Gedankenmut

Ich bewundere dich

Ich bewundere dich.

Du siehst in jedem Menschen das Beste.

Egal, wer vor dir steht. Woher er kommt. Wohin er geht. Was er getan hat, was er tut. Du glaubst an das Gute in jedem.

Immer, wenn ich in deine Augen sehe, ist da nur Liebe. Endlos weite, große Liebe.

Sie ist größer, als man sich vorstellen kann.

Es ist wahrscheinlicher, zur tiefsten Stelle des Ozeans zu tauchen, als die Tiefe deiner Liebe zu beschreiben.

Oma, du hast das schönste Herz, das ich kenne.

Könnte man es sehen, dann wäre es übersät mit tausenden, kleinen, zarten, bunten Blumen. In jeder vorstellbaren Farbe und noch mehr. Stetig wachsend. Deine Liebe als Dünger.

Die wunderschönsten Schmetterlinge, die fleißigsten Bienchen und die süßesten Hummeln würden sich davon ernähren.

Kein Sturm der Welt, kein Hagel, kein Frost könnte deinem Herz etwas anhaben.

Ich kann mir nicht vorstellen, was du alles erlebt und überlebt hast. Was deine Augen gesehen, deine Lunge geatmet und deine Seele gespürt hat.

Doch nichts und niemand hat es geschafft dich zu brechen.

Du bist stärker, als die Wurzeln des ältesten Baums auf dieser Erde.

Und selbst, wenn du irgendwann gehen wirst, die Wurzeln, die du hinterlassen hast, reichen so tief, kein Mensch wird sie jemals wieder entfernen können. Sie werden für immer hier sein.

Und bei jeder Wurzel, über die ich stolpere, die mit ihrer Kraft die Erde in Zwei teilt, werde ich an dich denken. 
Denn so stark ist deine Gutmütigkeit.

Deine Gutmütigkeit durchtrennt jeden Hass, jeden Neid und jeden Zorn.

In deiner Welt gibt es keine Gefühle oder Gedanken, die anderen schaden könnten.

Für dich hat jeder Mensch nur das Beste verdient. Neid existiert in deiner Welt nicht.

Ich bewundere dich, Oma.

Du hast das schönste Herz, das ich kenne.

Es schmerzt so unglaublich sehr, zu sehen wie du alterst.

Die kleinen Lachfalten an deinem Auge werden tiefer. Deine Finger werden krummer. Die blauen Adern scheinen immer mehr durch deine zarte, dünner werdende Haut.

Deine Demenz schreitet voran. Sie sitzt in deinem Kopf, wie ein kleines nerviges Kind und schubst alles um, das du dir mit so viel Sorgfalt errichtet hast. Ohne zu wissen, was es damit für einen Schaden anrichtet.

Ich möchte dieses kleine Kind packen und schütteln. So fest bis es zur Vernunft kommt und damit aufhört.

Ich möchte ihm die Trauer in deinen Augen zeigen und es von den Tränen wegspülen lassen, die du weinst, wenn du bemerkst, was mit dir passiert.

„Es ist nicht schön alt zu werden", sagst du dann.

Aber du bist schön, Oma.

Damals warst du der Schwarm jedes Jungen. Ich kenne deine Geschichten auswendig.

Du warst ein Wirbelwind auf der Tanzfläche. Lebensfroh und wunderschön.

Ich wäre so gern dabei gewesen. Mit dir Hand in Hand durch die Straßen gezogen. Zufrieden mit den Dingen, die man damals besaß.

Von stolzen Männern umgeben. Ganz anders als in der heutigen Konsumgesellschaft.

Ich werde dich immer in meinem inneren Auge sehen. Dein Lachen. Deine Freude. Dein Mut. Und deine Unerschütterlichkeit.

Hab keine Angst, Oma. Du bist der beste Mensch den ich kenne. Keiner wird dir weh tun. Nicht einmal dann, wenn es zu Ende geht.

Du wirst eines Tages, hoffentlich noch in weiter, weiter Ferne, auf die wundervollste Weise von uns gehen.

Und du wirst an den schönsten Ort kommen, den es da gibt. Ich bin mir bei nichts sicherer.

Du hast das Beste vom Besten verdient.

Ich bewundere dich, Oma.

Du hast das schönste Herz, das ich kenne.

Ich liebe dich.