Part 8

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„Wir reden morgen, dann bin ich dich hoffentlich los." Seine Worte  verschwammen bereits, genauso wie der Raum vor mir. Endlich schloss ich  die Augen und alles versank in Dunkelheit. Endlich Freiheit.
Mein  Schädel dröhnte. Ich fühlte mich komplett beschissen. Vorsichtig schlug  ich die Augen auf und schloss sie direkt wieder, als das helle Licht  einer Neonröhre mich blendete. Mit einer Hand rieb ich mir über die  Augen, um die lästige Müdigkeit zu verscheuchen. Gott, mein Schädel. In  meinen nächsten Leben bestell' ich mir einen neuen. Dieser hier war  definitiv zu nichts mehr gebrauchen.
Versuchsweise wackelte ich mit  meinen Zehen. Die Lähmung hatte als etwas nachgelassen, obwohl ich immer  noch etwas steif fühlte. Aber dies konnte auch auf meinen unbequemen  Untergrund verschuldet sein. Erneut blinzelte ich gegen das Licht an und  öffnete dann die Augen komplett.
Yeah. Scheint als wäre ich aus der  Folterkammer nicht gerade raus gekommen. Stattdessen lag ich auf der  Krankenliege. Toll, eine Matratze hatten die wohl nicht mehr übrig.  Meine Rücken würde es ihnen danken.
Innerlich drehte es mir den  Magen um. Schon wieder in der verdammten Folterkammer. War es nicht  schon schlimm genug an Board der Death zu sein? Mussten sie mich dann  auch noch in mein absolutes Lieblingszimmer bringen. Ich schluckte  nervös. Sofort begann mein Kopf wieder die Szene vor mir abzuspielen.  Law wie er vor mir kniete. Eine Spritze in der Hand. Was zur Hölle hatte  der Kerl mir gegeben? Nach der Spritze hatte ich einen verdammten  Blackout bekommen.
Sofern ich einen Blackout beurteilen konnte. Bis  jetzt hatte noch nie übermäßig viel getrunken, oder war am Rande meiner  Besinnung gewesen. Aber dies könnte sich bald ändern. Oder zumindest  hatte ich jetzt einen guten Grund dafür und er fing mit „L" an.
Law  machte mir Angst. Seine komplette Art. Wie er sich bewegte, wie er sich  verhielt. Wie ein Löwe der nur darauf wartete, dass das Gegenüber einen  Fehler beginn um sich dann darauf zu stürzen und ihm dann die Kehle  aufzureißen.
Er gehörte zu der Kategorie Männer von denen ich mich  bevorzugter Weise fern hielt. Kilometer entfernt. Nur leider war ich nun  seinen Launen ausgesetzt. Mein Leben hing von seinen Wohlwollen ab.  Diese Fremdbestimmung beunruhigte mich. Ein Fingerschnippen von ihm  reichte aus und seine Crew würde mich von Board schmeißen. Ich konnte  ihm glatt dankbar sein, dass ich noch lebte.
Erschrocken fuhr ich  hoch und stieß prompt mit meiner Hand einen Ständer neben meiner  Krankenliege um. Mit einem lauten Scheppern ging er zu Boden. Wer  wusste, was die in der Zwischenzeit mit mir angestellt hatten. Sofort  untersuchte ich meine Arme und Beine – nichts. Bis auf die  Einstichswunde an meiner Schulter. Auch sonst fühlte ich mich relativ  gut, meinen Schädel mal außen vor gelassen. Dementsprechend schloss ich,  dass sie mich nicht in irgendeiner schändlichen Weise angefasst hatten.  Immer hin ein kleiner Erfolg auf mein Konto. Meine Klamotten trug ich  auch noch, obwohl sie langsam anfingen zu muffeln. Wie viel Zeit wohl  vergangen war seit ich auf der Death als unfreiwilliger Passagier  gelandet war.
Unfreiwilliger Passagier hörte sich immer noch besser  an als „wird bald sterben und hat noch keine Idee für den Grabstein,  aber eine geschwungene Schrift wäre ganz nett".
„Ach, auch schon  wach Kleine?" Ja, ich wünschte ich könnte jetzt meinen Winterschlaf  halten und zwar so lange bis Law weit weg war. Vielleicht konnte man ja  die Zeit mit Distanz ersetzten. Law drehte sich lässig auf seinen  Bürostuhl zu mir um und schenkte mir ein spöttisches Lächeln.
Das war  nicht gut. Ein lächelnder Law war unheimlicher als ein emotionsloser  Law. Okay, er war so oder so unheimlich. Ich bezweifelte  stark, dass  Law eine Antwort auf seine rhetorische Frage wollte, deshalb schwieg  ich. Schweigen war bekanntlich Gold und Reden Silber.
Laws Augen  ruhten ungeniert auf mir. Automatisch begann ich zu zittern. Law Lächeln  wurde eine Spur breiter. Das Arschloch genoss es also mich so zu sehen,  und das wundert dich? Du hast vom ersten Moment an gewusst, dass er  nicht gerade der nette Nachbar von neben an ist, Idiotin. Ja, vielen  Dank auch innere Stimme.
„Mitkommen." Ja, ganze Sätze. Prädikat und  so ein Schwachsinn, wer braucht das schon – Law definitiv nicht. Klar,  ich folge. Idiot. Noch abwertender konnte man kaum mit mir umgehen.  Okay, in seinen Augen war ich das nervige Etwas, dass auf seinem U-Boot  rumgammelte und den ganzen Verkehr aufhielt.
Toll, nun nahm ich ihn  auch noch gedanklich in Schutz. Auf der einen Seite hasste ich Law  wirklich, aber meine Angst überwiegte.
Nervös kaute ich auf meiner Lippe und machte mich daran meine Beine über die Liege zu schwingen.
„Heute  noch? Hab nicht den ganzen Tag für dich Zeit, Kleine." Ich zuckte  sofort zusammen und mein Zittern nahm wieder zu. Ich war ein lästiges  Übel und er würde mich bald aus dem Weg schaffen. Brauchte man überhaupt  einen Grabstein, wenn man über die Blanke der Death gehen musste. Da  wäre der Grabstein wohl eine müßige Geldverschwendung.
Geduld ist  eine Tugend die Law wohl noch nicht begriffen hatte. Außerdem ich war  doch dabei – warum stresste der dann bitte so rum? Arsch.
Schwankend  erhob ich mich. Law machte keine Anstalten mir zu helfen, wie  wundervoll. Charmant und Gentleman-Verhalten konnte ich nun auch von der  Liste streichen.
In mir widerstrebten sämtliche Atome in seine  Richtung zu gehen, aber die Wahl hatte ich nicht wirklich. Widersetzten  würde wahrscheinlich nicht so gut ankommen. Einfach brav mitspielen und  regelmäßigen Atmen. Hätte er dich Tod sehen wollen, hätte er genug  Gelegenheiten gehabt.
Er ging voraus und ich dackelte brav wie ein  trainierter Hund hinterher. Auch wenn es mir nicht gerade leicht fiel.  Meine Muskeln fühlten sich so steif an und jeder Schritt kostete mir  mehr Kraft als gewöhnlich. Außerdem fühlte sich mein Kopf immer noch wie  gematscht an.
Gemeinsam, sofern Law und ich jemals irgendetwas  „gemeinsam" tun würden, gingen wir durch den Flur und er öffnete die  eine Tür. Er hatte während der gesamten Zeit geschwiegen und war zügig  voran geschritten. Er hatte es auch nicht eingesehen auf mein Tempo  Rücksicht zu nehmen. Ja, ich hatte mittlerweile begriffen, dass Law mich  nicht ausstehen konnte. Es beruhte sogar auf Gegenseitigkeit. Aber,  dass er es so deutlich machen musste, war schon etwas kindisch.
Hinter  der Tür lag die Küche. Wäre mein Kopf nicht noch immer leicht  geschädigt, hätte ich den Bauplan zur Orientierung herangezogen, aber  die Kopfschmerzen verhinderten dies.
Kaum war die Tür offen schallte  uns der übliche Essenslärm entgegen. Besteck klapperte und Gespräche  fanden statt. Neben der offenen Küche war ein großer Esstisch, der  bereits ziemlich gut gefüllt war. Ich erkannte Shashi, der neben Pinguin  saß. Bepo, der Eisbär war auch anwesend. Etwas abseits von dem Tisch  standen drei gemütliche Sessels, die in Richtung des Tisches  ausgerichtet. Daneben war ein kleiner Abstelltisch auf dem ein paar  Bücher rumlagen.
Der Eisbär war in diesem Moment der kleinste Schock  für mich. Immerhin war der relativ flauschig und lächelte. Automatisch  hatte ich das Verlangen ist das weiche, weiße Fell zu greifen und nie  wieder loszulassen. Die weiteren Personen in dem Raum waren mir  größtenteils unbekannt. Zwei hatte ich einmal kurz gesehen, als ich auf  dem Flur von Law weggelaufen war.
Alle trugen diese komischen  Overalls – Law hatte definitiv nicht Mode studiert, sonst hätte er ein  passenderes Outfit gewählt. Als Law in den Raum eintrat, senkte sich der  Geräuschpegel sofort und die  Gespräche wurden entweder eingestellt  oder leiser weitergeführt. Das klimpern der Bestecke blieb.
Ich  blieb währenddessen angespannt am Türrahmen stehen. Als würde ich  freiwillig in die Höhle des Löwen gehen. Keine zehn Pferde würden mich  da rein kriegen. Nie in meinen Leben würde ich mich zu ihnen an den  Tisch setzten.
Normalerweise setzte ich mich nicht mal zu meinen  Arbeitskollegen, die ich wahrscheinlich nie wieder sehen würde.  Grundsätzlich gab es eine ganz einfache Regel: Bei fremden Menschen wird  Abstand gehalten, komme was wolle.
Warum brachte mich Law zum  Abendessen? Wollten sie danach Gruppenvergewaltigung spielen und ich war  das Opfer. Ich konnte keine weiblichen Crew Mitglieder erkennen. Ich  schluckte. Wieder hatte ich das große Bedürfnis wegzurennen. Nervös trat  ich von einem Fuß auf den anderen. Bis jetzt hatten alle Law im Visier,  das war meine Chance.
Dementsprechend trat ich einen kleinen  Schritt zurück. Es war so als hätte Law mittlerweile einen siebten Sinn  für mich entwickelt. Denn er schien mein Vorhaben schon bemerkt zu  haben.
„Setz dich, sofort." Knurrte er. Er hatte mittlerweile am  Kopfende des Tisches Platz genommen und nahm sich entspannt Essen.  Schön, dass einer von uns beiden entspannt war, ich war Meilenweit davon  entfernt.
Wie immer hatte ich nicht wirklich die Wahl und trat in  den Raum hinein. Durchs Laws Befehl und meine Bewegung schien nun auch  der Rest der Crew auf mich aufmerksam zu werden. Unzählige Augenpaare  blickten mich neugierig an. Meine Augen wurden immer größer und ich  erstarrte zur Salzsäule.
Bitte, bitte schaut doch einfach, wo anders  hin. Nervös schaute ich mich um. Vielleicht sollte ich doch schreiend  aus dem Raum rennen. Konnte nicht jemand die Situation retten? Wo war  mein Ritter in strahlender Rüstung? Tja. Der ist seit Jahren  verschollen.
Ich holte tief Luft und stolperte in Richtung der  Sessel und lies mich darauf sinken. Die Sessel waren taktisch am  klügsten – sie standen am Weitesten vom Tisch weg und somit auch von der  Crew. Zwar stand auf dem Tisch Essen und ich hatte wirklich Hunger,  aber noch war ich in der Lage zu widerstehen.
Niemals würde ich in  Richtung des Tisches gehen. Meine Reaktion schien Law zu belustigen. Ein  kurzes Lächeln war über sein Gesicht gehuscht und nun war es wieder  kalt.
Nervös zog ich meine Beine zu meinen Oberkörper und umschlang  diese mit meinen Armen, somit bildete ich eine Art Mauer zwischen den  Blicken und mir. Ich kaute nervös auf der Unterlippe und schaute mich  hektisch im Raum um, um jede Gefahr schnellstmöglich zu erkennen und  rechtzeitig davonzulaufen. Die größte Gefahr saß wohl am Kopfende des  Tisches.
Das rothaarige Crewmitglied, dessen Bauch mich leicht an  Steve erinnerte erhob sich und ging in Richtung Küche. Dort kramte er in  ein paar Schüben und holte Teller mit Besteck hervor. Dann ging er zum  Tisch und lud ordentlich Essen auf. Anschließend ging er in meine  Richtung. Sofort verkrampfte ich mich. Der Kerl wollte doch nicht  ernsthaft zu mir.
Okay, Rothaar war immerhin nicht Law, also  entspann dich etwas. Er stellte das Essen auf den kleinen Tisch, wo auch  die Bücher lagen und legte das Besteck dazu.
„Na Kleine, die Figur  kriegen wir schon wieder hin!" Zaghaft lächelte ich ihn an. Es war  wirklich der erste nette Satz, wo ich zuhören bekam. Außerdem hatte er  mir Essen gebracht, welches herrlich duftete.
Er streckte mir die  Hand entgegen. Kurz zuckte ich noch zusammen, dann gab ich mir einen  Ruck und schüttelte kurz seine Hand. Körperkontakt – ekelhaft. Sein  Händedruck war weder zu fest noch zu lasch. Schüchtern blickte ich zu  ihm hoch und nickte ihm zu.
„Robert, der beste Koch, den du an Board  finden wirst." Humor hatte er auch. Robert war schon etwas älter. Ich  schätzte ihn Ende dreißig. Aber das machte ihn nicht weniger  sympathisch. Seine braunen Augen funkelten mich neugierig an, aber nicht  zu neugierig. Stattdessen lag auch ein beruhigender Ausdruck in seinen  Augen.
„L-Liz.." nuschelte ich. Damit war der Höflichkeit genüge  getan. Er wandte sich wieder ab und gesellte sich zu seinen Kameraden,  aber nicht ohne mir vorher noch zu zwinkern.
Nun begutachte ich das  Essen, das so herrlich duftete. Es gab Fisch in einer leckeren Soße und  dazu Reis. Obwohl mir ehrlich gesagt egal war was es gab, Hauptsache  Essen. Ich nahm den Teller auf meinen Schoß und begann das Essen in mich  hinein zu schaufeln. Tischsitten waren in diesem Moment eher sekundär.

Still falling for you - Trafalgar Law x OC [abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt