KAPITEL 38 | GAVIN

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SYDNEY UND DEAN sind so ekelhaft verliebt ineinander, dass mir augenblicklich schlecht wird, als ich deren Wohnung verlasse.

Von Anfang an habe ich gewusst, dass Dean ihr verfallen ist, aber dass Sydney es wirklich mit ihm aushält, hätte ich nicht erwartet. Es kommt mir vor, als wäre es erst gestern gewesen, als Dean mir von ihr erzählt hat. Seine Augen haben so komisch geleuchtet und er hat eine Art Dauergrinsen an diesem Tag aufgesetzt, während er über seine erste Begegnung mit ihr sprach.

Meiner Meinung nach ist an Sydney nichts Besonderes.

Wer auf Blondinen steht, ist bei ihr natürlich richtig. Ihr Haar ist so blond und hell, wie ich es noch nie bei irgendjemandem gesehen habe. Ihr Gesicht hat etwas Unschuldiges an sich, jedoch kann sie einem auch ein bisschen Angst einjagen, wenn sie wütend wird. Leider muss ich zugeben, dass Sydney sich überhaupt nicht wie eine typische Blondine verhält. Eigentlich ist sie sogar unheimlich klug, wie ich es gerade wieder mit eigenen Augen erfahren durfte. Fast wäre sie hinter alles gekommen, aber so klug ist sie dann eben auch nicht.

Trotzdem hat sie den Nagel auf den Kopf getroffen. Alles, was in der Gerichtsverhandlung über mich gesagt wurde, stimmt. Dass ausgerechnet Mrs Aplin herausgefunden hat, wie ich für Hollyn und Candice empfinde, ist nicht sehr prickelnd, aber ändern kann ich es jetzt auch nicht mehr.

Hollyn habe ich eindeutig vor Dean kennengelernt. Irgendein Kerl hat sie auf dem Campus bedrängt und außer mir ist niemand eingeschritten. Ich erinnere mich daran, wie ich Hollyn an der Taille an mich herangezogen und so getan habe, als wäre ich ihr fester Freund. Sie hat mitgespielt und von da an sind wir uns immer öfter auf dem Campus begegnet, fast so, wie in den vielen Liebesromanen, die sie so geliebt hat. Ständig schwärmte sie vor mir von irgendwelchen Typen aus ihrem aktuellen Buch und das alles hat mich natürlich nicht kaltgelassen.

Ich habe mich in Hollyn verliebt.

Wie kann man sie auch nicht lieben? Sie war selbstbewusst, aber nicht eingebildet. Sie war schlau, aber keine Klugscheißerin. Sie hat Witze gerissen, aber nie auf Kosten anderer. Sie ist mit Abstand das unglaublichste Mädchen gewesen, das ich je getroffen habe.

Bis Candice kam.

Candice, Dean und ich haben uns in der Highschool gut gekannt, sind dann aber irgendwie auseinandergedriftet, obwohl wir zufälligerweise alle dasselbe College gewählt haben. Bis heute finde ich diesen Zufall fragwürdig. Candice und ich haben uns wieder angefreundet, als sie von Deans Flucht erfahren hat und bereit war, uns zu helfen. Ich bin nicht blöd und wusste, dass sie das anfangs nur getan hat, weil sie auf Dean stand.

Und trotzdem habe ich mich auch in Candice verliebt.

Man muss zugeben: Hollyn und Candice sehen sich ziemlich ähnlich. Beide haben schwarze lange Haare, dunklere Haut und große braune Augen, auf die ich besonders stehe. Vielleicht habe ich deshalb Bronwyn um ein Date gebeten, immerhin passt sie ebenfalls in diese Kategorie.

Wenn ich mich zwischen all diesen Frauen entscheiden müsste, würde ich definitiv Hollyn wählen. Sie ist und war immer meine Nummer eins, wenn es darum geht.

Angespannt verlasse ich das Wohnheim und laufe die Straßen New Havens entlang. Es gefällt mir nicht, dass Dean sein Glück bei Sydney gefunden hat. Dass er immer und immer wieder sein Glück bei Frauen findet, meistens Frauen, bei denen ich mein Glück finden will. Es ist schon immer so gewesen und wird mich auch immer verfolgen. Auf der Highschool war es nämlich nicht anders.

Dass ich Dean noch nie leiden konnte, hat aber verschiedene Gründe. Bevor er des Mordes beschuldigt wurde, war er kein besonders guter Mensch. Er hat mit den Leuten und ihren Gefühlen gespielt, vor allem auf der Highschool. Hätte er mich nicht gekannt und gemocht, hätte er mich mit Sicherheit so behandelt wie jeden anderen. Dean war ein verwöhnter reicher Arsch und es hat ihm und seiner damaligen Clique auch noch gefallen.

Ich bin mir sicher, die ganze Sache mit Hollyn und der Flucht hat ihm schlussendlich gutgetan. Wie eine Wunderkur hat sie auf ihn gewirkt. Sydney hätte sich nämlich zu hundert Prozent nicht in den Dean von damals verliebt.

Ich kicke wahllose Steine von mir weg und stelle fest, dass ich gleich da bin. Meine eigene persönliche Hölle in Form eines alten Lagerhauses wartet auf mich, denn dort kann ich nicht mehr über die Dinge nachdenken, die passiert sind. Dort kann ich sie sehen.

Das Lagerhaus ist nicht groß und gut verschlossen. Außer mir kommt dort niemand rein. Ich muss lächeln, als ich die Tür aufschließe. Dean hat hier eine Zeit lang gewohnt und hatte keine Ahnung, mit wem er dort drinnen geschlafen hat. Er dachte die ganze Zeit, er wäre dort allein gewesen.

Die Dunkelheit und Stille umgibt mich, aber ich heiße sie willkommen. Die Einzigen, die noch von diesem Ort wissen, sind Kolin und Xander, aber sie trauen sich nicht hierher. Verständlicherweise. Hunter hätte ich es im Leben nicht erzählen können. Auch wenn Kolin und Xander in diesem Aspekt nicht auf mich hören wollen, so bin ich mir doch sicher, dass es stimmt. Hunter lügt, wenn er sagt, dass er auf unserer Seite ist. Alles, was er will, sind Antworten im Bezug zu Hollyn zu finden, aber Kolin wird ihm diese Antworten nicht geben.

Und Hunter wird somit gezwungen sein bei uns zu bleiben, weil er seine Schwester mehr liebt als jeder andere auf dieser Welt.

Wieder muss ich lächeln.

Aber nicht mehr, als ich es tue.

Dean Walker | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt