Migas p.o.v.
Ich verstand seine Aussage nicht. Ich blickte ihn verwirrt an, aber sein Gesicht zierte nur ein siegessicheres Lächeln. Seine Augen lagen die ganze Zeit auf mir, bis er schließlich aus dem Saal geführt wurde. Erst dann schaffte ich es wieder kontrolliert zu atmen, was mir nun auffiel. Ich hatte größtenteils die Luft angehalten und nur kleine Atmenzüge gehabt, weil ich so angespannt gewesen war.
"Alles ok, Miga?", fragte mich meine Mutter sanft und legte ihre warme Hand auf meinen Unterarm. Ich nickte nur als Antwort, bevor ich mich erhob und auf den Ausgang zusteuerte. Es war vorbei. Es war endlich vorbei. Aber seine letzten Worte spukten mir so sehr im Kopf herum, dass ich nicht klar denken konnte. Ich musste unbedingt an die frische Luft und dieses Gebäude verlassen, das nur negative Emotionen in mir hervorrief.
Ich kämpfte mich alleine durch die Menschenmassen und stieg schnell in die Bahn, die mich wieder zu meiner WG bringen würde. Während des ganzen Weges wiederholten sich seine Worte immer und immer wieder in meinem Kopf. Was wollte er mir damit sagen? Oder war diese Aussage überhaupt gar nicht auf mich bezogen? Was war nur los mit mir? Warum beschäftigte ich mich überhaupt damit? Warum war es mir nicht einfach egal? Er würde nun für die nächsten Jahre hinter Gittern sitzen und nicht mehr in der Lage sein, irgendetwas zu tun. Aber dieser Gedanke beruhigte mich nicht. Er hatte Zweifel in mir gesäht, die leider immer weiter sprossen.
Ich hatte mich in den kleinen Park in der Nähe unserer WG auf eine Bank gesetzt. Die Sonne heizte bereits die Luft auf, sodass es bestimmt schon mindestens 26°C warm war und die vereinzelten Schleierwolken halfen dagegen nicht sonderlich. Kleine Schweißperlen bildeten sich schon an meiner Stirn und ich bereute gerade, dass ich mich so warm angezogen hatten, auch wenn diese Kleidung für die Gerichtsverhandlung angemessen war.
"Na alles gut?", fragte eine Stimme neben mir, die augenblicklich meinen Blick vom Himmel zu der Stimme wandern ließ.
"Woher wusstest du wo ich bin?", fragte ich sie und machte demonstrativ etwas Platz, damit sie sich neben mich auf die Bank setzen würde.
"Du gehst doch gerne hierher und du warst nicht in der Wohnung, deshalb dachte ich, dass du hier sein würdest", meinte Sumi und lächelte mich sanft an. Ihre Augen glitzerten seltsam und ich ihre versuchte sie zu erforschen, bevor ich nickte als Antwort und wieder in den Himmel blickte.
"Also? Wie fühlst du dich jetzt? Was geht dir doch den Kopf?", wiederholte Sumi ihre Frage und sah mich mitfühlend an.
"Ich weiß es nicht. Ich bin verwirrt und irgendwie überfordert, obwohl ich Monate Zeit hatte, um mich auf diese Situation vorzubereiten", antwortete ich.
"Nicht auf diese Situation. Du konntest nur die Möglichkeiten in deinem Kopf durchspielen. Es in echt zu erleben, ist aber etwas anderes", meinte sie und strich mir dabei über den Rücken.
"Ich weiß, dass es hart für dich sein muss, dass er nur 6 Jahre bekommen hat und all die Dinge, die er dir angetan hat vor den Veröffentlichungen der Artikel über Taehyung, nicht bestraft werden. Aber deshalb heißt es nicht, dass wir dir nicht glauben oder dass es nicht der Wahrheit entspricht. Es bedeutet nur, dass es nicht zweifelsfrei belegt werden kann", versuchte Sumi sanft etwas zu erklären, was ich bereits nach meinem ersten Gespräch mit den Polizisten im Krankenhaus erfahren hatte. Es gab keine Beweise für all diese Dinge, die er über Monate gemacht hatte. Es stand Aussage gegen Aussage.
"Ich weiß, Sumi. Damit habe ich schon abgeschlossen", meinte ich und vernahm im nächsten Moment ein Klingeln meines Handys. Ich nahm es aus meiner Tasche und sah, dass Jungkook mich anrief, aber ich schaltete es einfach aus. Sumi sah mich fragend an, aber ich wollte gerade nur alleine sein. Ich brauchte einen Moment, um alles zu verarbeiten und zu hinterfragen, was er gemeint haben könnte. Ich hasste es, dass es mich so sehr beschäftigte, aber da der Gedanke sich bereits in meine Gedanken gefressen hatte, musste ich ihm nachgehen, damit es besser werden konnte.
"Aber ich brauche einen Moment bitte", murmelte ich nur und merkte wie Sumi etwas sagend verschwand, aber meine Gedanken waren zu vernebelt, um irgendetwas verstehen zu können.
Die nächsten zwei Tage verbrachte ich größtenteils in meinem Bett. Ich lies mich einfach so treiben und versuchte all meine Erinnerungen und Gedanken an Hwang Jiho in einer Kiste zu verstauen, die ich dann zusammen mit seiner Visage ins Jenseits schicken konnte. Mein Handy hatte ich während der gesammten Zeit aus und hatte mich stattdessen in Bücher gestürzt, deren Inhalt ich allerdings nicht hätte wiedergeben können, obwohl ich sie alle durchgelesen hatte. Gelesen, aber nicht aufgenommen und verarbeitet.
Schließlich am Abend vom zweiten Tag vernahm ich ein leises Klopfen an der Tür. Ich drehte mich nicht zur Tür, sondern blickte weiter starr auf mein Buch, in dem ich seit einer halben Stunde auf der Seite 147 stecken blieb.
"Miga? Bist du wach?", fragte eine leise Stimme. Ich reagierte nicht. Ich wusste nicht so recht, was mich zu diesem Punkt gebracht hatte, aber ich hatte vermutlich kein Ziel vor Augen für das es sich zu kämpfen lohnte. Meine Schwimmkariere hatte ich nach dem letzten Vorfall, bei dem ich fast ertrunken wäre, vorerst auf Eis gelegt und in meinem Job hatte ich noch nie wirklich gerne gearbeitet. Das Team war nett, aber eigentlich hatte ich es nur getan, um mir meinen Schwimmtraum finanzieren zu können und nun. Nun fehlte mir jegliche Richtung, in die ich laufen sollte.
"Miga?", erklang wieder die Stimme, die ich Juhee zuordnete. Sie hatte ich in den letzten beiden Tagen gar nicht gehört. Sumi hatte einige Male nach mir gesehen, aber nie Juhee. War es jetzt etwa etwas besonderes.
"Ich muss mit dir sprechen", meinte sie weiter und ich hörte, dass sie die Tür hinter sich schloss und auf mein Bett zugeschlichen kam. Ich hatte ihr noch immer den Rücken zugedreht und wusste nicht so recht, was ich nun tun sollte.
"Es ist wichtig, ich finde, dass du wissen solltest, dass", sie wurde durch Sumi unterbrochen, die schlagartig die Tür auffriss und dann anscheinend stockte, bevor sie sprach:
"Oh hast du ihr schon davon erzählt, Juhee?"
"Nein, ich wollte es gerade, aber dann kamst du und da du das iniziiert hast, solltest du es ihr am besten auch erzählen", kam es nun von Juhee und sofort kam Sumi auf mich zugelaufen und sprang halbwegs auf mein Bett.
"Komm, Miga. Wir haben eine Überraschung für dich, die du nicht verpassen willst und es ist auch irgendwie schon etwas eilig, also solltest du schnell deine Sachen packen, damit du es nicht verpasst", meinte sie und lehnte sich nun in mein Blickfeld. Aus müden Augen sah ich sie an, was sie nur noch weiter befeuerte mich zu motivieren:
"Ach komm schon, Miga. Du hast jetzt genug herumgelegen. Dir fehlt doch sicherlich die Action und die Gesellschaft", meinte sie, während ich sie einfach nur ansah. Ich wusste es nicht. Ich war noch immer auf der Suche in mir nach Antworten. Würde mir das bei der Suche helfen.
"Nun sag es ihr endlich", erklang Juhees genervte Stimme.
"Du fliegst nach Osaka", rief Sumi aufgeregt aus. Ich sah sie mit zusammengezogenen Augenbrauen an. Was sollte ich ihn Osaka?
"Sag mir bloß nicht, dass du nicht weißt, was gerade in Osaka ist. Oder besser wer", meinte sie und strahlte übers ganze Gesicht, was mich irgendwie auch mit ansteckte.
"Jungkookie", murmelte ich und spürte wie sich Tränen in meinen Augen sammelten.
"Genau. Also beweg deinen Arsch aus deinem Bett und pack deine Sachen, damit du morgen früh um 4 Uhr aufstehen kannst. Dein Flug geht um 7 Uhr am Gwangju Airport und du solltest da nicht zu spät sein", meinte sie schmunzelnd und ich zog sie danach in eine feste Umarmung. Hoffentlich war das ein Start ein einen neuen, besseren Lebensabschnitt. Einer, der nicht nur Gewissheit in meiner Zukunft bereit hielt, sondern auch Gewissheit in der Liebe.
DU LIEST GERADE
I'm Fine - BTS FF
FanfictionKim Miga ist eine der bekanntesten Personen in ganz Südkorea. Sie ist eine der erfolgreichsten Schwimmerinnen, die das Land je hatte und dazu noch die Schwester des Idols Kim Taehyung. Aber neben diesen Erfolgen kämpft sie noch immer mit den Folgen...