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Nachdem ich mich von meinem Kollaps und der Tatsache, dass mein Traummann mich gerade zum zweiten Mal verlassen hat, halbwegs erholt habe, gehe ich mit zittrigen Knien zurück zum Wohnheim.

„Wow, wurdest du von einem Laster überrollt?" fragt mich Colin überrascht, als ich unser Zimmer betrete.
„Ha. Ha. Nein," mache ich nur und nehme meine Duschsachen.
„Alles okay, Josh?"
„Nein," fauche ich. „Nichts ist okay. Ich bin fast ohnmächtig geworden."
Colin verkneift sich ein Lachen, aber ich sehe es dennoch.
„Ja, lach du nur. Aber warte kurz, es wird noch besser," fahre ich sarkastisch fort. „Matthew war dort und hat mich gesehen."

Colins Augen werden riesig. „Dein Ernst? Habt ihr geredet?"
„Er hat geredet. Ich war leider am Rande der Ohnmacht."
„Was hat er gesagt?"
„Dass ich langsamer laufen und viel trinken soll."
„Genau das, was ich auch immer sage."
„Ja, nur dass wir zwei nicht den besten Sex meines Lebens hatten."
Er verzieht angewidert das Gesicht. Wenn jemand hetero ist, dann Colin.
„Und dann?"
„Dann ist er wieder verschwunden. Ohne ein fucking Wort," ich schreie nun schon fast, so frustriert bin ich. Ich knalle die Tür hinter mir zu und gehe so duschen, wie Matthew es mir gesagt hat.

Zwei Stunden später bin ich zumindest wieder so fit, dass ich mich in der Lage sehe, noch etwas zu lernen. Ich habe heute Nachmittag keine Vorlesung, also gehe ich in die Bibliothek, um etwas über Wirtschaftswachstum in den dreißiger Jahren zu lesen. Innerlich würge ich trocken. Wirtschaft und Geschichte sind mit Abstand die langweiligsten Fächer und das noch kombiniert..
Aber es nützt nichts, ich muss diesen Stoff lernen, da ich demnächst eine Arbeit darüber abgeben muss und es zudem noch prüfungsrelevant ist.

Ich suche mir die notwendigen Bücher zusammen und gehe leise durch die Bibliothek um einen freien und vor allem ruhigen Tisch zu finden, an dem ich lernen kann. Hinten zwischen den alten Landkarten werde ich fündig. Zufrieden werfe ich meinen Rucksack auf einen der Stühle und breite meine Bücher und Unterlagen aus.

Eine halbe Stunde später bin ich so vertieft, dass mir gar nicht auffällt, dass plötzlich jemand vor mir steht.
„Na? Kannst du wieder atmen?" fragt mich eine tiefe Stimme ganz leise und ich schrecke hoch.
Da steht er. Groß, wuschelig, in einer blauen Jeans und einem lila T-Shirt. Ich starre ihn an und schnappe wie ein Fisch im Trockenen nach Luft. Ich hätte ihn nicht für den bunten T-Shirt-Typen gehalten.

„Hey," plappert er leise weiter und setzt sich ungefragt neben mich. „Tut mir leid, dass ich vorhin so schnell abgehauen bin, ich musste leider noch was erledigen."
„K-kein Problem," stottere ich und starre unentwegt auf seine Lippen.
„Wow, sprechen kannst du auch," fällt ihm auf und er lächelt dieses wunderschöne Lächeln.
In meinem Kopf brennt eine Sicherung durch und ehe ich weiß, was passiert, setze ich mich rittlings auf seinen Schoß, packe sein Gesicht und küsse ihn einfach.

Er macht ein überraschtes Geräusch und kurz überlege ich, ob ich zu forsch bin, aber er widerlegt meine Zweifel, indem er seine Arme um meine Taille schlingt und meinen Kuss leidenschaftlich erwidert.
Ich reibe mich ungeniert an ihm, zu groß ist meine Angst, dass er gleich wieder verschwindet und ich ihn nicht mal anfassen konnte.

Seine Hände wandern ruhelos über meinen Rücken und meinen Hintern und es fühlt sich an, als wäre es das erste Mal, dass wir uns berühren. Meine Haut kribbelt und ich bin schon jetzt steinhart. Er atmet schwer an meinem Mund und flüstert: „Ich hätte dich vermutlich erst zu einem Kaffee eingeladen, aber wo wir schon mal dabei sind.." Mühelos steht er auf und küsst mich dabei weiterhin wild.

Er legt seine Hände auf meine Schultern und sieht mir tief in die Augen. Ängstlich sehe ich zurück. Will er jetzt schon wieder gehen? Das ertrage ich nicht. Breit grinsend nimmt er meine Hand und flüstert: „Komm' mal mit."
Bevor ich antworten kann, zieht er mich mit sich noch weiter den Gang entlang. Hinten sehe ich einen Notausgang und auf genau diesen steuert er zu. Bevor wir die Tür erreichen, nimmt er einen dicken Wälzer aus dem Regal und zwinkert mir zu.

Dreisamkeit | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt