Paragreen

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Amspäten Abend, kurz vor der Dämmerung, können wir das Dorf vor uns sehen. Ichkann sehen, wie in Paragreen die Leute zusammen laufen und sich für uns inStellung bringen. Als wir ins Dorf reiten, kommt Linea mir entgegen. Neben ihrbleibe ich stehen, steige ab und ein Stalljunge nimmt mir Wonders Zügel ab.„Die Leute wollen kämpfen. Brauchen jedoch etwas Übung. Sie sind halt dochBauern. Emarian kümmert sich um Virond.", berichtet sie während wir zu Virondund Nicolaj gehen. Sie zeigt auf eine kleine kräftige Frau. „Dies ist Emarian.Sie ist die Frau vom Haupt hier. Sie kennt sich mit Wunden aus." „Lady Nucara.Wir sind so froh, dass ihr gekommen seid. Ich werde mich gut um ihn kümmern."Verspricht sie mit einer rauen Stimme. „Dann vertraue ich ihn deiner gutenObhut an, gute Frau. Virond?" „Ist gut Nucara." „Nicolaj geh mit ihm!" „Nein.Ich will ihn nicht bei mir haben. Er soll mit den anderen lernen zu kämpfen.Bitte Nucara.", bittet mich der verletzt Virond. „Okay Virond. Ich werde michselbst um seine Ausbildung kümmern." Virond nickt und geht mit Emarian fort.Nun wende ich mich an die Leute die sich um mich versammelt haben. „Mir wurdegesagt ihr wollt kämpfen. Stimmt das?", frage ich und ein kräftiger Mann trittmir entgegen. „Ich bin Legant. Oberhaupt von Paragreen. Wir werden unser Dorfverteidigen. Doch haben wir keine Waffen." „Dann müssen wir welche herstellen.Emagnios schnapp dir ein paar Männer für die Schwertschmiede, Linea nimm dirdie Frauen und Kinder für die Herstellung von Pfeilen und Bogen. Wir habennicht viel Zeit.", teile ich die Leute auf. Wenig später herrscht ein wildesTreiben im Dorf. Frauen und Kinder suchen Stämme für Pfeile und Bögen, ein paarFrauen rupfen Hühnern die Federn. Von der Schmiede hört man das Hämmern vonMetall. „Und was machen wir?", fragt Flavio. „Wir nehmen uns ein paar Leute zuSeite und beginnen mit der Ausbildung. Flavio du nimmst die Schwerter vonunseren Leuten und ich nehme mir Pfeil und Bogen vor." Wenig später habenFlavio und ich unsere ersten Lehrlinge. Flavio, der die Schwerter von Emagnios,Linea, Virond und mir hat, zeigt den Männern und Jugendlichen wie man dasSchwert hält und einige Kampftechniken, die sie dann einzeln an einem Baumüben. Flavio läuft von einem zum anderen und korrigiert Stand, Haltung undGriff. Er ist ein geduldiger Lehrer. Da ich nur das Set von Linea und mir habe,habe ich nur zwei Lehrlinge: Nicolaj und Matteu. Beide sind im gleichen Alterund haben schnell Freundschaft geschlossen. Ich habe ihnen erklärt wie sie denBogen spannen müssen und wie sie das Ziel anvisieren. Beim ersten Versuch gehendie Pfeile neben die Bäume und ich muss die Arm- und Beinführung korrigieren.Der zweite Pfeil von Nicolaj trifft in die Mitte. Matteu's geht daneben. „Gutgemacht Nicolaj. Matteu dein Ellenbogen ist zu weit oben. Nimm ihn etwasrunter! So nun lass los.", sage ich und schon ist der nächste Pfeil im Ziel.„Super und gleich noch mal. Und vergesst das zielen nicht." Während die Jungsüben, gehe ich kurz zu Flavio. „Wie läuft's?" „Sie sind gut. Und wie machensich deine beiden?" „Matteu hatte leichte Startprobleme. Bei Nicolaj hat schonder zweite Pfeil gesessen. Er ist fit." „Lady Nucara?", spricht mich ein ca. 18jähriger Junge aus Flavios Gruppe an. „Ja was gibt es?", frage ich ihn. „PrinzFlavio hat gesagt, dass ich Euch fragen soll, ob Ihr gegen mich kämpfenwürdet." verblüfft schaue ich Flavio an. „Das ist Mino. Er hat mich gefragt, obdu gegen ihn kämpfen würdest. Ich habe ihm gesagt, dass er dich fragen soll. Erist gut. Einer der Besten.", erklärt Flavio mir. „Na dann Mino. Schauen wir malwas du von Prinz Flavio gelernt hast.", sage ich zu dem Jungen und nehme meinSchwert entgegen. Sofort geht Mino in Kampfstellung. Ich tue es ihm gleich. Eshat sich inzwischen herumgesprochen, dass ich mein Schwert in der Hand habe undalle haben sich im Kreis um uns versammelt. Es herrscht eine gespannte Stille.Mino greift von oben an und ich springe zur Seite weg. Schnell dreht er sich zumir und versucht von unten seitlich nach oben zu schlagen. Unsere Schwerterschlagen klirrend zusammen. Nun bin ich es die angreift. Geschickt weicht erseitlich aus und versucht mich mit dem Schwert am Rücken zu streifen. Schnell duckeich mich und berühre sein Bein mit meinem Schwert. Das Zeichen das den Kampfbeendet. Schwer atmend steht Mino vor mir. „Du wirst ein guter Kämpfer werdenMino.", ermutige ich ihn und lege ihm eine Hand auf die Schulter. Etwaszweifelnd schaut er mich an. Ich nicke nur und er beginnt zu strahlen. „Jetztwollen wir aber mal einen richtigen Kampf sehen.", ruft eine Stimme. MeineLaune ist gut und so wette ich: „Flavio? Ich wette du hast keine Chance gegenmich." Sofort ist er dabei. „Vergiss es Nucara. Du bist mir kein bisschengewachsen.", verschwörerisch grinsend und voller Vorfreude umkreisen wir uns.Frech zwinkere ich ihm zu und im nächsten Moment greife ich ihn auch schon an.Klirrend treffen unsere Schwerter aufeinander. Es macht Spaß die Muskeln in denArmen und Beinen zu benutzen. Wir kämpfen eine Weile und unsere Zuschauerlachen herzhaft wenn es uns gegenseitig gelingt, dem anderen einen Streich zuspielen oder in den Sand zu werfen. Am Ende liegt Flavio entwaffnet auf demBoden und ich sitze rittlings auf seinem Bauch. Die Zuschauer grölen und auchwir lachen. Noch lachend stehe ich auf und ziehe den Prinzen hoch. „Ich schätzeIHR seid MIR nicht gewachsen Prinz.", lache ich und stupse ihm mit dem Fingergegen die Brust. Lachend hebt Flavio die Hände und ruft: „Ich ergebe mich. Ihrseid die Bessere Lady Nucara. Ich nehme jede Strafe in Kauf." „Die sollt Ihrerhalten. Wo sind denn meine kleinen Foltergehilfen?", frage ich und schaue dieKinder an. Lachend und sich amüsierend schreien sie: „Hier sind wir LadyNucara. Hier." „Dann kommt und schnappt euch den Gefangenen. Er gehört euchheute Abend.", sage ich zu ihnen. Mit riesigem Gebrüll stürzen sich die Kinderauf Flavio. Grölend versucht Flavio sich von den Kindern zu befreien, dochlassen sie ihn nicht aus ihren kleinen Fingern. „Nicht schlecht Nucara. GuteBein- und Armtechnik! Ich werde dich bestimmt nicht herausfordern. Ich willdich auch nicht zum Feind haben.", lobt Emagnios mich. „Danke Emagnios. Wiesieht es bei dir in der Schmiede aus?" „Die Männer haben schnell verstanden wiees geht. Wir haben schon ungefähr 30 Schwerter." „Sehr gut. Es ist jetzt schonzu dunkel um weiteren Leuten das Schwertführen beizubringen. Für heute ist esgut. Ich schaue jetzt noch nach Virond. Danach baue ich mein Lager auf."„Einige Leute stellen uns Betten zur Verfügung." „Ja ich weiß. Ich lege michaber zu den Pferden. Dort kann ich in Ruhe planen und nachdenken." „Okay."Zusammen mit Emagnios gehe ich zu dem Haus des Hauptes. Ich klopfe und kurzdarauf öffnet Emarian die Tür. „Wie geht es Virond?" „Schon besser! Er schläftgerade. Ich habe die Wunde gereinigt und neu verbunden.", erklärt sie und führtuns in einen kleinen Raum wo ein Bett steht. Leise trete ich ans Bett in demVirond schläft. „Er sieht schon viel besser aus.", sage ich. „Emarian. Denkstdu er ist in vier Tagen wieder fit?" „Ich weiß es nicht Lady Nucara. Es kommtdrauf an, wie sein Körper auf die Behandlung anspringt.", erklärt sie. Ichnicke und verlasse, gefolgt von den beiden das Zimmer. Kurz unterhalte ich michnoch mit den beiden und gehe dann in den Stall um mein Lager vorzubereiten.Kurz schaue ich noch nach unseren Pferden und lege mich dann ins Stroh. DerGeruch des Stalls und das genüssliche Kauen der Pferde verbreitet einehimmlische Stille tief in mir und ich beginne zu dösen. Gerade als icheinschlafe wird das Stall Tor einen Spalt geöffnet und Luki schlüpft herein,kurz hinter ihm taucht dann auch noch Prinz Flavio auf. „Ich schlafe bei dirhier. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass du hier alleine bist.",erklärt er und bereitet seine Decke neben meiner aus. Als wir so nebeneinanderda liegen und die Decke anstarren frage ich ihn: „ Denkst du sie schaffen es?"„Was meinst du?" „Der Angst standzuhalten und zu kämpfen." „Ich denke sieschaffen es. Sie sind mutig und stark." Ich nicke nur. Ich habe Zweifel oballes gut geht, ob meine erste Mission nicht im Chaos endet. Flavio hat sichwährenddessen auf die Seite gedreht und beobachtet mich. „Du machst dir Sorgen,stimmt's? Du machst dir Sorgen um den Erfolg und zweifelst an dir. Mach dasnicht. Es wird alles gut gehen.", versucht er mich zu stärken. Ich kann nurnicken und drehe mich zur anderen Seite, mit dem Rücken zu ihm. Ich liege nocheine Weile nachdenklich da, bis ich schließlich doch einschlafe. Als ichaufwache ist es draußen noch dunkel. Flavio liegt noch immer leise schnarchendneben mir. Leise ziehe ich mir mein Hemd, meine Weste und meine Schuhe über,nehme mir meine Waffen und schleiche zur Tür. Luki, natürlich wach geworden,steht auf und stellt sich neben mich. „Na gut komm mit. Aber sei leise.", sageich nur und öffne das Stall Tor. Schnell schlüpfen Luki und ich hindurch. Ander Luft schnalle ich mir meinen Gurt mit Dolch und Schwert um und nehme denKöcher auf den Rücken. Den Bogen behalte ich in der Hand. Ich beschließe zumWachposten zu gehen und ihn abzulösen. „Was macht ihr schon so früh auf?",fragt mich der Wachposten überrascht. „Kann nicht mehr schlafen. Ich dachte ichkönnte Euch ablösen." „Lieb von Euch. Doch ich habe eben erst abgelöst. Ichbrauche noch keinen Schlaf. Versucht wieder zu schlafen.", dankt er mirfreundlich. „Hmmm... okay.", murmle ich und verlasse den Wachposten. Als ich anunserem Übungsplatz vorbei komme, habe ich eine Idee. Ich nehme mir einenHeuballen, einen Besenstiel und einen Kürbis, der schon leicht faulig ist. Ichramme den Stiel in den Ballen und setze dem Besenstiel den Kürbis als Kopf auf.Nun habe ich einen Gegner, der in meiner Größe ist. Luki beobachtet michneugierig aus der Ferne. Manchmal habe ich das Gefühl, dass er weiß was ichvorhabe, ohne dass ich irgendwas sage. Ich gehe jetzt einige Schritte nachhinten und ziehe meinen ersten Pfeil. Langsam spanne ich meinen Bogen, Zieleund lass die Sehne mit dem Pfeil los. Der Pfeil trifft genau den Stiel, der alsHals dient. Schnell ziehe ich den nächsten Pfeil, spanne, ziele, lass los undtreffe den Heuballen. Dies wiederhole ich noch mehrere Male, wobei ich immerschneller werde im Pfeil ziehen. Am Ende der Übung ist der „Gegner" durchlöchertmit Pfeilen, einer der Pfeile steckt mitten im Kürbis. Ich nehme meinen Bogenauf den Rücken und ziehe mein Schwert. Ich betrachte kurz das Handwerk meinesVaters, dann beginne ich mein Schwert-Training. Ich setze einige Hiebe gegeneinen Baum. Dann mache ich ein paar Übungen in die Luft. Ich spüre wie die Luftam Schwert entlang rauscht. Ich drehe, haue und bücke mich, wie mit einemunsichtbaren Gegner. Nach einigen Stunden, als ich mein Training beende, steheich atemlos am Rand. Es ist kurz vor Sonnenaufgang. Ich laufe mit Luki zumBrunnen und trinke einen Schluck vom kalten, frischen Wasser. Luki halte ichdie Kelle kurz hin und er schlabbert etwas davon. Als wir zum Platzzurückkommen stehen Nicolaj und Emagnios vor meinem Heu-Kürbis-Besenstiel-Gegner und betrachten ihn belustigt. Als ich neben ihnen stehen meint Emagnioszu Nicolaj: „Mach Nucara niemals wütend, außer du möchtest so enden wie unserFreund hier." „Ha ha Emagnios... sehrlustig. Lust auf einen kleinen Kampf? Kürbiskopf hat sich nicht wirklichgewehrt." Emagnios nimmt sich sein Schwert. „Ich bin dabei!" Belustigt stehenwir einander gegenüber und grinsen uns an. Spontan springe ich ihm einen Satzentgegen und verübe einen tiefen Schlag. Gekonnt blockt er den Schlag undschmettert ihn ab. Nun setzt er zum Angriff und ich kann gerade nochausweichen. Nach kürzester Zeit schwitzen wir beide und es versammeln sichimmer mehr Schaulustige um den Übungsplatz. „Lady Nucara... Lady Nucara...!" Höreich eine aufgeregte Stimme schreien. Es ist Matteu, der Sohn von Emarian undLegant. Auch Emagnios hat ihn gehört und wir lassen die Schwerter sinken.„Matteu was ist passiert? Ist was mit Virond?", frage ich den Jungen. „Nein. Esist eine verletzte Frau am Tor. Sie sagt sie wäre mit Euch befreundet und siewill mit Euch sprechen." „Adrina.", schießt es mir durch den Kopf. „Bring michzu ihr!", fordere ich ihn auf und renne hinter ihm her. Unser Weg endet am Tor.„Öffnet das Tor!", schreie ich den Wachen zu. Schon nach wenigen Sekunden kannich durch einen schmalen Spalt eine Gestalt erkennen. „Nucara! Ich bin's!"„Adrina! Ich bin gleich bei dir!", schreie ich und zwänge mich durch das sichöffnende Tor. Schnell renne ich zu ihr und umarme sie. „Adrina was istpassiert? Wieso bist du hier?" „Königin Fiola schickt mich. Ich soll dirausrichten, dass die Armee von Leogren größer ist wie angenommen. Sie sind auchbald hier.", erklärt sie fast schon flüsternd. Mittlerweile ist das Tor offenund Emagnios und Flavio eilen zu uns. „Helft mir sie reinzubringen.", sage ichund versuche sie anzuheben. „Lass mal Nucara. Ich mach das schon.", erwidertEmagnios, hebt Adrina hoch und trägt sie ins Dorf. „"Bringt sie zu mir rein.Ich kümmere mich um sie." „Danke Emarian. Emagnios bring Adrina rein und kommdann so schnell es geht nach zum Übungsplatz." „In Ordnung Nucara.", antworteter und geht hinter Emarian ins Haus. Den anderen Dorfbewohnern zeige ich, dasssie mir folgen sollen. In einer langen Karawane laufen wir zum Übungsplatz, woich mir zwei Heuballen aufeinander staple und hinaufsteige. „Ich habe ebenerfahren, dass das Gefolge von Leogren sich vermehrt hat und schon sehr baldhier sein wird. Sie sind näher als bisher gedacht. Wir müssen uns nun immerbereithalten. Legt eure Waffen nicht ab und wenn dann immer in Griffnähe. Wirmüssen immer bereit sein zu kämpfen." Als Antwort beginnen alle laut zuschreien und heben die Waffen in die Luft. Alle Leute verstreuen sich wiederund nur Emagnios, Flavio, Linea und Nicolaj bleiben mit mir zurück. „Nucara? Wosoll ich denn dann kämpfen?", fragt Nicolaj mit leicht ängstlichem Unterton.„Du wirst mit Matteu, Mino und den anderen Jugendlichen erst mal auf dem TorTurm oben mit Pfeil und Bogen sein. Ich möchte euch voraussichtlich nicht imKampf haben. Ihr kommt nur im Notfall runter." Leicht beruhigt nickt Nicolaj.Gedankenverloren schaut Flavio in die Ferne. „Was ist Flavio?", frage ich. „ichfrage mich wie es meiner Mutter geht." „Verstehe. Das frage ich mich auch, vorallem nachdem Adrina hier verletzt angekommen ist." „Weißt du, ich weiß nichtwie es in der Zukunft sein soll. All die Kriege und Verschwörungen. Was istwenn das Reich zerbricht und meiner Mutter alles aus den Händen gleitet?" „Daswird niemals passieren. Deine Mutter ist die mächtigste Königin die ich kenne.Das Reich steht hinter ihr. So wie auch ich hinter dir stehe. Das Reich ändertsich, so wie wir uns auch ändern. Es wird schon alles gut. Wir greifen unsLeogren und besiegen ihn. Dann könnt ihr nach Hause und ich werde mich auf dieSuche nach Arius machen." „LadyNucara...!", aufgeregt kommt einer der Dorfbewohner angerannt. „Ja? Was ist?",frage ich. „Man sieht die Armee bereits am Horizont. Gegen Abend werden siehier sein!"

Elbvillanda ~Pausiert~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt