2 - Hoffnungslose Träumereien

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Willehad schlug das Buch mit einem Seufzen zu, wiederhallend zwischen den hohen Marmorwänden von Hadids Lesesaal. Es war ein kalter, wenig gemütlicher Ort, gebaut wie die luftigen Paläste der morgenländischen Wüsten, ohne das deutlich kühlere Klima des Abendlandes zu beachten. Zwischen golden heißer Sonne und stetig warm bleibenden Sandstein wäre er vielleicht froh um die erfrischende Architektur des Raumes gewesen, hier wurden ihm nur allzu schnell die Finger klamm, während er die Bibliothek durchforstete und hastig die interessantesten Passagen kopierte. Vielleicht hätte er Hadid bitten können, den großen Raum zu heizen, aber außer ihm war fast niemand dort zu finden. Und ihr Gastgeber war schon großzügig genug damit, dass er sie beherbergte, trotz seiner überschwänglichen Freundlichkeit wollte ihn Willehad keinesfalls um einen weiteren Gefallen bitten.

Viel Zeit würde er wohl ohnehin nicht mehr in der Bibliothek verbringen. Hadid hatte eine faszinierende Sammlung von Werken aller Art zusammengetragen, Reiseaufzeichnungen bis Lexika, Anleitungen und Märchen bis hin zu neumodischen Romanen, importiert von allen vier Kontinenten und teilweise so alt, dass selbst bei einer sanften Berührung der Staub aufwirbelte, aber auch seine gute gefüllten Regale würden bald erschöpft sein. Willehad hatte bereits begonnen, die herausgesuchten Werke im Detail zu lesen, selbst wenn er sich keine neuen Informationen daraus erhoffte, einfach um das Unvermeidliche hinauszuzögern.

Den Tag, an dem er nicht mehr helfen können würde.

Bis jetzt war seine tägliche Routine immer ähnlich verlaufen: nach dem Frühstück machte er sich mit einem frischen Stoß Papier, Feder und Tinte auf den Weg zur Bibliothek, suchte sich einen Stapel mehr oder weniger vielversprechender Bücher hervor und forschte in ihnen nach Hinweisen auf die Sorte Magie, mit der ein Mensch einem Gegenstand Leben verleihen konnte. Wenn er Glück hatte, brachte ihm einer von Hadids Dienern zu Mittag, sonst musste er zum Speisesaal gehen und darauf hoffen, dass die Gesellschaft dort nicht nur aus Asifa und der Leopardin bestand. Danach arbeitete er bis zum Abend weiter, wo sie dann gemeinsam mit Hadid speisten und danach im Kaminzimmer zusammensaßen, um die Neuigkeiten des Tages auszutauschen. Es war eine reine Formalität geworden – wenig von Belang ergab sich und sie wussten alle, dass tatsächlich hilfreiche Informationen nicht erst auf die Zeit nach dem Abendessen warten würden. Aber Willehad sah, dass ihnen die Gewohnheit gut tat, das letzte bisschen Gefühl, etwas zu bewirken. Er sah auch, dass es nicht mehr lange so gut gehen würde, aber weil er keine Lösung wusste, schwieg er.

„Und?", fragte Prinzessin Elwa an den Marmorbogen gelehnt, der den Eingang zur Bibliothek markierte. „Hast du etwas nützliches gefunden?"

Sie trug eine weite, zart violette Robe, die ihr elegant um den Körper floss und ihre wirren roten Locken glänzten feucht, gerade erst gekämmt. Er konnte die parfümierten Öle riechen, die Hadid so liebte, dass er ganze Bottiche davon in den Bädern stehen hatte, die er ihnen angeboten hatte. Manchmal konnte Willehad sagen, in welchen Zimmern und Fluren sie sich aufgehalten hatte, nur wegen der feinen Duftwolke, die hinter ihr herzog, frisch wie eine Blumenwiese. Er musste sich zwingen, nicht zu starren.

„Leider nein", sagte er schnell und räusperte sich, als seine Stimme ihm nur bedingt gehorchte. „Aber ich habe ein höchst interessantes Werk über den Schiffsbau auf den westlichen Inseln gefunden, vielleicht interessiert dich das."

Schiffe, das wusste er, faszinierten Elwa ungemein. Alles, was mit Reisen und fernen Ländern zu tun hatte, was einen Menschen schnell von einem Ort zum anderen befördern konnte, sie zusammenbrachte. Ihre Augen leuchteten auf und sie trat an seine Seite, um sich über den Stapel Bücher zu neigen, den er neben sich aufgeschichtet hatte.

„Legenden aus dem Mittagsland?", fragte sie, während sie die einzelnen Titel durchsah. Sie war so nah an ihm, dass ihr Arm ihn bei jeder Bewegung streifte. Willehad hätte den Atem angehalten, wenn er nicht dadurch ihren Duft verloren hätte. „Hatten wir das nicht schon einmal?"

Dornen - Das Königreich in FlammenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt