𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 𝟓.𝟏: 𝐈𝐨𝐬𝐤𝐚𝐝

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»Die Zukunft gehört denen, die an die Wahrhaftigkeit ihrer Träume glauben.«

- Eleanor Roosevelt

- Eleanor Roosevelt

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Lügen über Lügen. Es gab kaum schlimmeres in Helenas Augen. Die Vermutung des Heilerlehrlings, dass Yorick ihr Vater sei, brachte all die qualvollen Erinnerungen zum Durchbruch. An sie. Fia. Ihre Mutter, die einst ihre Familie im Stich ließ. Helena versuchte krampfhaft die aufkommenden Bruchteile dieser Zeit, zusammenhanglose Bilder und Gefühle, zu unterdrücken. Sie wollte nie wieder den Schmerz erleiden, nie wieder eine solche Enttäuschung erleben.

Die Rothaarige versuchte die Fetzen der Erinnerungen zu packen und so weit wie möglich nach hinten in ihr Gehirn zu schleusen, eingesperrt in eine dunkle, gesicherte Schublade. Sie wollte diese nie wieder öffnen, denn der Inhalt durfte nicht das Licht erblicken.

Es war erschreckend, dass der Heilerschüler die Blutsverwandtschaft offenbar sofort erkannt hatte. Die junge Frau atmete zum letzten Mal den Kräuterduft der Rabenmaske, die sie noch immer trug und zum ihrem Glück ihren verzerrten Gesichtsausdruck verbarg, ein. Mit dem Absetzten der Maske erlangte sie ihre Selbstbeherrschung wieder und die kurze Reise in ihre Memoiren war fürs erste beendet. Dankbar schnappte die Rothaarige nach Luft, dennoch blieb der Kräuterduft einige Zeit in ihrer Nase.

Sie überreichte dem Jungen seine Maske und murmelte ein halbwegs verständliches »Danke.« Ihre Gefühle waren im Zwiespalt. Einerseits hatte Nael ihrem Vater geholfen und ihr zusätzlich zu aller Wahrscheinlichkeit nach ihr Leben gerettet, wobei sie immer noch nicht den Grund dafür wusste. Andererseits kannte er ihr sorgfältig behütetes Geheimnis, die Verwandschaft zu dem Buchdrucker. Damit wusste er auch, dass Yorick ein Verfluchter war, bestraft mit einer Ioskas.

Wie Helena doch dieses Wort hasste. Die Menschen fürchteten sich so sehr vor ihnen, dass sie sogar einfach ein völlig neues Wort für ihre Art von Mensch erschaffen hatten. Ein Wort, welches weit und breit in Elidor gefürchtet war. Sie war der Feind in der Rolle einer holden Magd, die immerzu ihr Haar bedeckte. Sie war eine Ioskas, eine Verfluchte, vor denen die Völker in panische Angst flohen. Und wenn Nael nur einen Hauch von Intelligenz zwischen seinen Ohren besäße, würde er ebenfalls das Weite suchen und sie beim König melden.

Der Lehrling hingegen nahm mit einem angedeuteten Lächeln die Rabenmaske entgegen. »Gern geschehen.« Bei seinen Worten drehte sich Helenas Magen förmlich um. Diese pure Höflichkeit war kaum zu ertragen. Warum zum Kuckuck war dieser Junge bloß so nett zu ihr? Ihm sollten vor Angst die Beine schlottern!

»Ich sollte jetzt gehen. Die Gefahr scheint vorüber zu sein.«
Welch eine hervorragende Idee!
»Fürs erste«, fügte er hinzu. Fürs erste? Was meinte er damit? Sollte es eine indirekte Drohung an sie sein? Er wand sich von ihr ab und lief zur Tür, die die königlichen Ritter erst vor ein paar Minuten passiert hatten. Das war's also?

Verunsichert eilte sie ihm nach, griff reflexartig nach seinem Arm und packte zu, als ihre Finger den erstbesten Stoff erwischten. Sie zog den überraschten Heiler zurück und veranlasste ihn damit, sich ihr abermals zuzuwenden. Es war wie die Berührung von Feuer und Erde.

Der Bund der RabenmaskenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt