Anders

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Du hast mich nie gefragt, was ich schreibe.

Du wusstest es. Manchmal, da schreibe ich.

Aber es hat dich nie wirklich interessiert.

„Gedanken", habe ich geantwortet. Oder „keine Ahnung".

Aber du wolltest es nie lesen.

Warum?

Für dich hat das Schreiben keine Bedeutung. Du bist kein Poet.

Für dich haben Worte keine solche Macht. Du sagst sie einfach. Ohne, dass du weißt, was sie mit mir machen.

Manchmal, da sind es Lügen. Zart eingewickelt in Blütenblätter. Wunderschön von außen.
Aber ich erkenne sie. Lasse mich nicht blenden, von dem Schein.

Manchmal, da sind es kleine Nadeln, die sich unter meine Haut und in mein Herz rammen.

Manchmal, da sind es auch Steine. Du legst sie auf mir ab. Stapelst sie. Bis es schwerer und schwerer wird. Ich dem Druck nicht mehr standhalten kann.

Manchmal, da sind sie auch einfach Luft. Ich spüre den Luftzug auf meiner Haut. Wie die Worte vorbeistreichen. Aber eigentlich sind sie leer. Ohne Bedeutung. So schnell wieder verblasst, wie sie aufgetaucht sind.

Du machst dir keine Gedanken, bevor du etwas aussprichst. Für dich sind es Worte. Bloße Worte können nämlich nicht weh tun, denkst du.

Nein, du bist kein Poet. Und auch kein Gedicht.

Du denkst viel. Über das, was dir weh tun könnte. Was ich mache. Wie ich lüge.

Aber bei allem denkst du an dich. Immer nur an dich. 

Aber du denkst nicht an den tiefen Sinn. Du denkst nicht nach, über die Bedeutung der Dinge. Bedeutung der Worte.

Du bist nicht tiefgründig. Mit dir konnte ich noch nie über diese Bedeutungen sprechen.

Deshalb kannst du mich vielleicht auch nicht deuten.

Meine Aussagen, die dich zutiefst verwirren. Du erkennst ihre Bedeutung nicht. Obwohl sie doch so schwerwiegend ist. So viel Gewicht hat, dass ich sie kaum noch tragen kann.

Aber du siehst sie nicht. Du hörst sie nicht. Und du kannst sie auch nicht spüren.
Du nimmst mir das Gewicht nicht ab. Hilfst mir nicht beim Tragen.

Für dich war ich immer nur verwirrend.

Ich bin vielleicht kein Poet, aber ich bin ein Gedicht.

Und du bist nichts davon.

Du hast mich nie gefragt, was ich schreibe.

Obwohl du es wusstest.

Hätte ich es dich lesen lassen, wenn du gefragt hättest?

Du hättest es sowieso nicht verstanden. Und wenn du mich verstehst, dann nur falsch.

Meine Worte hätten dich nur wütend gemacht. Denn davon trägst du so viel in dir. 

Du bist kein Poet. Und auch kein Gedicht. Deswegen weißt du nicht, wie du mit mir umgehen sollst. Und mit meinen Worten.

Meine Worte sind schwerwiegend. Behutsam ausgewählt. Voll von Bedeutung. Tiefgründig.

Deine Worte sind auch schwerwiegend. Für mich. Unbedacht ausgewählt. Von dir.

Ich bin vielleicht kein Poet, aber ich bin ein Gedicht.

Und du bist nichts davon.

Du hast mich nie gefragt was ich schreibe.

Obwohl du es wusstest.

Aber ich hätte es dich ohnehin nicht lesen lassen.

Du verstehst mich nicht, wenn ich spreche. Und wenn, dann nur falsch. Wieso solltest du mich verstehen, wenn ich schreibe.

Ich frage mich, ob du dich das eines Tages fragen wirst. Was ich geschrieben habe. 

Wirst du meine Worte eines Tages lesen?

Nein, du bist kein Poet. Und auch kein Gedicht.

Du bist anders. 

GedankenmutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt