurück. Seit die Meldung über den Mord öffentlich war, war McGonagall deutlich reizbarer. Sie hatte sich um so viele Interviews wie möglich gedrückt und mit aller möglichen Macht gegen die Reporter gewehrt, doch das hatte nicht verhindert, dass in der Zeitung nun auch unzählige Schüleraussagen aus Interviews herumschwirrten. Von angeblichen Sichtung über gefühlte Kälte bis hin zu einem angeblichen Kampf war alles dabei, was denkbar war. Noch schlimmer war die Reaktion in Ministerium. Harry wurde als Auror umgehend zurückverlangt, sämtliche Abteilungen waren alamiert und die Debatte über die Sicherheit von Hogwarts als Einrichtung gab der ganzen Situation den Rest. Harry versenkte den Kopf in den Händen. Er war froh, dass die Öffentlichkeit immerhin nichts von der zweiten Waffe wusste, die sie nun besaßen, ebenso wenig vom Diebstahl eines Buches der Verbotenen Abteilung. Madam Pince war noch immer nicht genesen und somit war der Verlust nur Harry, Ron, Hermine, Ginny und McGonagall bekannt. Und wenn das Chaos nicht vollkommen eskalieren sollte, musste es auch so bleiben. Er kaute auf einem Stück Toast herum und überlegte, was als nächstes zu tun war. Hermine hatte vorgeschlagen, die Waffe im Raum der Wünsche einmal zu untersuchen und auszuprobieren. Zuerst jedoch musste er noch Unterricht geben. Mit den Gedanken woanders stand Harry vom Lehrertisch auf und machte sich auf den Weg zum Klassenraum.
Die nächsten Stunden schleppten sich nur so dahin und waren von Problemen geprägt. Harry übte mit einigen Drittklässler den Ridiculus-Zauber, wobei mehrere Schüler fast panisch wurden. Beim Training mit dem Confringo-Zauber gab es beinahe einen Flächenbrand im Klassenraum und beim Stupor Ausüben und Abwehren einer sechsten Klasse gab es gleich drei Verletzte durch unkontrolliert ausgelöste Zauber. Doch das war nicht einmal das Schlimmste. Das Schlimmste waren die Blicke. Auch wenn Harry sich so gut er konnte auf den Unterricht konzentrierte und den Überblick zu bewahren versuchte, so sehr stand er unter Beobachtung. Sobald er sich auf seine Notizen konzentrieren oder einem Schüler helfen wollte, spürte er, dass irgendjemand das Üben aufhörte und ihn musterte. Und auch nach dem Ende der Stunde sahen ihn die Schüler beim Verlassen des Raumes an und tuschelten leise miteinander. Harry seufzte leise, wandte sich ab und wollte bereits auf die Balustrade gehen, als er bemerkte, dass ein Schüler das Zimmer nicht verlassen hatte. Ein Sechstklässler mit kurzem, mausgrauem Haar. Ein Gryffindor.
„Harry Potter?", fragte er mit einem Lächeln. Sofort korrigierte er sich. „Professor, entschuldigen Sie. Ich bin Dennis Creevey. Ich...ich wollte....ich wollte Sie etwas fragen." Seine Stimme zitterte leicht, während er sprach. Ihm war die Aufregung und Nervosität deutlich anzumerken, auch wenn er sie so gut er konnte zu verstecken versuchte. Harry trat von der Treppe herunter und in einigem Abstand zu Dennis.„Wie kann ich Ihnen helfen, Mister Creevey?"Harry ging langsam auf und ab. Er konnte sich die Antwort schon denken, die auch gleich folgte: „Es geht um den Mord."Harry rollte innerlich die Augen. „Ich kann da leider nichts mehr zu sagen, Mister Creevey. Sie können..."„Ich glaube Ihnen". Dennis klang leicht verzweifelt, schien das Gespräch nicht abreißen lassen zu wollen. „Ich möchte helfen". Harry hielt inne. Dann sprach er in ruhigem Tonfall: „Hören Sie, Mister Creevey. Die Situation ist noch ziemlich unklar, da können Sie nicht viel tun".Nun platzte es förmlich aus Dennis heraus: „Bitte, Mister Potter, bitte. Ich möchte unbedingt helfen. Sie haben gegen diesen Angreifer gekämpft und uns verteidigt. Sie haben Ihr Leben riskiert. Wieder." Er stoppte kurz und auch Harry schluckte. Er wusste, wovon Dennis sprach. Ihm kamen wieder Bilder in den Kopf, sie flogen an ihm vorbei. Voldemort...Harry riss sich los. Dennis starrte ihn verunsichert an. Harry sah ihn kurz an, dann griff er nach seiner Tasche: „Sie müssen gehen, Mister Creevey. Die Stunde ist vorbei". Ohne seine Reaktion abzuwarten nahm Harry seine Tasche und machte sich an Dennis vorbei aus dem Zimmer. Er spürte die Verbitterung in Dennis, drehte sich aber nicht zu ihm um.
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Harry PotterxStar Wars I - Eine neue Dunkelheit
Science FictionEs sind zwei Jahre vergangen, seit Harry Potter Lord Voldemort und seine Anhänger besiegt hat. Doch in das nun geregelte Leben kommt ein Hilferuf aus Hogwarts, als dort unerklärliche Phänomene passieren. Als Harry zu ermitteln anfängt stellt er schn...