„Die Türe geht immer noch nicht auf."
Die alte Dame seufzt. Ich stehe wieder auf, lasse meinen Anhänger aber in Schloss stecken.
„Es war dann eben der falsche Schlüssel." meint Janosch und rutscht auf den Boden, um alles genauer zu begutachten.
Ich glaube das jetzt nicht. Endlich habe ich einen Nutzen für meinen Anhänger gefunden, den ich nun schon seit drei Jahren an meinen Hals hängen habe, vielleicht - nein vermutlich - sogar länger. Aber es funktioniert nicht!
„Zu alt und verrostet?" vermutet Peer.
„Nein, das kann eigentlich nicht sein. Hier ist es ja nicht feucht."
„Und auf der anderen Seite?"
„Da ist es auch nicht feucht weil da ein riesiger Schatz versteckt ist!", schreit Janosch aufgeregt „Los, wir können doch die Türe aufbrechen!"
Er haut mit seiner Faust auf das Eisen, dabei wackelt der sonderbare Schlüssel und fällt heraus.
„Nicht! Du könntest etwas kaputt machen!" ruft Mareike und zieht den Jungen mit den dunkelblonden Haaren vom Boden hoch.
Da knirscht es wieder.
„Schaut! Ich wusste es. Man muss einfach nur anklopfen, so wie es sich gehört!"
Die Bodenfliese neben meinem Fuß bewegt sich. Was ist das denn? Ich springe zur Seite. Peer kommt ein Stück näher heran, Mareike hält Janosch fest, der so aussieht als würde er am liebsten sofort hinspringen um irgendetwas Wichtiges zu entdecken. Oder es aus versehen kaputt zu machen.
„Natürlich! Man muss den Schlüssel wieder herausziehen.", murmelt der ältere Mann.
Die Fliese ist jetzt fast zehn Zentimeter im Boden versunken, plötzlich bleibt sie ruckelnd stehen. Von der Seite fährt jetzt, ebenfalls knirschend eine Steinplatte in der selben hellgrauen Farbe wie die Eisentür an die Stelle der Bodenfliese. Mit einem Klick bleibt sie stehen. Ich beuge mich vor. Auf der Platte steht etwas:Wenn diese Steinplatte nach oben gefahren ist, dann war der Schlüssel der falsche, denn es gibt zwei, einer für diese Türe, einer für die andere, tief im Wald. Von innen kann man beide Türen immer öffnen, von außen kann man nur hinein, wenn man der Erbe oder die Erbin des Schlüssels ist, oder diesen auf andere Art und Weise erlangt hat. Um die Platte wieder im Boden zu verstecken, einfach den falschen Schlüssel wieder hineinstecken, umdrehen und wieder herausziehen.
„Der Erbe oder die Erbin des Schlüssels..." flüstert Peer, „Wer auch immer diesen Mechanismus entworfen hat, war ein großer Erfinder, denn von so etwas habe ich bisher nur in Büchern gehört. Und jetzt in unserem Haus!"
„Nein, Peer. Nicht in unserem Haus. In Lucies Haus! Denn sie ist ganz klar die Erbin des Schlüssels."
„Dahinter ist ein Gang, der zu einem Raum mit Schätzen führt und dann ist da wieder ein Gang der in den Wald führt!", erklärt Janosch uns „Und dein Schlüssel passt nur zu der Tür im Wald!"
Das stimmt, eigentlich logisch. Bis auf das mit den Schätzen. Und um herauszufinden, was zwischen den beiden Eingängen liegt, muss ich im Wald nach einer Tür suchen.
Ich glaube nicht, dass im Wald eine Türe ist. Es wird eher eine Falltür im Boden sein, getarnt als Gulli oder so.
Janosch übersetzt meine Vermutung und fügt auch gleich noch hinzu was ich als Nächstes überlegt hätte. Nämlich dass dort vielleicht Dinge von meinen Eltern, meiner Familie, meiner Vergangenheit drinnen sein könnten, in einem versteckten Raum.
„Dann müssen wir diesen Gulli im Wald finden!"
„Das wird schwer. Der Wald ist riesig und ich glaube nicht dass der Eingang direkt hinter diesem Haus liegt. Vielleicht weiß dein Freund Nico es, er war doch mit dir befreundet und kannte deine Eltern."
Die Betonung liegt auf war. Wobei ich mir auch da nicht ganz sicher bin...
„Was meinst du damit?" fragt Janosch.
„Was hat sie gesagt?" fragt Peer.
„Was meint Lucie mit was?" fragt Mareike.
Übersetz doch erstmal!
„Oh. Also, Lucie ist sich nicht mehr so sicher ob sie mit ihm befreundet war oder ist. Und was meinst du jetzt damit?"
Dass ich mir nicht so sicher bin, ob er die Wahrheit gesagt hat.
„Hä? Check ich nicht."
„Bitte Janosch, wir wissen doch überhaupt nicht was Lucie gesagt hat!"
„Sie ist sich nicht so sicher ob Nico die Wahrheit gesagt hat... jetzt erzähl halt mal genauer!"Nachdem ich meinem Bruder - und der dann Mareike und Peer - meine Theorie über Nico erzählt, die Steinplatte genau studiert und diese dann durch erneutes Einstecken, Drehen und Herausziehen des Schlüssels wieder eingefahren habe, gehen wir wieder nach oben in die Küche wo wir wieder in den Genuss des übrigen gestrigen Pflaumenkuchens kommen. Während des Essens überlegen wir, wie wir den anderen Eingang finden können. Denn was auch immer dort drinnen ist, es hilft bestimmt weiter, das Geheimnis um mein Verschwinden, Auftauchen und meiner Eltern zu lösen.
„Ihr seid bei uns immer willkommen, das wisst ihr doch!" ruft Mareike zum Abschied.
„Kommt bald wieder und erzählt uns was ihr noch herausgefunden habt." meint Peer.
Ich nicke und winke.
„Tschüss bis bald und der Kuchen war lecker!" schreit Janosch noch.
Dann wendet er sich Tommy zu, dem er ja versprochen hat über den Parcours zu fahren.
„Tut mir leid, Tommy, heute kann ich nicht mehr. Aber ich komme bestimmt oft wieder, dann können wir mal was machen."
„Okay. Tschüss Janosch!"
Wir winken Tommy, Mareike und Peer zu, schwingen uns auf die Fahrräder und fahren los in Richtung zu Hause.„Sagst du mir, worum es bei der ganzen Sache geht?"
Janosch fährt auf der leeren Landstraße mit seinem Fahrrad neben mich. Ich schüttele den Kopf.
„Wir könnten auch anhalten. Bitte, Bitte, Bitte!"
Ich schüttele wieder den Kopf.
„Och Lucie."
Ich seufze. Selbst wenn ich ihm was erzählen wollte - was ich nicht will - dann müssten wir jetzt absteigen nur damit ich ihm eine ewig lange Geschichte erzähle.
„Komm schon, steigen wir ab. Wer ist Nico? Dein Freund? Hm? Hm?"
Ich schüttele den Kopf, Janosch nervt!
„Gut, ich stelle dir Fragen die du mit Ja und Nein beantworten kannst. Du versuchst etwas aus deinem alten Leben herauszufinden?"
Ich schüttele den Kopf und halte an.
Janosch, das geht dich nichts an. Ich habe dich nur mitgenommen, weil ich jemanden zum übersetzen brauchte!
„Ich bin auch bei Peer und Mareike eingeladen! Ich will nicht ausgeschlossen werden! Sonst sag ich das Mama und Papa!"
Mach das. Aber bitte, du musst verstehen, dass das nur mich was angeht!
„Ja verstehe ich doch. Trotzdem."
Nein.
„Warum?"
Keine Diskussion.
Janosch starrt mich böse an. Oh je.
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STUMM
Teen FictionReden ist Silber, Schweigen ist Gold? ¸¸.•*¨*•♫♪¸¸.•*¨*•♫♪¸¸.•*¨*•♫♪¸¸.•*¨*•♫♪¸¸.•*¨*•♫♪¸¸.•*¨*•♫♪¸¸.•*¨*•♫♪ Ich bin stumm. Das heißt ich rede nicht. Nie. Vielleicht konnte ich es einmal. Jetzt nicht mehr. Ich habe es versucht, ein paar mal. In mein...