Die Nachricht erreicht mich am nächsten Tag, als ich in der Uni sitze. Eine Kommilitonin schiebt mir ihr Handy rüber und schaut mich fragend an: "Bist das du?" Ich schaue auf ihr Handy und sehe einen Zeitungsartikel mit Bild. Das Bild zeigt Martin und mich, wie wir uns gestern am Mainufer geküsst haben. Der engagierte Reporter von Tobias hat uns also wirklich abgelichtet. Ich scrolle nach unten, um den Artikel zu lesen.
Der Frankfurter Abwehrspieler Martin Hinteregger scheint nun endgültig in Frankfurt angekommen zu sein. Der 27-jährige wurde gestern Abend am Mainufer mit einer...
Mehr lese ich mir gar nicht mehr durch, denn es ist auf jeden Fall die Publicity, die Martins Berater haben möchte. Die Alkoholeskapaden werden dadurch in den Hintergrund rücken und der Focus wird vermehrt auf Martins Liebesleben gerichtet sein.
"Nein, die sieht mir nur ähnlich", lache ich und schiebe Johanna ihr Handy zurück. Zwar soll die Beziehung von Martin und mir öffentlich sein, aber ich möchte nun nicht, dass mich Johanna während der Vorlesung ausfragt. Wenn sie mich in der Mittagspause gefragt hätte, hätte ich es wahrscheinlich bejaht, dass ich es auf dem Foto bin. Sie akzeptiert meine Antwort und konzentriert sich weiter auf die Vorlesung.
Meine Gedanken schweifen stattdessen zu gestern Abend.
Martins Lippen liegen auf meinen. Ich bin so überrumpelt, dass ich zunächst gar nichts mache. Erst nach ein paar Sekunden fange auch ich an, den Kuss zu erwidern. Martin legt seine Hand auf meine Wange, während meine Hände in seinen Nacken ihren Platz finden. Ich weiß nicht, wie lange wir uns küssen, aber als wir uns voneinander lösen, sind wir beide außer Atem. Meine Hände liegen immer noch in seinen Nacken, genauso wie Martins Hand noch auf meiner Wange verweilt. Wir schauen uns eine ganze Zeit lang einfach nur an. Ich spüre seinen Atem auf meiner Haut, so nah sind wir uns. Relativ zeitgleich finden wir beide unsere Fassung wieder und nehmen die Hände vom jeweils anderen weg. Ich drehe mich wieder Richtung Mainufer. Martin legt wieder einen Arm und meine Schulter. Wir reden nicht. Ich möchte es auch kaum zugeben, aber ich wäre momentan nicht fähig dazu. Dieser Kuss hat mich wirklich aus der Fassung gebracht und dass, obwohl ich mit meinen Kunden noch viel weiter gehe.
Mittlerweile ist meine letzte Vorlesung vorbei und es ist schon 16 Uhr. Gedankenverloren packe ich meine Sachen zusammen und bewege mich als eine der letzten aus dem Hörsaal. Auf dem Weg nach draußen klingelt plötzlich mein Handy. Es ist Martin. Wir haben uns heute noch nicht gesehen, da ich bereits um 8 Uhr in der Uni sein musste und er noch nicht wach gewesen ist.
"Was gibt's", frage ich sofort.
"Hi Emma, ich hole dich ab. Ich warte auf dem Parkplatz", sagt Martin nur und hat dann auch schon aufgelegt. Ich wundere mich, woher er weiß, wann ich aus habe, da wir darüber nie wirklich geredet haben.
Kurze Zeit später stehe ich auf dem großen Parkplatz und halte Ausschau nach Martins Auto.
"Na Emma, wen suchst du denn?", spricht mich plötzlich eine bekannte Stimme an. Ich drehe mich um und blicke in das Gesicht von Leon. Ich kann ihn nicht leiden. Er denkt, dass er etwas besseres wäre und lässt seine überhebliche Art auch jeden spüren.
"Mein Abholung", antworte ich nur und probiere ihn zu ignorieren, doch er redet weiter.
"Ach, du hast einen Freund?", fragt er gespielt interessiert, "Wer ist denn der Glückliche." Ich blicke ihn an und hoffe, dass mein Blick schon genug aussagt, aber er fängt nur an zu grinsen.
"Was interessiert dich das", frage ich einfach nur, da er sich eigentlich gar nicht für das Privatleben anderer interessiert. Ich sehe Martins Auto bis jetzt immer noch nicht.
"Na ja, wir haben alle diesen Zeitungsartikel gesehen", fängt er an und ich drehe mich wieder zu ihm um. "Der Hinteregger knutscht da mit einer rum, die dir ganz schön ähnlich sieht. Ich wollte mal schauen, ob er dich vielleicht abholt."
"Das tut er auch", antworte ich gleichgültig. Es würde nichts bringen, Leon jetzt anzulügen. Sobald ein anderes Bild von mir in irgendeiner Zeitung auftaucht, wird man mich eh erkennen. Da ich Martin nicht finden kann, schreibe ich ihm eine Nachricht und frage, wo er steht und schicke sicherheitshalber meinen Standort mit.
"Wirklich?", fragt er nun tatsächlich erstaunt.
"Ja", antworte ich nur und sehe endlich Martins Auto aus der Ferne auf mich zufahren, "Da ist er."
Kurze Zeit später hält Martin vor mir an, sodass ich einsteigen kann. Da ich weiß, dass uns Leon weiterhin beobachtet, ziehe ich Martins Gesicht vorsichtig zu mir und gebe ihm einen kurzen Kuss. Als ich mich wieder von Martin löse, steht Leon nicht mehr an der Stelle, wo er gerade mit mir geredet hat. Ich drehe mich wieder zu Martin und grinse: "Hi erstmal, sorry, dass ich dich so überrumpelt habe."
Auch er grinst mich an: "Alles gut! War das ein Beweis, dass wir zusammen sind?" Martin startet seinen Wagen und fährt los. Auch er wird Leon gesehen haben.
"Ja, mein Kommilitone hat mich mit dem Zeitungsartikel genervt. Hast du ihn schon gesehen?"
"Ja, Kevin hat ihn mir gezeigt. Das Ziel, in der Zeitung zu landen, haben wir dann schon mal erreicht", lacht Martin und lenkt seinen Wagen sicher durch die Frankfurter Innenstadt. Das Radio untermalt unser Gespräch mit leiser Musik aus den Charts.
"Du hast mich auch ganz schön überrumpelt gestern", gestehe ich und schaue aus dem Fenster, damit Martin nicht bemerkt, wie meine Wangen rot werden.
"Das habe ich gemerkt", lacht Martin, "Wir müssen es ja nicht so häufig wiederholen." Als ich wieder zu Martin schaue, zwinkert er mir zu, was ihm gleich wieder zum Lachen bringt.
Um von vom jetzigen Thema ein wenig abzulenken, sage ich: "Wenn wir bei dir sind, gehe ich erstmal joggen." Meine Aussage setze ich auch kurze Zeit später um. Ich laufe am Mainufer entlang, überquere den Eisernen Steg und laufe auf der anderen Seite des Mains wieder zurück, um dann über die Deutschherrnbrücke zu laufen, um zurück zu Martins Wohnung zu kommen.
Als ich Martins Wohnungstür öffne, höre ich schon Stimmen aus dem Wohnzimmer.
"Hey", begrüße ich Marco und Kevin, die mit Martin auf dem Sofa sitzen. Ich gehe auf Martin zu, der mich sofort auf seinen Schoß zieht und einen Kuss auf die Wange gibt. Seine Arme umfassen mich, sodass ich mich an seine Brust lehnen muss.
"Nicht", lache ich, "Ich stinke." Immerhin trage ich noch meine Klamotten, in denen ich gerade Laufen gewesen bin. Ich befreie mich aus seinem Griff und rutsche auf den Platz neben ihn.
"So habt ihr euch doch kennengelernt", lacht nun Kevin und zwinkert uns zu. Etwas verwirrt schaue ich ihn an, da ich nicht weiß, was das Zwinkern bedeuten soll.
"Das stimmt", sagt Martin und fängt an, kleine Kreise mit seinen Fingern auf meinem Oberschenkel zu malen. Von dort aus verbreitet sich ein angenehmes Gefühl in meinen ganzen Körper, was mich lächeln lässt.
"Martin lass das", sagt nun Marco und wir schauen ihn beide verdutzt an. Martin nimmt aber tatsächlich seine Hand von meinem Bein.
"Ihr könnt uns nicht verarschen", redet Marco weiter und so langsam schwant es mir, was er gleich sagen wird.
"Ihr seit nicht zusammen."
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Liebe auf Umwegen
FanficEmma arbeitet während ihres Studiums bei einem Begleitservice und bekommt einen Auftrag, der ihr Leben verändern wird.