Du machst mich so unglaublich wütend.
Du machst mich so wütend, dass ich manchmal das Gefühl bekomme, meine Wut aushusten zu müssen.
Wie ein riesiges, ekliges, schwarzes Fellknäuel.
Aber anstatt es auszuspucken, es dir ins Gesicht zu werfen, erstickt es mich.
Es steckt in meinem Hals und nimmt mir die Luft zum Atmen.
Hindert mich am Sprechen.
Du spuckst dein wütendes, ekliges Fellknäuel immer aus. Sofort. Wirfst es mir an den Kopf. Eins nach dem anderen. Jeden Tag.
Aber ich ersticke nur an meinem.
Egal wie sehr ich huste, würge, weine. Du wirst es nie an den Kopf bekommen.
Meine Wut wird für immer in meinem Hals stecken und mir langsam und qualvoll jeden Atemzug erschweren.
Und es tut so weh.
Es schmerzt so sehr all diese schwarze, dunkle Wut durch meine Adern fließen zu spüren, wie ein riesiger Hai im Ozean, der nach und nach alle kleinen, bunten, fröhlichen Fische auffrisst.
Er rottet alles aus, was da noch so herumschwimmt. Hinterlässt nur rote Schlieren, die sich mit jeder Welle mehr und mehr mit dem Wasser vermischen und es noch dunkler wirken lassen als es ohnehin schon ist.
Doch er kommt nie an die Oberfläche. Man wird ihn nie fangen.
Und es tut so weh.
Das alles fühlen zu müssen. Wie es brodelt. Wie ein Vulkan, kurz bevor er ausbricht. Kochend heiß. Unruhig.
Kurz davor, alles mit in den Untergang zu reißen. Alles Lebendige verbrennen und schmelzen zu lassen.Er bringt die Erde um sich herum zum Zittern und Beben. Versetzt alle in eine schreckliche, endlose Angst.
Doch er bricht nicht aus.
Vielleicht ist es die Gewohnheit, die dieses Fellknäuel in meinem Hals stecken lässt. Ich habe gelernt, mit ihm zu atmen. Mit dem knappen Sauerstoff auszukommen und zu überleben.
Vielleicht ist es die Furcht, diesem Hai eines Tages zu begegnen und bei lebendigem Leibe gefressen zu werden, weshalb ihn niemand versucht zu fangen.
Vielleicht ist es die Schwäche, des Vulkans. Seine Kraft ist nicht ausreichend genug, um die glühend heiße Masse auszuspucken und kilometerweit fliegen zu lassen.
Meine Wut, du wirst sie nie zu sehen bekommen. Mein Leiden wird nicht enden.
Du wirst nie mein schweres Fellknäuel an den Kopf bekommen. Ich werde immer nur deines spüren, wie du es aushustest, mir direkt ins Gesicht spuckst und einen Abdruck auf mir hinterlässt.
Du wirst nie den riesigen Hai entdecken, in meinem weiten Ozean. Ich werde immer nur die Rückenflosse des deinen erahnen, wie er um meine Beine streicht, während ich voller Panik versuche mich an der Wasseroberfläche zu halten.
Du wirst nie den Ascheregen sehen, der wie dicke Schneeflocken vom Himmel rieselt, gleich nachdem mein Vulkan seine über Monate angesammelte, heiße Masse auf das Land um sich herum spuckt. Ich werde immer nur deinen auf meiner Haut spüren, wie er mich langsam bedeckt.
Du wirst meine Wut niemals so zu spüren bekommen, wie ich deine spüre. Jeden Tag.
Denn meine Wut bleibt eingesperrt, in mir. Dunkel und verlassen, in einer viel zu engen Zelle mit viel zu wenig Licht.
Der einzige Weg, zu entkommen, ist gemeinsam, Stück für Stück, mit ihren kleinen, treuen Begleitern.
Die warm und salzig
Meine Wangen hinab laufen.
DU LIEST GERADE
Gedankenmut
PoetryIn der Welt, in der wir leben, gehen Gedanken verloren. Sie gehen verloren, weil wir sie nicht denken wollen. Manche Gedanken sind unartig, manche sind verboten, manche unerwünscht. Wir wollen sie nicht denken. Dürfen nicht. Haben keine Zeit dafür...