Meine Gedanken gehören mir.
Ich kann und will sie mit niemandem teilen. Sie sind das einzige, das wahrhaftig, einzig allein, in all seiner Form mir gehört.
Ich kann denken was ich will und es geht niemanden etwas an.
Und selbst wenn ich sie mit jemanden teilen will, dann geht es nicht. Sie laufen davon, lassen sich nicht einfangen.
Sind nicht in Worte zu fassen.
Umso mehr ich versuche, zu denken an was ich denke, umso kaputter gehen meine Gedanken. Sie verstreuen sich, laufen wild durcheinander, vermischen sich, werden ein großes, wirres Ganzes.
Manche schreien mich an. Wütend. So laut sie können. Ein Gedanke versucht den anderen zu übertönen.
Und die anderen gehen in dieser wütenden Masse unter. Umso lauter die Masse wird, desto leiser werden sie. Bis sie verstummen.
Wie ich.
Je lauter die Masse, desto leiser, kleiner bin ich.
Schrei mich an, tob dich aus. Sei wütend, schimpfe mit mir. Hab keine Angst, es wird nichts passieren.
Ich werde hier sitzen und zuhören. Leiser werden, bis ich verstumme.
Ich werde mich anschreien lassen, von außen, von Dir, sowie auch von innen, von mir selbst.
Meine Gedanken sind mindestens so wütend, so tobend und so laut, wie Du es bist. Nur ich bin es nicht.
Ich sitze hier, leise und klein. Und Du hast recht, mit den Sachen die Du sagst. Ich verstehe Dich, glaub mir.
Ich verstehe nur mich nicht mehr. Alles schreit mich an. Ob es nun Du bist, oder alles in mir drin.
Alles ist zu laut, zu wütend und zu groß für mich. Es überwältigt mich, reißt mich nieder, nimmt mir die Luft zum Atmen. Wie eine viel zu große, schwere Welle im Ozean. Sie erdrückt mich, lässt mich ins Unendliche sinken.
Und dann bin ich dort gefangen. In den Tiefen in mir selbst. Um mich herum nur noch Dunkelheit. Alles ist dumpf.
Ein Schutzmechanismus meiner selbst. Ich verschwinde. Versinke.
Es gibt nichts mehr was ich sagen kann. Alle Gedanken verlaufen sich ineinander. Nichts ergibt mehr einen Sinn.
Du hast sie mir genommen.
Du hast mir so viel von mir selbst genommen. Stück für Stück. Schleichend, doch mit zunehmendem Tempo.
Anfangs bemerkte ich es gar nicht, doch jetzt ist es so glasklar und gleichzeitig doch so verschwommen.
Ich erkenne nichts mehr, ich erkenne mich nicht mehr. Nichts kann mich mehr retten.
Ich weiß nicht, wie Du es geschafft hast. Du kamst wie eine Welle. Anfangs leicht spielerisch um die Knöchel streichend. Doch am Ende kommt die Flut. Mit zunehmender Kraft nahmst Du immer mehr von mir ein. Du risst mich mit in den weiten Ozean.
Und nun schwimme ich dort alleine. Verloren. Mit meinen Gedanken und mit Dir.
Meine Gedanken sind nun das einzige, das mir noch geblieben ist. Doch auch sie helfen mir nicht mehr. Sie wollen keinen Sinn mehr ergeben. Sie haben mich aufgegeben.
Also was bleibt mir noch? Sag es mir.
Ich habe keine Kraft, um wieder an Land zu schwimmen. Es ist zu weit. Ich kann es nur noch erahnen. Dort in der Ferne.
Ich bin verloren.
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Gedankenmut
PoetryIn der Welt, in der wir leben, gehen Gedanken verloren. Sie gehen verloren, weil wir sie nicht denken wollen. Manche Gedanken sind unartig, manche sind verboten, manche unerwünscht. Wir wollen sie nicht denken. Dürfen nicht. Haben keine Zeit dafür...