Part 22

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Grob stieß er mit einen Fuß die Tür zum Deck auf und trat in die Kälte.  Nun war ich ihm noch dankbarer für die Decke. Es war wirklich kalt. Vor  allem ich trug immer noch die Sachen von Grey Spooks, die nicht gerade  auf Winter ausgelegt waren.
Was mich draußen erwartete lies mich  geistig erstarren. Law und seine gesamte Crew waren in der Mitte des  Decks zusammengetrieben und komplett umstellt. Des Weiteren hatte keiner  von ihnen Waffen, oder machte einen kampfbereiten Eindruck.
Wir waren so ziemlich am Arsch. Der Feind hatte uns komplett in seiner Gewalt.
Noch  immer stand ich an der Seite von Blondie, der meinen Oberarm fest im  Griff hatte – Körperkontakt. Ekelhaft. Ich ließ meinen Blick durch die  Menge schweifen. Die Gegner machten alle einen kampfbereiten Eindruck,  anders als wir. Sie wirkten stark und rücksichtlos. Allerdings konnte  ich sie auf Anhieb keiner Gruppierung zuordnen. Also spielte ich das  bewährte Ausschlussspiel. Marine konnte ich streichen, da die Marine  größtenteils in Uniform unterwegs war, was hier nicht der Fall war. Der  Haufen war kunterbunt angezogen und hatte nicht das typische Blau der  Marine an. Ebenso konnte ich die Regierung ausschließen, die würden  solch hässliche Klamotten auch nicht anziehen. Blieben nur noch Piraten  oder Revolutionäre.
Bei Piraten hatte ich das Problem, dass ich  nicht wusste, wie diese sich untereinander verhielten. Gab es so etwas  wie den berühmten Piraten-Kodex? Oder einen Ehren-Kodex. In erster Linie  wollten Piraten immer nur das Beste: Geld, Macht und Ruhm. War man dann  einem potenziellen Konkurrenten positiv gesinnt? Wohl eher nicht.  Immerhin konnte dieser einen die Beute streitig machen. Aber gab es  nicht auch Allianzen zwischen den Piraten? Vielleicht waren die Feinde  hier, um die Bedingungen auszuhandeln – okay, das glaubst wohl selbst  nicht. Genau aus diesem Grund hatten sie uns auch umstellt und in die  Mitte getrieben, wie eine Scharfherde, die zur Schlachtbank geführt  wurde.
Die letzte Option waren die Revolutionäre, aber die konnte  ich überhaupt nicht einnorden. Ich hatte noch nie welche getroffen –  zumindest nicht bewusst.
Blondie bugsierte mich zu einer Kiste, die  in der Nähe der Reling stand und bedeutete mir Platz zu nehmen. Ich  widersprach selbstverständlich nicht, sondern tat wie mir geheißen. Bloß  keine Aufmerksamkeit erregen – immer schön die Füße stillhalten. Ich  zog die Beine an meinen Oberkörper und umschlang diese mit meinen  Händen, um mich ganz klein zu machen. Blondie blieb neben mir stehen und  musterte unsere Gruppe. Sein Blick war fast schon spöttisch, fast so  als würde er uns überhaupt nicht ernst nehmen, oder als Bedrohung  ansehen. Viel eher als ein notwendiges Übel, mit dem er reden musste.
Mir  entging auch nicht, dass Law mich während der gesamten Zeit ignorierte.  Er hatte mir lediglich einen Blick zugeworfen und dann sich wieder  abgewandt, in seiner typisch kalten Manier. Vielen Dank auch, schön,  dass du dir Sorgen gemacht hast – wäre doch nicht nötig gewesen. Penner. 
Die Crew warf derweil immer wieder besorgte Blicke auf mich und  versuchte sich gegenseitig aus den Weg zu räumen, um einen besseren  Blick auf mich zu erhaschen. Natürlich, sie hatte mich nun über eine  Woche nicht mehr gesehen und waren selbstverständlich neugierig, wer  konnte es ihnen schon verübel? Als das Gedrängel zunahm, zischte Law  etwas und rief die Bande damit zur Ruhe. Immerhin hatte er seine Leute  (größtenteils) im Griff, das musste man ihm lassen.
„Sind das  alle?", meinte Blondie zu einem Schwarzhaarigen, der allen Ernstes ohne  Oberteil dastand. Ich konnte seinen durchtrainierten Oberkörper  eingehend betrachten. Okay, der Kerl war absolut heiß – eine richtige  Sahneschnitte. Passend zu dem nicht vorhandenen Oberteil trug er Shorts  und einen sommerlichen Hut. Fror der Kerl überhaupt? War bei ihm  irgendein Gen abhanden gekommen, das die Kälte wahrnahm. 
Mr.  Ich-bin-immun-gegen-Kälte schien die Frage von Blondie gekonnt zu  ignorieren und starrte mich neugierig an. Prompt lief ich unter dem  forschenden Blick rot an und wandte beschämt das Gesicht in eine andere  Richtung. Hatte mich der Kerl etwa beim starren erwischt? Mein Gott war  das peinlich.
Blondie verdrehte genervt die Augen, als ihm der Blick  seines Kollegen auffiel. Diese Geste ließ ihn seltsam menschlich  erscheinen und nahm mir einen Teil meiner Angst. Er war kein  emotionsloser Stein, sondern besaß durchaus Emotionen, damit konnte ich  arbeiten.
„Hab' unter Deck niemanden mehr gesehen", meinte Mr.  Ich-steh-auf-Kälte und setzte sich neben mich auf die Kiste. Ich  erstarrte noch mehr zum Eiszapfen (Achtung: Dezente Anspielung auf die  vorherige Zeile – vielleicht checkt jemand den Humor).
‚Rühr dich  nicht vom Fleck', murmelte die innere Stimme eindringlich. Nicht die  potenzielle Bedrohung auf dich Aufmerksam machen. Alles ist gut. Ganz  ruhig, Liz. Der Kerl neben dir wird dich schon nicht erwürgen, solange  du keinen Muckser von dir gibst.
Mr. Ich-bin-unglaublich-heiß lehnte  sich lässig zurück und schlug die Beine über. Ich biss mir auf die  Lippe und wandte den Blick wieder ab.
„Fangen wir an?", fragte  Blondie genervt oder gelangweilt, so recht konnte ich den Ton nicht  einnorden. Womit anfangen? Wollten sie uns nun alle abschlachten. Genug  Männer hatten sie dabei. Unser gesamtes Deck wimmelte von Feinden, kein  Wunder, dass Law keinen Kampf riskiert hatte. Oder hatten sie es auf  unsere nicht vorhandenen Schätze unter Deck abgesehen. Obwohl unter Deck  waren sie bereits gewesen, sie wussten genauso gut wie ich, dass es  unten nichts zu holen gab. Was wollten sie von uns.
„Klar, fang an",  meinte der Schwarzhaarige und schloss die Augen. Anscheinend hatte mein  neuer Sitznachbar wenig bis gar keine Sprachkenntnisse, denn sonst wäre  ihm das ‚Wir' wie Plural im vorherigen Satz von Blondie aufgefallen.
„Wie? Du könntest auch mitmachen", fragte sein Gegenüber wieder nach. Anscheinend waren die beiden so etwas wie die Anführer.
„Ne,  ich muss auf die Kleine hier aufpassen", meinte Mr. Aufpasser. Das  konnte er doch nicht ernst meinen, sah ich etwa so gefährlich oder  fluchtgefährdet aus, dass ich einen Aufpasser brauchte? Blondie schien  ähnliche Gedanken zu haben und schüttete den Kopf und ging in die Mitte  des Decks zu meiner Crew. Das er mich, ebenso wie Law, ‚Kleine' nannte  ignorierte ich gekonnt. Meine Körpergröße war nichts besonderes, neben  mir wirkte jeder Normalsterblicher wie ein Riese, zumindest dachte ich  das. Derweil waren es bloß ein paar Zentimeter.
‚Meiner Crew' wann  war es soweit gekommen, dass ich Laws Crew als meine ansah. Waren sie  mir schon so sehr ans Herz gewachsen. Anscheinend.
Genervt baute sich Blondie vor der Crew auf und begann seine Ansprache.
„Okay,  ich hab nicht den ganzen Tag Zeit", ja wir auch nicht. Schön, dass er  endlich zur Sache kam. Nun verdrehte mein Nachbar genervt die Augen und  flüsterte in meine Richtung:
„Marco ist so eine Drama-Queen", Blondie  hieß also Marco. Irgendwie passte der Name überhaupt nicht zu ihm.  Innerlich beschloss ich ihn weiter Blondie zu nennen.
„Wer ist euer  Käpt'n?", fragte Marco genervt in die Menge. Er wollte sich nicht mit  dem Fußvolk abgeben, sondern gleich mit den wichtigen Leuten reden, wie  Law.
Doch bevor irgendeiner ein weiteres Wort sagen konnte, betrat  mein persönlicher Albtraum das Schiff. Ich war nicht hinterm Mond  aufgewachsen, auch wenn ich es mir teilweise gewünscht hätte – ich  erkannte einen Kaiser, wenn er quasi vor mir stand.
Mein Kopf ruckte  regelrecht in seine Richtung. Trotz seines Alters und der vielen  Narben, die seinen Oberkörper zierten, wirkte Whitebeard keines Wegs  schwach, oder alt. Ganz im Gegenteil in seinen Augen loderte ein Feuer,  welches ich noch nie gesehen hatte. Es war als hätte man mich aus meiner  Trance gerissen. Erst jetzt nahm ich das riesige Schiff neben unseren  war auf dessen Segel das Logo der Kaiserpiratenbande war. Wir waren  verloren.
Die Aura, die den Kaiser umgab, ließ mich erschauernd, dies  war Macht in seiner reinsten Form. Klar, Law besaß auch eine gewisse  Ausstrahlung, aber verglichen mit der des Kaisers wirkte es wie ein  kleiner unbedeutender Funke. Nun fiel mir auch das Logo an Marcos Jacke  auf. Ob es Law auch gesehen hatte? Und deshalb keinen Kampf riskiert  hatte. Es wäre Selbstmord gewesen sich mit einer solchen Crew anzulegen.  Doch was trieb die Crew in diesem Teil der Grand Line?
Ich  riskierte einen Blick in Laws Richtung. Sein Blick war kalt, keine  Emotionen – er trug das perfekte Pokerface, aber das brauchte er auch.  Whitebeard nickte Marco zu und bedeutete ihm damit fortzufahren.
Währenddessen trat Law vor und stand nun dicht vor Marco.
„Ist dir kalt?", fragte der Schwarzhaarige neben mir und ich schreckte aus meinen besorgten Gedanken.
„Ähm..w-wie  b-bitte?", stotterte ich und versuchte verzweifelt mein Zittern zu  unterdrücken. Bis eben war mir gar nicht aufgefallen, dass ich zitterte.  Das er überhaupt  etwas verstand verwunderte mich. Meine Stimme klang  so fremd, selbst in meinen eigenen Ohren.
„Naja, du zitterst?",  fragte er besorgt nach. Seine Augen nahmen einen warmen Ausdruck an und  tief in meinen inneren regte sich etwas wie Zutrauen. Ich bezweifelte,  dass mein Sitznachbar ein Unmensch war, dafür wirkte er zu nett.
Ich  zuckte hilflos mit Achseln und schaute wieder in Richtung Law. Wie ein  kleines verschrecktes Reh musste ich hier auf meiner Kiste sitzen und  einen bedauerlichen Eindruck machen.
Vorsichtig legte der  Schwarzhaarige eine Hand auf meine Schulter. Ich fuhr regelrecht  zusammen und machte mich noch kleiner als ohnehin schon. Sofort nahm er  seine warme Hand wieder weg und guckte mich betreten an, irgendwie  erinnerte mich dieser Ausdruck an Bepo.
„Alles gut, ich tu dir nichts. Ich bin übrigens Ace", dazu setzte er ein breites Grinsen auf und guckte mich tröstend an.
„ähm..L-liz", nuschelte ich. Es wäre unhöflich gewesen hätte ich mich nicht vorgestellt.
„Bist  du Piratin?", fragte er neugierig und seine braunen Augen funkelten  mich neugierig an. Seine brauen Augen wirkten offen und erweckten mein  Vertrauen.
Sofort schüttelte ich den Kopf – ich war keine Piratin und würde auch niemals eine werden.
„Was  machst du dann auf einen Piratenschiff?", fragte Ace irritiert. Ja, das  wüsste ich auch gern. Eigentlich war ich die Navigatorin von diesem  Haufen, aber mittlerweile eher Ballast. Nun begann er mich eingehender  zu betrachten. Wieder lief ich rot an – natürlich. Was er wohl sah? Ein  zierliches Mädchen, das unglaublich blass war bis auf die widerwillige  Röte auf den Wangen. Zwei Augen, das eine Eisblau, das andere dunkler.  Braune Haare, die zottig und schlaff herunterhingen. Es war wahrlich  kein schöner Anblick, eher ein ziemlich heruntergekommener. Außerdem  musste ich unglaublich ausgezerrt wirken, wahrscheinlich hatte ich noch  ein paar Kilos in der Woche verloren, durch die künstliche Ernährung.  Ja, es musste wirklich bedeutend schönere Anblicke, als den meinen  geben.
Als ich auf seine Frage noch immer keine Antwort geben  konnte, oder wollte. Wurden seine Augen langsam skeptisch. Sein Blick  wanderte wie von selbst zu der Crew und wieder zu mir. Dann loderte  etwas wie Zorn in seinen Augen auf und seine entspannte Haltung änderte  sich. Was hatte er denn auf einmal?
Es dauerte kurz bis der Groschen  fiel. Ein Mädchen unter Piraten, ein Mädchen dessen gesundheitlicher  Zustand angeschlagen war. Er hielt mich für eine Gefangene, für ein  Opfer. Aber war ich das nicht auch? Auf eine paradoxe Art war ich es.  Aber mittlerweile war ich keine Gefangene mehr. Mir stand es frei zu  gehen, das war von Anfang an der Deal gewesen. Sobald ich meine Arbeit  beendet hatte konnte ich gehen, aber das Versprechen an Robert würde  mich daran hindern. Bis zum bitteren Ende würde ich Law helfen, sofern  es mir möglich war, meine Mittel waren bekanntlich begrenzt.
Wütend  ballte Ace neben mir die Hände und starrte die Piratencrew finster an.  Bildete ich mir das ein, oder war gerade tatsächlich ein kleiner Funke  auf seinen Händen zu sehen gewesen.
„Was wollt ihr?", erklang nun  Laws Stimme. Er schien überhaupt nicht zufrieden mit der gesamten  Situation. Gut, wer war das in diesem Fall schon – verübeln konnte ich  es ihm auf jeden Fall nicht.
„Euren Navigator inklusive Log-Port",  stellte Marco klar. Ich fuhr regelrecht zusammen. Kurz huschte Laws  Blick in meine Richtung, aber nur einen Augenblick so, dass es keinen  auffiel. Was wollten sie mit mir? War ihrer während eines Sturms über  Board gegangen? Niemand brauchte zwei Navigatoren, aber einen musste man  haben.
„Abgelehnt", meinte Law kalt. Er verschränkte die Arme vor  der Brust und wirkte angespannt. Es war selbstverständlich, dass er die  Forderung ablehnen musste. Ohne Log-Port und ohne Navigator saß er  mitten auf der Grand Line fest. Er würde durch die Gegend irren.
Fast  wie von selbst tastete meine Hand zu meinem Handgelenk und erstarrte.  Mein Log-Port war weg. Er war nicht länger an meinem Handgelenk, sofort  ging meine Hand Richtung Hosentasche, dort wo mein Kompass war. Er war  noch da. Gott sei Dank. Aber wo zur Hölle war mein Log-Port. Sofort  hielt ich Ausschau nach Bepo, er war der einzige, wo etwas Ahnung  bezüglich der Navigation hatte, wenn Law halbwegs intelligent war hatte  er ihm Bepo gegeben, damit dieser uns halbwegs durch den Sturm brachte.  Bepo stand neben Shachi in einen orangefarbenen Overall, der sein  Handgelenk verdeckte, aber ich war mir sicher, dass er den Log-Port  hatte.
Wer würde schon einen Log-Port an einen Eisbär vermuten? Das wäre so ziemlich meine letzte These.
Marcos  Miene verfinsterte sich Dank Laws Antwort prompt und er machte eine  Geste. Einer der Whitebeardpiraten packte daraufhin Shachi und zog ihn  aus der Menge und setzte ihm eine Klinge an dem Hals.
Laws Pokerface  flackerte einen Moment und wurde dann wieder kalt. Aber die Reaktion  hatte nicht nur ich gesehen, sondern auch Marco.
„Also?", fragte  Marco erneut. Die Drohung war glasklar: Fang an mit uns zu kooperieren  oder wir töten eins deiner Mitglieder nach den anderen. Mir wurde etwas  flau im Magen. Sie sollten aufhören – sofort.
Stopp. Ich war hier  die Navigatorin, sie brauchten mich. Sie sollten die anderen in Ruhe  lassen und zwar sofort. Ich musste dem Ganzen ein Ende bereiten und zwar  sofort. Es konnte nicht sein, dass erneut Unschuldige starben – wegen  mir. Ein Teil von mir fühlte sich in die Vergangenheit zurück  katapultiert. Es war eine ähnliche Situation wie bei Robert, ich hätte  mich nur stellen müssen und niemand wäre zu Schaden gekommen. Noch  einmal konnte es nicht so weit kommen lassen. Unter gar keinen Umständen  wollte ich erneut das Blut eines Heartpiraten an meinen Händen haben.
Ich  machte Anstalten mich zu erheben, doch Bepo fokussierte mich und  schüttelte eindringlich mit dem Kopf. Was wollte er mir mitteilen? Hatte  Law einen Plan? Oder warum bat mich Bepo um Zurückhaltung.
Marco wurde jede Sekunde ungeduldiger und gab schließlich ein Zeichen, als Law immer noch keine Reaktion zeigte.
Shachi,  der einen seltsam gelassenen Ausdruck zur Schau stellte, wurde fester  gepackt und die Klinge ritzte nun ganz die ersten Hautschichten seiner  Kehle an.
„Vielleicht bringt ihr gerade den Navigator um", sagte Law  trocken und wandte sich wieder zu Marco. Dieser erstarrte und warf Law  einen wütenden Blick zu. Dann wandte er sich Shachi zu.
„Bist du der Navigator?", fragte er scharf. Oh je, langsam schien er wirklich die Geduld zu verlieren.
„Vielleicht",  erwiderte Shachi und blickte Marco fest in die Augen. Nun verstand ich  langsam das Spiel, das Law mit den Whitebeardpiraten spielte. Sie wusste  nicht wer von uns der Navigator war und sie brauchten diesen dringend.  Law hatte die Notsituation erkannt und wusste, dass die feindlichen  Piraten das Risiko eines potenziellen Navigatorverlust nicht eingehen  konnten. Er würde jeden einfach als Navigator betiteln. Marco würde auch  niemanden umbringen, solange er sich nicht sicher war.
Zwar pokerte  Law hoch, aber er wusste wie man spielte. An Intelligenz mangelte es  ihm tatsächlich nicht. Ein kleiner Teil von mir bewunderte Law für  seinen riskanten Schachzug, der andere Teil fragte sich, wie er aus der  Nummer wieder rauskommen wollte.
Auch Marco schien das Spiel, in dem  er sich befand, langsam zu begreifen und verzog das Gesicht. Am  interessantesten empfand ich die Reaktion von Whitebeard, der ein  leichtes Grinsen auf den Lippen hatte, in seinen Augen schimmerte sogar  eine Art von Bewunderung für Law. Natürlich, er hatte in einer für sich  ausweglosen Situation einen Vorteil gezogen, dass konnte nicht jeder  Pirat. Kein Wunder, dass so etwas der Kaiser zu würdigen wusste.
„Gut,  dann spielen wir anders", knurrte Marco und winkte Ace. Dieser seufzte  und murmelte in meine Richtung eine Entschuldigung. Für was  entschuldigte er sich bitte?
Grob packte Ace mich am Arm und zerrte  mich hoch und schleifte mich in Richtung meiner Crew. Automatisch begann  ich nach ihm zu treten und versuchte mich zu winden. Ich traf ihm sogar  am Schienenbein, allerdings tat dies mir deutlich mehr weh als ihm,  denn er marschierte einfach weiter. Schnell stellte ich mein Gezappel  wieder ein, als ich merkte, dass mein Körper solche Anstrengung nicht  verkraften konnte. Mein Sichtfeld bekam schon wieder einen leicht  schwärzlichen Rand und mein Kopf begann von neuen zu dröhnen. Ich war  noch immer zu schwach. Also blieb es bei den paar Sekunden Gegenwehr,  die mich völlig fertig machte.
Wir platzierten uns wenige Schritte  von Law entfernt. Fest hatte mich Ace im Griff. Schüchtern blickte ich  nun zu ihm hoch, seine Miene war nun nicht mehr so offen und freundlich  wie eben. Warum mussten Menschen immer so grausam sein?
„Wie schaut  es mit ihr aus? Ist sie auch Navigatorin?", fragte Marco spöttisch.  Anscheinend erhoffte er sich von Law nun eine andere Reaktion, da ich  das einzige Mädchen in der Crew war und somit ein potenzieller  Schwachpunkt. Außerdem machte ich einen ziemlich erbärmlichen Eindruck,  würde Ace mich nicht so fest halten, würde ich am Boden kauern.
Law  verzog keine Miene und zuckte lediglich gleichgültig mit den Achseln.  War ich ihm wirklich so egal? Natürlich war ich das, er musste sein  Spiel aufrecht erhalten. Aber es schmerzte trotzdem, dass er mich keines  Blickes würdigte.
„Bist du der Navigator?", fragte mich Marco nun.  Grundsätzlich galt, dass ich eine schlechte Lügnerin war, aber in diesem  Fall musste ich nicht lügen.
Ich nickte und blickte schnell wieder nach unten.
„Ace",  forderte Marco und ich merkte deutlich, dass es Ace missfiel, dass er  so sehr herumkommandiert wurde. Ebenfalls merkte ich nun den Blick von  Whitebeard in meinen Nacken, der mich neugierig musterte.
Ace ballte  eine Hand zur Faust und dann brannte seine Hand. Seine Hand brannte  wortwörtlich, allerdings schien sie ihn nicht zu verbrennen, sondern  schmiegte sich an seine Hand und ließ diese unberührt zurück. Ace war  ein Teuefelsfruchtnutzer. Er packte mich fester und machte Anstalten  mich mit seiner Feuerhand zu berühren. Das war der Moment in dem meine  Sicherungen durchgingen und ich sämtliche Kraftreserven aufbrachte.
Reine  Panik durchflutete mich und mein Körper spannte jeden Muskel an, es war  mir gleich, ob es schmerzte. Mein Ziel war ganz einfach: Ich musste weg  von diesem Feuer. Ich begann um mich zu schlagen und erwischte aus  Versehen seine brennende Hand. Automatisch stieß ich ein krächzendes  hohes Geräusch aus, was unter anderen Umständen ein Schrei wäre. Doch  mein Gezappel stellte ich nicht ein, obwohl ich mich verbrannt hatte. Er  sollte mich loslassen. Ich bekam immer mehr Panik, meine Sicht  schränkte sich immer mehr ein, aber ich kämpfte weiter wie eine Löwin.  Alles war besser, als am lebendigen Leib verbrannt zu werden. Er sollte  aufhören mir solche Angst zu machen. Mein Atmen wurde immer hektischer  und schon merkte ich den altbekannten Schmerz in meiner Brust. Mein Herz  begann nun auch panisch auf und ab zu Hüpfen in meiner Brust.
Panisch  schnappte ich nach Luft, aber sie schienen meine Lungen nicht zu  erreichen. Ich schlug wie eine Wilde um mich. Tränen traten mir in die  Augen. Ein gebranntes Kind scheute das Feuer, reichte es nicht, dass  meine Heimat in Schutt und Asche lag. Sie war ebenso niedergebrannt,  sollte ich nun auch in den Flammen zugrunde gehen? Von Sekunde zu  Sekunde merkte ich, wie meine Kräfte schwanden und meine Sicht wurde  immer trüber. Doch ich konnte meinen Blick nicht von der brennenden  Faust nehmen. Was war das für ein Monster, das mich in seiner Gewalt  hatte. Wieder trat ich mit meinen Fuß zu und traf nur auf stählende  Muskeln. Warum griff keiner ein, warum half mir keiner? Dieses Monster..
„Monster",  flüsterte ich ganz schwach in meiner Panik. Doch es war laut genug,  dass Ace es vernahm. Ein Ruck ging durch meinen Körper. Er hatte mich  losgelassen und starrte mich entgeistert an. Auf allen Vieren kroch ich  rückwärts, einfach nur noch weg von ihm. Ich konnte meinen Blick nicht  von ihm abwenden. Seine Augen schienen mich um Vergebung zu bitten, doch  ich wollte einfach nur entkommen.
Mich packten zwei starke Arme von  hinten und zogen mich weiter weg von dem Monster. Meine erste Reaktion  war natürlich nach hinten zu schlagen.
„Schh... alles gut..", murmelte  eine Stimme und ich merkte, dass ich nun bei meiner Crew war. Will  hatte mich gepackt und in den schützenden Kreis der Crew gezogen und  strich mir immer wieder sanft über den Rücken, um mich zu beruhigen.  Doch leider half das überhaupt nichts. Ich wollte mich nicht beruhigen.  Meine Augen starrte noch immer voller Furcht zu Ace, ich konnte ihn  nicht aus den Augen lassen. Er war eine Bedrohung, ein Monster direkt  aus der Hölle entsprungen. Wer hatte ein solches Monster auf die Welt  gebracht.
Noch immer flüsterte Will mir beruhigende Worte ins Ohr,  aber ich wollte nicht aufhören zu zittern. Mein ganzer Körper vibrierte  förmlich. Irgendetwas wurde über meine Schultern gehängt, wahrscheinlich  eine Jacke oder so. Viel bekam ich nicht mehr mit. Meine Gedanken  schweiften immer mehr ab.
Erneut versuchte der Koch zu mir  durchzudringen indem er eine Hand auf meine Schulter legte. Dies hatte  auch das Monster getan, sofort ruckte ich weg und schlug nach Will. In  diesem Moment wollte ich nicht mehr entscheiden wer Freund und wer Feind  war. Sie waren alle gleich. Alle wollten mich zerstören, die einen  schnell, die anderen langsam.
Law hatte den Blick von Marco  abgewandt und starrte mich an. Er ging einen Schritt in meine Richtung  und schien sich dann wieder zu besinnen.
Ich zog die Knie an und  legte meine Arme um die Knie und wiegte mich hin und her. Neben mir ließ  sich plötzlich jemand nieder. Sofort fuhr ich zusammen und starrte auf  Bepo, der nu neben mir saß. Er schaute mich ganz ruhig an und lächelte  leicht. Doch ich wollte nichts mehr von dieser Welt sehen, die voller  Monster war, die darauf warteten mich zu verschlingen oder  verbrennen.
„Auf  kleine Mädchen losgehen könnt ihr schon mal", zischte Will aufgebracht  in Aces Richtung. Das Monster hob abwehrend die Hände und warf mir immer  wieder entschuldigende Blicke zu. Erst jetzt fiel mein Blick auf mein  linkes Handgelenk – es war verbrannt. Es war feuerrot und die Haut  wirkte uneben und trocken und es brannte. Eine einzelne Träne tropfte  auf mein Handgelenk und fast schon erwartete ich eine Art Zischen, doch  die Flüssigkeit rann herunter und tropfte auf den Boden. Ganz langsam  beruhigte ich mich wieder.
„Es war keine Absicht", murmelte Ace  betreten und warf mir immer wieder verzweifelte Blicke zu. Er bat  regelrecht um Vergebung, doch ich war von nun an gebrandmarkt, wie ein  Stück Vieh, das am Markt versteigert wurde.
„Weshalb braucht ihr einen Navigator", fragte Law in die Stille.
„Meuterei",  erwiderte Ace trocken und wandte den Blick nicht von mir ab. Fast schon  wie ein bettelender Hund sah er mich aus seinen brauen Augen.
„Euer  Navigator hat gemeutert?", fragte Law, er klang überrascht. Ob er  überrascht war weil er eine Antwort bekommen hatte, oder wegen der  Antwort selbst.
„Nein. Der Deserteur hat den Navigator umgebracht,  sich den Log-Port gekrallt und sich aus dem Staub gemacht. Das war vor  vier Tagen. Ihr seid das erste Schiff am Horizont gewesen, was wir  seitdem erblickt haben und unsere Chance wieder auf Kurs zu kommen",  antwortete Marco. Ace ballte währenddessen wütend die Faust. Sofort zog  ich wieder den Kopf ein, kaum merkte er es, gab er seine bedrohliche  Haltung wieder auf.
„Mein Sohn hat uns alle verraten", meinte  Whitebeard traurig. Auf einmal empfand ich den alten Mann nicht mehr als  stark, sondern vielmehr als gebrochen. Er bedauerte den Verrat und  machte sich selbst Vorwürfe. Die Stimmung an sich hatte sich auch  komplett bei diesen Worten geändert. Die Crew wirkte nicht  angriffslustig, sondern vielmehr traurig. Natürlich, sie hatten einen  Kameraden verloren, einen Freund. Wir wussten zu gut wie es sich  anfühlt. Jedoch war unser Kamerad von der Weltregierung ermordet worden  und nicht aus eigenen Reihen.
Die Tatsache, dass Whitebeards eigener  Sohn ihn verraten hatte, machte die Situation nicht gerade besser.  Mitleid überkam mich. Kein Wunder, dass Marco so rabiat vorging.
Law  blieb stumm. Er hatte seine Antworten, aber er war kein Samariter. Nun  wandte sich Whitebeard direkt an Law. Von Käpt'n zu Käpt'n. Anscheinend  hatte Marco genug getan.
„Entweder ihr helft uns bis zur nächsten  Insel oder wir versenken euch. Zwar beinhaltet dies auch unseren eigenen  Untergang, aber wir haben keine Angst vor dem Tod", erklang die tiefe  Stimme von Whitebeard. Nun begann die Sache interessant zu werden.  Wahrscheinlich hatten sie gemerkt, dass sie auf unsere Kooperation  angewiesen waren und diese konnte er nicht erzwingen.
„Wir segeln  als Flotte und kämpfen gemeinsam bis zur nächsten Insel, quasi eine  halbe Allianz", stellte Law klar. Eine Allianz unter Piraten,  faszinierend welche Wendungen mein Leben doch für mich bereithielt.
„So sei es", nickte Whitebeard und wandte sich ab. Doch dann drehte er sich noch einmal um und starrte mich eindringlich an.
„Es  war nicht die Absicht meines Sohnes dich zu verletzen, Kind", sagte er  ruhig und sprang an Deck seines Schiffes. Die Hälfte seiner Crew folgte  ihm und unser Deck leerte sich zügig. Marco starrte noch immer grimmig  durch die Gegend und hatte sich zu dem Monster gesellt. Dieser hatte  noch immer diesen bedauernden Gesichtsausdruck und guckte mich traurig  an.
Law schritt zügig auf seine Crew zu.
„Auf eure Posten",  kommandierte er so gleich in alter Manier. Bepo blieb selbstverständlich  an meiner Seite sitzen. Erst jetzt merkte ich, dass er seine Pfote  schützend auf meinen Rücken gelegt hatte. Law hob die Decke auf, die ich  wohl verloren hatte, als das Monster mich zu Marco zerrte. Er trat auf  mich zu und sein Gesicht zeigte eine Art Grimasse, sollte das etwa ein  Grinsen darstellen?
„Na ausgeschlafen, Prinzessin?", fragte er  spöttisch und legte mir die Decke um die Schulter. Träge schüttelte ich  den Kopf. Jetzt, wo die Anspannung langsam aus meinen Knochen wich und  das Adrenalin nicht mehr durch meine Adern pumpte merkte ich wie kaputt  ich war.
Ich fühlte mich richtig erbärmlich.
Plötzlich tauchte  Ace neben Law auf. Das Monster war ein paar Zentimeter kleiner als mein  Käptn. Verlegen kratzte sich Mr. Superheiß am Hinterkopf und kniete sich  vor mir hin. Sofort erwachten meine trägen Glieder wieder zum Leben und  ich robbte förmlich nach hinten um Distanz zwischen mir und Ace zu  schaffen.
„Zeig mal her", murmelte er und deutete auf mein  Handgelenk. Keine Chance, niemals würde ich ihm irgendeins meiner  Körperteile hinhalten. Das konnte er so was von vergessen. Auch wenn er  mich noch so bittend aus seinen brauen Augen anschaute. Nein. Er sollte  mich nie wieder anfassen.
„Glaub du hast genug angerichtet", kam es  spitz von Law. Er gab sich nicht einmal mehr Mühe die Wut in seiner  Stimme zu unterdrücken. Erst jetzt viel mir auf wie sehr sich Law  zusammen riss. Als neben mir auch noch ein deutliches Knurren von Bepo  kam wusste ich endgültig Bescheid. Sie würden ihn regelrecht  zerfleischen, wenn er mir zu nahe kam.
„Mit dir redet keiner",  stellte Ace klar und erhob sich wieder und stand nun Law ganz dicht  gegenüber. Was trieben die zwei da. Hilfesuchend sah ich mich um, gab es  irgendjemanden der den potenziellen Streit verhindern konnte. Es waren  lediglich noch Bepo und Marco anwesend. Dieser hatte die Arme  verschränkt und musterte Ace mit zusammengezogenen Augenbrauen, machte  aber keine Anstalten einzugreifen.
„Fass sie nie wieder an", zischte  Law. So eine Reaktion hatte ich von ihm nie zuvor zu Gesicht bekommen.  Er hatte sich richtig groß gemacht, die Schultern waren gestraft und  sein Blick sprach nur Bände ‚Fass sie an und du wirst ein Wunder  erleben'. Er war tierisch angepisst und schien alles dran zu setzen mich  zu beschützen. Sonst war seine Miene immer so kalt und unberechenbar  gewesen, doch nun schien er wütend. Dieses Mal nicht auf mich, sondern  auf sein Gegenüber. Ace war ihm ein Dorn im Auge. Noch nie war Law mit  einer solch sichtbaren Ablehnung auf einen anderen Menschen zugegangen.
„Da  hat sie auch ein Wörtchen mitzureden, oder bestimmst du immer über  ihren Kopf hinweg", stichelte Ace weiter. Die Stimmung spannte sich  merklich an und irgendwie fühlte ich mich hilflos, es gab nichts was ich  tun konnte um für eine Deeskalation zu sorgen.
Ace schien Law zu hassen und Law schien Ace zu hassen. Naja, immerhin beruhte das Ganze auf Gegenseitigkeit.
Ich kuschelte mich tiefer in die Decke um die Kälte zu vertreiben.
„Ich  bring sie zum Arzt, er soll sich das anschauen", sagte Ace mit einer  festen Stimme und machte einen entschlossenen Schritt auf mich zu. Ich  wusste nicht, ob er es aus reiner Nächstenliebe tat, oder weil er  Schuldgefühlte hatte. Mein Favorit war eher das letztere. Aber ich  wollte mich nicht noch einmal von ihm anfassen lassen.
„Der ist bereits anwesend und nun zieh Leine", drohte Law, dessen Hand zur Faust geballt war.

Still falling for you - Trafalgar Law x OC [abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt