Laut. Unmelodisch. Aggressiv. Nervig. Bei vielen.
Atemberaubend. Magisch. Pure Liebe. Bei anderen.
Technokinder. Hedonisten. Die Jugend mit den übergroßen Pupillen. Die lieber schlafen, wenn sie tot sind. Die ihre Nächte in völliger Ekstase durchtanzen. Die nicht mehr wissen, wie man stillsteht. Vergessen haben, wie man still lebt.
Es sind die, deren Eltern nachts wach liegen. Unwissend von dem, was das Kind treibt.
„Wir chillen heute nur bei Freunden."
Was würde dein 10-jähriges Ich denken, wenn es dich aus dem Club taumeln sehen würde? Dunkle Augenringe bis zu den Schultern. Ein schwarzer, leerer Blick. Fast als wäre niemand mehr Zuhause. Dort in dir drin.
Als wäre es nur noch die Hülle. Alles lebendige, fortgetanzt. Verloren. Zurückgelassen. Dort wo der Bass verschwindet, wenn der DJ aufhört zu spielen.
Was geben dir diese Nächte? Dass du so geworden bist, wie du es niemals erwartet hättest.
Bist du erst einmal so weit, dann wirst du fallen. Es wird dich verzehren. Verschlingen.
Anfangs ohne, dass du etwas davon mitbekommst. Und wenn du es dann bemerkst, dann ist es bereits zu spät.
Es ist viel mehr als du dir jemals vorzustellen gewagt hast. Es ist Liebe.
Du bist dort, mit deinen Freunden, mit den Leuten, die du von allen anderen, auf dieser riesigen Welt am allermeisten magst. Und du bist glücklich.
Nicht nur glücklich, im Sinne von so kann man leben, gerade ist alles ganz okay.
Sondern glücklich, im Sinne von Glück, das dich von innen heraus erfüllt. Überströmt. Dein Herz ertrinken lässt.
Du bist so glücklich, dass du weinen willst. Wieso hast du es davor noch nie gesehen? Wieso warst du so blind, dass du nie erkannt hast, wie sich wahres Glück anfühlt.
Du stehst also in diesem Club, neben dir deine Lieblingsmenschen. Wummern in deinen Ohren, egal wo du hingehst.
Du stampfst im Takt. Anfangs unbeholfen. Dann irgendwann geht es wie von selbst. Die Musik ist dein Treibstoff.
Die Vibration in jedem Körperteil. Gänsehaut am ganzen Körper. Du bist ein Teil dieser wunderbaren, großen Masse, die sich im Takt bewegt.
Und du bist so groß. Du kannst über alle hinweg gucken. Hat das Glück dich wachsen lassen?
Du siehst nach rechts. Siehst deinen besten Freund neben dir. Gleicher Takt wie du. Gleiches Gefühl. Du weißt es.
Jeden, den du anschaust, ist dein Freund. Wieso auch nicht? Alles ist leichter. Alles ist schöner. Wenn jeder dein Freund ist.
Es ist warm in dem Club. Stickig. Der Nebel füllt den Raum. Lässt dich noch schlechter sehen als davor.
Aber es ist völlig egal. Du musst nichts sehen. Du schließt die Augen.
Jetzt bist da nur noch du und der Bass. Er ist alles was du hören und spüren willst. Dein Atem zittert. Dein Herz überschlägt sich.
Die Gedanken sind frei.
Angespannter Kiefer. Trockene Lippen. Du willst ihn entspannen. Leckst dir über die Lippen. Aber es ändert nichts. Also akzeptierst du es. Du magst es irgendwie. Es gehört dazu.
Du musst lächeln. Unbeschreiblich.
In diesen Nächten lebst du nach dem puren Prinzip des Hedonismus. Und es könnte nichts Besseres geben.
Wenn du die Augen wieder öffnest, bist du überrascht. Du hättest überall sein können.
Doch du bist immer noch an der gleichen, perfekten Stelle. Mit den gleichen, perfekten Menschen.
Es ist wie eine Sekte. Die Musik ist unser Gott.
Du vergisst, wie gefährlich alles sein kann. Egal was passieren mag, das, was du in diesen Nächten fühlst, ist es wert.
Wie kann man uns verurteilen? Wir wollen doch nur glücklich sein.
Wir wollen alles ablegen, wenigstens für eine Nacht. Oder für zwei. Frei sein.
Du willst, dass es nie wieder aufhört. Es könnte ewig so weitergehen.
Du könntest dein Rest deines Lebens hier verbringen, mit deinen Menschen. Und einfach nur tanzen.
Doch die Zeit rennt. Noch viel mehr als sie es sonst tut. Stunden vergehen wie Minuten.
Du willst sie festhalten. Sie anschreien. „Bitte bleib stehen."
Aber du weißt, wie immer hat auch diese Nacht ihr Ende.
Und wenn es dann vorbei ist, die Lichter angehen. Dein Herz weinen will. Dann werden wir alle auch wieder nach Hause kommen. So wie wir waren. So wie wir sind.
Vielleicht ein klein bisschen verändert.
Denn diese Nächte, wirst du nie vergessen. Sie sind echt.
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Gedankenmut
PoetryIn der Welt, in der wir leben, gehen Gedanken verloren. Sie gehen verloren, weil wir sie nicht denken wollen. Manche Gedanken sind unartig, manche sind verboten, manche unerwünscht. Wir wollen sie nicht denken. Dürfen nicht. Haben keine Zeit dafür...