Gedankenmut

Irgendwann

Irgendwann werde ich dein Armband abnehmen.

Ich werde noch ein letztes Mal daran denken, wie du es mir geschenkt hast.
Wie du es in einer kleinen rosa Schachtel hinter deinem Rücken versteckt hast.
Wie du es mir wortlos und mit einem Grinsen übergeben hast und wie aufgeregt du warst, weil du so sehr gehofft hast, dass es mir gefällt.
Aber wie hätte es mir auch nicht gefallen sollen.
Schließlich bin ich für dich gefallen.

Und doch.
Irgendwann werde ich es abnehmen.
Mein Armband.
Passend zu deiner Kette.
Ich werde noch ein letztes Mal daran denken, wie du es mir geschenkt hast.
Wie ich gedacht habe, dass wir jetzt irgendwie zusammen gehören.
Und für einen kurzen Moment wird es schmerzen.
Aber ich werde endlich wissen, dass es das nicht Wert ist.
Dass du es nicht Wert bist.
Und es wird ein bisschen in Ordnung sein, dass ich es dir nie Wert war.

Irgendwann werde ich einen Flixbus sehen und mich nicht mehr fragen, ob du vielleicht gerade darin sitzt und was wohl dein nächstes Ziel sein wird.
Ich werde das grelle grün im Augenwinkel an mir vorbeifahren sehen und es wird mich an den Frühling erinnern.
Oder an meinen bevorstehenden Urlaub.
Den ich nicht so planen werde, dass er deinen Wohnort enthält.
Obwohl ich immer gerne dort war und es wunderschön ist.
Du bist es nicht.
Und ich bin nicht mehr gerne bei dir.

Irgendwann wird eine Stunde vergehen, in der ich nicht an dich denke.
Nicht einmal ganz kurz.
Nicht einmal unterbewusst.
Kein einziges Mal.
Und irgendwann vergeht ein Tag.
Irgendwann wird die Erinnerung an dich so blass sein, wie meine Haut im Winter.
Und das ist okay, denn ich werde mich nicht mehr nach der Sonne sehnen.
Weil ich weiß, es wird wieder Frühling werden.
Und bis dahin werde ich mich selbst warmhalten.

Irgendwann werde ich wieder die Lieder hören, die wir immer zusammen gehört haben.
Weil ich sie mag.
Nicht weil ich hoffe, dass du sie auch gerade hörst.
Und ich werde mitsingen.
Ganz ohne Tränen in den Augen.

Irgendwann wird sich meine Hand nicht mehr komisch anfühlen, wenn jemand anderes sie hält.
Irgendwann wird es sich nicht mehr falsch anfühlen, jemandem nah zu sein, der nicht du ist.
Irgendwann werde ich Worten wieder Glauben schenken können.
Irgendwann werde ich meine Worte wieder jemandem schenken können.
Irgendwann wird dein Name nur noch ein Name sein, so wie jeder andere auch.
Irgendwann wirst du nur noch irgendjemand sein, so wie jeder andere auch.

Irgendwann werde ich ein letztes Mal über dich schreiben.

Ich hoffe, irgendwann kommt bald.

Und bis dahin ziert ein silbernes Armband mein Handgelenk.