KAPITEL 43 | SYDNEY

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NERVÖS NESTLE ICH an meinem viel zu aufreizenden Kleid herum, auf das Candice bestanden hat. Das Mary's Diner ist extrem voll, noch voller, als ich beim letzten Mal mit Avery, meinem Bruder und meinen Eltern hier gewesen bin. Ich blende jegliche Stimmen aus, während ich den Blick durch das Restaurant schweifen lasse. Kolin ist weit und breit nirgends zu sehen und so langsam mache ich mir Sorgen, dass er vielleicht gar nicht mehr kommen könnte. Immerhin ist er bereits eine halbe Stunde zu spät.

Candice, Bronwyn und Peter sitzen am anderen Ende des Diners und haben die Köpfe hinter ihre Speisekarten gesteckt, um so wenig Aufmerksamkeit wie nur möglich auf sich zu schieben. Ich runzle die Stirn. Eigentlich macht sie der Speisekarten-Move noch auffälliger, weshalb ich beschließe Bronwyn eine Nachricht zu schreiben. Kolin ist schließlich nicht dumm und wird merken, dass ─

»Sydney-Britney.«

Ich bemühe mich darum, nicht die Augen zu verdrehen und hebe den Kopf. Candice hat Recht gehabt. Kolin hat sich tatsächlich genauso herausgeputzt wie ich und steht in einem eleganten Anzug vor mir.

Das hautenge schwarze Kleid fühlt sich trotzdem nicht richtig an.

Er setzt sich mir gegenüber an den Tisch und lässt sich reichlich Zeit damit, mich von oben bis unten zu mustern. »Du siehst richtig gut aus.«

Seltsam, wie kalt mich dieses Kompliment gerade lässt, während ich bei Dean immer knallrot werde. »Danke. Du ... ähm ... auch.«

Ich muss mich wirklich bemühen, nicht die Beine in die Hand zu nehmen und wegzurennen. Immer wieder erinnere ich mich selbst daran, dass ich das hier für Dean und mich mache, damit wir endlich unsere Ruhe vor Kolin haben. Am besten ich tue einfach so, als würde Dean vor mir sitzen, dann ziehe ich vielleicht kein ›Ich-will-hier-weg‹-Gesicht mehr.

»Tut mir leid für die Verspätung«, murmelt Kolin, während er nach einer Karte greift. »Gavin wollte mir nur noch etwas sehr Interessantes zeigen. Du würdest es bestimmt auch gerne sehen.«

Mein Handy liegt direkt neben mir auf dem Tisch, jedoch hat Kolin keine Ahnung, dass es alles, was er sagt, aufnimmt. »Ach ja? Was hat er dir denn gezeigt?«, will ich wissen. Meine Neugierde ist das einzig Echte in diesem Moment.

Kolin lächelt wissend. »Das erzähle ich dir erst, wenn ich mir ganz sicher sein kann, aus welchem Grund du hier bist.« Als ich darauf nichts erwidere, sagt er: »Was? Denkst du, ich weiß nicht, dass du nur wegen Informationen gekommen bist? Ich bin nicht dumm, Syd. Außerdem hast du mir letztens ziemlich klargemacht, was du von mir hältst, als du mich angeschrien und mir eine Ohrfeige verpasst hast.«

Kolin hat ja keine Ahnung, wie gern ich es wieder tun würde. »Ich bin hier, weil ich es will, Kolin, und weil ich endlich mit Dean abschließen muss.«

Lüge.

Doch er kauft sie mir ab und grinst. »Ich hatte so gehofft, dass du das sagst.«

Mir ist zum Kotzen zumute, als er nach meiner Hand greift und unser Finger ineinander verwebt. Das hat er früher auch immer gemacht, wenn wir zusammen essen gegangen sind. Nur hat es mir damals noch gefallen, weil vor mir kein potenzieller Psychopath gewesen ist.

Kolin entscheidet sich für eine Lasagne, während ich einen Nudelteller nehme. Er wird nicht ganz so gut wie der von Dean schmecken, aber wenigstens habe ich dann etwas, was mich an ihn erinnert und mich diesen Abend überstehen lässt. Ich bestelle außerdem einen alkoholischen Cocktail, der mich hoffentlich ein wenig lockerer werden lässt.

Als die Getränke gebracht werden, nehme ich einen großen Schluck. »Kann ich dich etwas fragen?«

»Natürlich, Syd.« Kolin nippt an seiner Cola und beäugt mich prüfend.

Dean Walker | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt