Kapitel 9

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Jungkooks p.o.v.

Mein Herz blieb kurz stehen als ich sie vor mir entdeckte. Ich hatte gehofft, dass sie bereits im Aufenthaltsraum wäre, damit sie meinen Anblick jetzt nicht sehen musste. Aber ihr Gesicht in diesem Moment hier zu sehen brach mir das Herz.

"Jungkook?", fragte sie leise, aber mein Name schien kaum ihre Lippen verlassen zu wollen. Augenblicklich versuchte ich mich etwas wieder aufzurichten, aber spürte sofort, dass ich dafür kaum noch Kraft hatte. Innerlich verfluchte ich meinen Ehrgeiz, der mich bis an die Belastungsgrenzen trieb und darüber hinaus.

Sie löste sich schnell von Taehyung und kam auf mich zugelaufen. Ihr Gesicht war in tiefe Sorge getaucht und ich versuchte mir schon gute Worte zurechtzulegen, damit sich das schnell ändern würde.

"Was ist passiert? Kann ich dir irgendwie helfen?", fragte sie und strich sanft über meine Wangen. Ich hatte mich inzwischen weit genug aufgerichtet, damit ich nicht mehr ganz so sehr aussah wie ein Schluck Wasser in der Kurve, aber das schien sie nicht zu beruhigen.

"Mir geht es gut. Keine Sorge. Ich bin nur etwas erschöpft", meinte ich und verfluchte meine fehlende Begabung mit Worten. Es gab Menschen, die scheinbar immer genau die richtigen Worten für jede erdenklich Situation fanden und damit allen Menschen damit geben konnten, was sie brauchten. Ob es nun um Versicherung von Unterstützung, Hoffnung oder das Beschwichtigen ging. Mich hatte diese Begabung allerdings um Meilen verfehlt.

Sie blickte mich noch immer mit ihrem sorgenvollen Blick an, den ich ihr am liebsten nehmen würde mit all seinen Verursachern, aber ich wusste nicht wie, weshalb ich einfach die Situation so ertrug, wie sie sich in diesem Moment mir präsentierte. Kaum waren wir im Aufenthaltsraum angekommen, brachte sie mir etwas zu essen und zu trinken und kümmerte sich rührend um mich, bevor wir schließlich ins Hotel aufbrachen.

"Geh schnell duschen und dann kannst du dich ins Bett legen und schlafen", meinte sie, als sie die Tür meines Zimmers schloss und auf mich zukam. Ihre Finger streichten sachte über meine Wange und ich fühlte mich so in ihren Bann gezogen, dass ich mich gar nicht bewegen konnte.

"Nun geh schon", meinte sie schließlich, als sie sich von meinem Gesicht abwandte und sich schmunzelnd ihrem Koffer zuwandte. Ich nickte nur mit dem selben Ausdruck auf meinem Gesicht, schnappte mir frische Kleidung und ging ins Badezimmer. Nachdem ich endlich fertig wieder herauskam, lag sie bereits im Bett mit einem Buch vor ihren Augen. 

"Was liest du da?", fragte ich, während ich mich auf die andere Seite des Bettes niederlies und sie dabei genau mit meinem Blick bedachte.

"Ich lese nicht wirklich. Ich starre eher die Seiten an, damit sie mir das Geheimnis verraten, aber noch habe ich den Kampf nicht gewonnen", sagte sie und biss sich dabei demonstrativ auf ihre Unterlippe und fokussierte ihren Blick weiter auf die Seiten.

"Welches Geheimnis sollen sie dir denn offenbaren?", fragte ich lächelnd und rutschte näher an sie heran. Augenblicklich sah sie mich aus ihrem Augenwinkel an und versuchte sich dann wieder völlig auf das Buch zu konzentrieren.

"Das wirst du nie herausfinden, wenn ich es nicht herausfinden kann", meinte sie und legte kurze Zeit später das Buch mit den Seiten nach unten vor sich auf die Decke.

"Eine kleine Pause vom Kampf?", fragte ich und sah sie an, aber sie schüttelte nur den Kopf.

"Wenn es nur so einfach wäre, aber der Kampf hört leider nicht auf, nur weil man nach temporären Waffen sucht", meinte sie und lies ihren Kopf langsam nach hinten gegen die Wand fallen. Ihr Gesicht war gezeichnet von Müdigkeit und ich war mir nicht sicher, ob das nur an dem nun geendeten Gerichtsverfahren lag oder an den Gedanken, die sie scheinbar immer auf Trapp hielten.

"Meinst du, dass ich dir bei der Suche nach dem Geheimnis helfen kann?", fragte ich sie und versuchte ihr genug Platz zu geben, damit sie sich nicht bedrängt fühlte, aber auch genug Nähe, damit sie meine Anteilnahme und Liebe spüren konnte.

"Ich weiß es nicht. Eigentlich bin ich die Einzige, die dem wirklich auf den Grund gehen kann, aber irgendwie fühle ich mich dabei so hilflos. Als ob man mich im Wald ausgesetzt hat ohne Karte und Verpflegung und ich meinen Weg nach Hause selber finden müsste", meinte sie und drehte ihren Kopf leicht in meine Richtung.

"Vielleicht kann ich dir aus einem Helikopter einen Kompass zuwerfen, mit dem du zumindest die Richtung weist, in die du gehst, auch wenn du nicht weißt, ob es die Richtige ist oder nicht?", bot ich an und blickte sie weiter liebevoll an. Sie war ein Mensch, der es schaffte Problemen durch Bilder eine Tiefe zu verleihen und gleichzeitig eine Einfachheit, was ich einfach bewunderte.

"Das könnte mir vielleicht helfen", gab sie nachdenklich von sich und schien wahrhaftig darüber nachzudenken.

"Ich könnte auch einfach deine Hand nehmen und mit dir laufen. Ich weiß zwar genauso wenig den Weg, aber dann wärst du nicht allein. Was hälst du davon?"

Augenblicklich hob sie ihren Kopf und sah mich an, bevor sie mich in eine feste Umarmung zog. Ich spürte wie sehr sie meine Worte berührten und ich hoffte, dass ich ihr wie angedeutet wirklich helfen konnte. Aber vielleicht wäre es dafür gut zu wissen worum es ging. Sie machte sich über viele Dinge Gedanken und alle gleichzeitig anzugehen erschien mir als Ding der Unmöglichkeit, aber zusammen konnten wir eins nach dem anderen sicherlich gut bestreiten.

"Miga, was macht dir denn Sorgen?", fragte ich sanft und hörte wie sie leicht seufzte, bevor sie sich wieder von mir trennte und mich ansah. Ihre Augen suchten in meinen etwas, was sie scheinbar nicht fanden, da sie nun auf ihre Hände in ihrem Schoß blickte und dann sagte:

"Ich weiß einfach nicht was Bedeutung für mich hat. Ich weiß, was mir Freude bringt und vielleicht sollte genau das für mich die größte Bedeutung haben, aber so funktioniert das Leben nicht"

Ich blickte sie an, bevor ich sie wieder in eine feste Umarmung zog. Ich kannte ihre Bedenken. Wie oft hatte ich selbst mich schon gefragt, ob ich mich auf dem richtigen Weg befand und wie wichtig war es gerade für uns diese Beziehung klar zu stellen. Reichtum und Aufmerksamkeit machten nicht alles immer so reibungslos und schön wie es sich viele vorstellten und in diesem Geschäft konnte man sich selbst schnell verlieren, weshalb für mich immer meine Freunde und Familie die größte Bedeutung hatten. Und jetzt hatte sich Miga dazugesellt, aber das hatte nichts an der ursprünglichen Einstellung geändert. 

"Es ist so wichtig zu wissen was für einen Bedeutung hat, damit man weiß, wonach man sein Leben ausrichten möchte und nach welchen Prinzipien man handelt, aber diese Bedeutung erstmal festzulegen ist schwierig. Ich fühle mich dabei, als ob ich die Macht zu etwas ergreife, zu dem ich eigentlich keinen Zutritt haben sollte", sprach sie weiter und ich hörte ihr genau zu. Ich wollte ihr unbedingt helfen und dafür musste ich noch besser erfahren, was ihre Gedanken waren.

"Miga, du hast jedes Recht dazu zu sagen, was für dich Bedeutung hat und damit zu beginnen, was dir Freude bringt, ist doch ein großartiger Weg. Wenn dir etwas Freude bringt, dann tut es dir gut und dann solltest du diesen positiven Einfluss für dich bewahren, damit du dich weiteren Aufgaben möglichst gut stellen kannst. Und egal was kommt, ich stehe dir bei", flüsterte ich in ihr Ohr, woraufhin sie sich fest an mich drückte.

"Danke, Kookie. Ich liebe dich"

"Ich dich auch"


I'm Fine - BTS FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt