Manchmal, wenn man so auf dem Boden liegt, kann man die Welt atmen hören.
Man spürt die rasende Geschwindigkeit, mit der sich die Erde um ihre eigene Achse dreht.
Und du kannst nichts dagegen tun.
Du kannst in die entgegen gesetzte Richtung rennen, du kannst dich im Gras festkrallen. Aber sie dreht sich weiter.
„The sun will rise and we will try again", richtig?
Aber was versuchen wir erneut?
Ein besserer Mensch zu sein?
Die richtigen Entscheidungen zu treffen?
Das Schlechte los zu lassen?
An manchen Abenden stehst du da, irgendwo draußen, kurz bevor du ins Haus gehst, oder ins Auto steigst und hältst inne.
Du beobachtest die Sonne. Ihr Farbspiel mit den Wolken. Rosa. Rot. Lila. Blau.
Und dann ist da nur noch die Dunkelheit.
Die Sonne ist weg und dir fällt auf, wie es kalt wird. Eigentlich wolltest du schon lange im Haus sein. Schon lange losfahren. Aber wie so oft hält dich etwas zurück.
Es ist, als ob die untergehende Sonne etwas von dir mit untergehen hat lassen.
Jetzt ist es leer. Und still.
Aber wie immer hast du keine Zeit. Keine Zeit darüber nachzudenken.
Du musst los. Immer weiter, immer schneller.
Und schon wieder ist ein Tag zu Ende.
Aber morgen wird alles besser. Du wirst dir die Zeit nehmen, die du brauchst. Redest du dir ein.
So schlimm ist es doch gar nicht. „Stay positive"
Anderen Menschen geht es viel schlechter als dir. Du solltest zufrieden sein mit dem was du hast.
Vielleicht liegt es an dir. Vielleicht bist du nicht erwachsen genug. Vielleicht ist deine Denkweise falsch. Vielleicht bist du zu schwach.
Und so redest du dich klein. Denn das bist du.
Klein.
Das würden die Menschen in dem Flugzeug dort oben auch denken. Wenn sie dich sehen könnten.
Wie du dort stehst. Vor dem Haus, vor dem Auto. Mit deinem Schlüssel in der Hand.
Wie ein fliegender, blinkender Stern sieht es aus. Auf dem Weg dorthin, wo die Sonne noch scheint.
Da kommt wieder das Verlangen dich auf den Boden zu legen. Einfach da, wo du gerade stehst.
Vielleicht hast du Glück und du verwächst mit dem Gras. Verschwindest einfach. Wirst Teil eines fremden Organismus.
Du schaust auf die Uhr. Eigentlich willst du nur wissen, wie lange du da standst. Mittlerweile ist alles kalt. Du spürst deine Hände kaum mehr.
Die ersten verpassten Anrufe und Nachrichten erwarten dich. Wo bist du? Was machst du? Eigentlich wolltest du schon längst da sein.
Oder dein Handy bleibt leer. Keine Nachrichten, keine Anrufe. Niemand fragt sich, wo du bist.
In beiden Fällen hoffst du auf das Gras, das dich einfach verschlingt. Mit jedem Atemzug der Erde. Immer tiefer.
Aber egal wie lange du dort noch in der Kälte stehst, es wird nicht passieren.
Also atmest du durch, spürst die Kälte in deiner Lunge, schaust ein letztes Mal in die Sterne.
Suchst das Flugzeug. Aber es ist bereits außer Sichtweite.
Also sperrst du auf. Machst dich auf den Weg.
„The sun will rise and you will try again"
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Gedankenmut
PoetryIn der Welt, in der wir leben, gehen Gedanken verloren. Sie gehen verloren, weil wir sie nicht denken wollen. Manche Gedanken sind unartig, manche sind verboten, manche unerwünscht. Wir wollen sie nicht denken. Dürfen nicht. Haben keine Zeit dafür...