Kapitel 26

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Jungkooks p.o.v.

"Jungkookah", rief mich Yoongi lautstark, als er in den Aufenthaltsraum gelaufen kam. Seine Miene schien erst versteinert, aber kurz darauf konnte ich ein kleines hinterhältiges Lächeln erkennen. Ich sah ihn forschend an und wartete bereits aufmerksam auf seine nächste Handlung.

"Hast du dich schon auf deine Wettschulden vorbereitet?", fragte er grinsend und hatte dabei offenbar noch die Challenge im Kopf, die er gestern spontan hervorgezaubert hatte. Jimin, Tae und ich hatten sie machen müssen und ich war im Gegensatz zu den anderen fürchterlich gescheitert, wobei ich nicht einmal genau sagen konnte woran es gelegen hatte. Wir sollten gegeneinander in einem Spiel antreten, in dem wir richtig und schnell auf auditive und visuelle Reize reagieren sollten. Und meine Reizleitung schien gestern so langsam zu sein, dass ich mich nun heute mit den Wettschulden befasst machen musste.

"Natürlich. Wir könnte ich das vergessen", entgegnete ich ihm erschöpft grinsend, bevor ich mein Handy zückte und nach einer Nachricht von Miga sah. Sie hatte seit mehr als einer Woche nicht auf meine Anrufe und Nachrichten reagiert, obwohl wir sonst täglich miteinander im Kontakt gestanden hatten, weshalb ich mir inzwischen wirkliche Sorgen machte. 

"Und hat sie dir geantwortet?", erkundigte sich Taehyung, der sich seufzend neben mich auf die Couch fallen lies. Die Anstregung und Strapazen der letzten Monate standen ihm ins Gesicht geschrieben und ich war mir sicher, dass alle zu einem gewissen Maße froh waren, wenn nach dem heutigen Konzert wir erstmal ein paar Tage Pause hatten.

"Nein, ich hab nur mit Sumi gesprochen und die meinte, dass es ihr soweit ganz gut geht. Ich weiß nicht was los ist bei ihr", erzählte ich ihm und betrachtete die Regungen in seinem Gesicht, die meine Aussage hervorriefen.

"Sie hätte nicht zu den Verhandlungstagen gehen dürfen und wieder ins Team zurückkehren. Ich habe bei beidem kein sonderlich gutes Gefühl", erklärte er und blickte mich an, woraufhin ich bloß stumm nickte. Ich wusste wie sehr es Tae verletzt hatte, dass Miga trotz ihres Versprechens zu den Verhandlungstagen gegangen war und ich konnte mir in etwa ausmalen welche Gedanken wieder in ihm spukten, weil ich ähnliche bei mir vermutete. Wir beiden hatten Angst, dass sie die neusten Entwicklungen wieder herunterziehen würden und sie alle Fortschritte, die sie seit ihrer Rettung gemacht hatte, über den Haufen warf.

"Wir müssen sobald wir übermorgen wieder nach Seoul fliegen sofort Kontakt zu ihr aufnehmen", schlug ich vor und brachte Tae dadurch dazu wieder etwas Freude auf seinen Gesichtszügen zu zeigen.

"Ich freu mich übrigens schon auf deine Show nachher. Ich bin schon gespannt was Army dazu sagen werden", flachste er mit mir. 

"Sehr witzig. Du kannst dich mir gerne anschließen", entgegnete ich, woraufhin er sofort lachend die Arme ausstreckte.

"Ne ne, Jungkook. Du hast dich selbst in die Lage gebracht. Jetzt zieh mich nicht mit darein"

Wir sprachen noch einen kurzen Moment und gingen schließlich gemeinsam mit den anderen und einem Director erneut durch, wann wir wie die letzten zusätzlichen Aktionen einbauen wollten, bevor sich Sejin und Hobeom zu uns gesellten.

"Wir mussten den Flug verschieben. Wir fliegen gleich nach dem Konzert wieder zurück, damit wir in keine Terminkollisionen kommen und ihr trotzdem etwas Ruhe bekommt", erklärte Sejin ruhig und sah uns dabei ernst, aber dennoch warm an. Seine Entscheidungen versuchte er immer bestmöglich in unserem Sinne zu treffen und das wussten wir auch, weshalb wir ihm selten richtig böse waren. 

Kurz nach unserem Gespräch machten wir uns fertig für den vorletzten Soundcheck auf dieser Tour. Ein Gefühl der Wehmut erfasste mich, als ich an die unvergesslichen Momente zurückdachte und daran, dass wir nun nach der kurzen Pause und den letzten beiden Konzerten erstmal nicht so schnell wieder auf der Bühne stehen würden. Zumindest nicht in einem derartigen Rahmen. Und auch wenn die Tour jegliche Energiereserven verzehrte, so entstanden doch auch gerade durch sie einzigartige Momente für die Gegenwart und die Zukunft.

Als ich leicht angeschwitzt nach dem Soundcheck wieder zurück in den Aufenthaltsraum kam, sah ich, dass mich gerade jemand anrief. Sofort nahm ich den Anruf an.

"Hallo, Jungkook", erklang Migas Stimme am anderen Ende der Leitung. Sie schien fröhlich zu sein, auch wenn ein Unterton in ihrer Stimme vibrierte, den ich nicht genau in eine Richtung einordnen konnte.

"Hey, Miga. Wie geht es dir?", fragte ich sofort und versuchte die Ruhe zu bewahren und nicht zu überladen zu sein. Denn irgendwie erfasste mich in diesem Moment die Wut. Eine Fernbeziehung funktionierte nicht so, wie es in der letzten Woche gelaufen war.

"Ganz gut und dir? Wie geht es deinem Fuß?", fragte sie, woraufhin ich einmal seufzend den Kopf schüttelte.

"Was war los, weshalb du nicht antworten konntest? Wieso genau hast du nicht nur mich, sondern auch deinen Bruder einfach so Tagelang ignoriert?", spuckte ich ihr allerdings Fragen entgegen ohne auch ihre einzugehen. Ich hatte versucht mich zu kontrollieren, aber der Frust, der in den letzten Tagen dank ihr in mir gedeiht war, floss einfach so unlenkbar aus meinem Mund heraus.

"Jungkook", seufzte sie am anderen Ende und meine Aufmerksamkeit war bis zum Anschlag am Arbeiten. Ich wollte gute Antworten von ihr bekommen, allerdings blieb sie für eine Weile ruhig, weshalb ich wieder das Wort ergriff.

"Soweit sind wir also schon, dass wir nicht mehr miteinander reden können? Miga, ich habe wirklich alles versucht dich in den letzten Monaten so gut es ging zu unterstützen, aber scheinbar war das für dich selbstverständlich, wenn ich nicht einmal eine Erklärung verdient habe", sprach ich wieder aufgeladen. 

"Jungkook, bitte beruhige dich. Ich möchte es dir wirklich erklären, aber ich möchte dich dafür sehen. Es ist viel passiert in den vergangenen Tagen und ich hatte den Kopf ziemlich voll mit einigen Dingen, sodass ich nicht wirklich viel Zeit hatte an andere Dinge zu denken. Es tut mir leid, dass es so gelaufen ist. Ich wollte nicht, dass du deshalb an deinen Gefühlen zu mir oder unserer Verbindung beginnst zu zweifeln", sagte sie ruhig, aber dennoch konnte ich ein leichtes Zittern in ihrer Stimme ausmachen.

"Kein Zweifeln, Miga. Ich weiß genau, dass ich dich liebe und genau deshalb war es auch so bescheiden von dir, dich einfach tagelang nicht auf Nachrichten oder Anrufe zu melden. Denkst du, dass ich einfach hier herumsitzen kann, 1.200 km von dir entfernt, und mich nicht darum schere wie es dir geht? Denkst du wirklich so über mich?", fragte ich und spürte wie tief die Trauer und Wut inzwischen in meiner Stimme verwurzelt war und wie ich gar nicht mehr mitbekam, was um mich herum eigentlich vor sich ging.

"Nein, Jungkook. Es tut mir so leid. Ich wollte nicht, dass du wegen mir so fühlst. Es tut mir leid, dass ich dich verletzt habe. Es tut mir so leid. Bitte warte ab, bis ich dir alles erklären kann, bevor du dein Urteil über mich fällst", sagte sie mit brüchiger Stimme, was mir nur weiter das Herz brach. Es herrschte so ein heftiger innerer Konflikt in mir, sodass ich einfach nicht wusste, was ich denken und sagen sollte. Meine Gefühle sprangen zwischen den verschiedenen Emotionen hin und her. Ich versuchte verzweifelt sie alle von mir zu stoßen und mich auf die Situation zu konzentrieren, damit das hier noch irgendwie gut endete, aber ich war nicht mehr in der Lage dazu. Ich hasste es wie Menschen zu den Sklaven ihrer eigenen Emotionen wurden. Ich hasste es und mich, als ich nur noch einen letzten Satz sagte, bevor ich schließlich das Telefonat beendete:

"Ich muss los"


I'm Fine - BTS FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt