76. Hotelsuite (ein Bund)

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*Sebastian*

Ich stehe im Bad, reinige mich gründlich (viel gründlicher als nötig ist) und feuchte zwei Waschlappen mit warmem Wasser an um sie zusammen mit Handtüchern zurück zu meinen Spielgefährten zu bringen, da fällt mein Blick auf Marks Zimmertür. Ich sollte nach ihm sehen, schießt es mir in den Kopf und mache schon zwei Schritte darauf zu, als ich mir der Gegenstände in meiner Hand bewusst werde, wodurch ich zurück zu meinem Zimmer sehe. Aber ich muss mich doch auch um sie kümmern, habe ich verinnerlicht. Hin und her gerissen zwischen der Pflicht sich um die einen zu kümmern und die Sorge um den anderen wächst in mir eine neue Stärke heran, geboren aus tiefster Seele, die stets bereit ist, Entscheidungen zutreffen und die Führung zu übernehmen. Habe ich mich je vor einer Verantwortung gedrückt? Verdammt noch mal, niemals. Habe ich jemals vor einer Aufgabe kapituliert? Scheiße nein. 

'Verdammt Mark, wenn es das ist, was du willst werde ich dir in diesem einen Fall den Gefallen tun und mich darauf einlassen, aber dann nach meinen Regeln.'  Mit wieder gewonnener Selbstsicherheit, nachdem sich mein Tier von Sam ausgetrickst, verwirrt und schmollend zurück gezogen hat und neu gefundener Energie gehe ich zurück in mein Zimmer und werfe den beiden die Gegenstände zu, die ich für sie organisiert habe. "Du bist tatsächlich wieder da? Ich hab darauf gewettet, dass du dich wieder verkriechst,"  fordert mich Samantha neckend heraus und bringt Alex damit zum Kichern. Die beiden sind so in ihrem eigenen Glück gefangen, dass sie den Vierten in unserem Bund vergessen haben, doch ich werde ihnen beweisen, warum sie mich alle brauchen, denn ich scheine der einzige zu sein, der fähig ist, das große Ganze im Auge zu behalten. "Ich werde jetzt auch wieder gehen, denn ich muss mich um meinen besten Freund kümmern," erkläre ich rigoros und es tut mir kein bisschen Leid, dass ich den beiden damit ein schlechtes Gewissen mache, denn warum sollen sie das nicht mit mir teilen?

Ich stapfe zurück in Marks Zimmer, das ich jedoch leer vorfinde und rufe nach ihm. "Mark!" Statt dessen antwortet Alex mir. "Vielleicht ist er noch in meinem Zimmer." Er hat noch nicht ganz zu ende gesprochen, da bin ich bereits auf dem Weg dorthin, stoppe aber vor der Tür um mich erst mit einem tiefen Atemzug zu beruhigen. Dabei legt sich ein Schmunzeln auf meine Lippen bei dem Gedanken daran, was Mark dazu sagen würde, dass ich erneut seine Taktik benutze. Naja, herum brüllen ist jetzt definitiv keine Lösung. 

Ein warmes Gefühl für den treuesten Mann den ich je kennen lernen durfte breitet sich in mir aus und ich lasse es zu. Nur weil ich Angst vor der Trennung, der Enttäuschung und der Trauer hatte, habe ich mir versagt zu leben. Doch das Leben ist es wert und die Leere, die mich von Jahr zu Jahr etwas mehr getötet hat, ist nun auch nicht wirklich besser. Ist Verlust von etwas Gutem wirklich schlimmer als nie etwas Gutes zu erfahren?

Leise öffne ich die Tür und schaue hinein, rechne mit allem, Flüchen, fliegenden Gegenständen, sogar Tränen, wenn ich ehrlich bin am ehesten mit Tränen und wenn ich noch ehrlicher bin, sind sie die Reaktion die ich am meisten fürchte. Doch im Zimmer rührt sich nichts. Ist er doch nicht hier? Vorsichtig schlüpfe ich hinein und sehe seine Kleidung auf dem Boden liegen.  Erst jetzt werde ich mir meiner eigenen Nacktheit wieder bewusst, doch sie stört mich nicht. Dann sehe ich seine braunen Haare unter der Bettdecke hervor gucken und schleiche mich an ihn ran. 

Er ist ein Soldat und hat die selben Sinne wie jeder von uns, doch auch ein Soldat ist irgendwann zu erschöpft um aufzuwachen, wenn er einmal tief schläft. Der Tag war lang und für ihn sicher auch emotional sehr erschöpfend, wir hatten außerdem auf der Party das eine oder andere Glas Alkohol und tatsächlich sind wir zeitlich schon viel zu nah am Morgen, als dass man es noch überzeugend Nacht nennen könnte. Ich überlege kurz meine Optionen. Ich könnte ihn wecken und mit ihm reden? Gott, er sieht gerade so friedlich aus und im Grunde bin ich selbst zu müde um mich jetzt seinen Vorwürfen zu stellen. Soll ich ihn wieder alleine lassen? Nein, keine Sekunde länger. Also schlüpfe ich kürzer Hand zu ihm ins Bett, lege mich weit an den Rand um ihn nicht zu bedrängen und nur meine Hand auf seiner Hüfte ab während ich meinen unteren Arm als Kopfkissen benutze.

Die Scharfschützin ✅Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt