i - s i b - i l

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T a e h y u n g

Uns wehte ein eiskalter Wind entgegen, als Yoongi und ich das Kino verließen. Sofort zog ich meinen Mantel enger zusammen und meine Mütze weiter über die Ohren. Auch meinen Bruder schien es zu frieren, da seine Hände augenblicklich in den Taschen seiner Jacke verschwanden. Wir liefen still nebeneinander her — auf dem Weg zum Bahnhof, um direkt wieder nach Hause zu fahren.

»Der Bus kommt in zehn Minuten. Wir brauchen ungefähr fünf bis zum Bahnhof. Ich hab mit Jimin ausgemacht, wir bringen Abendessen mit, wenn wir nach Hause kommen.«, fing Yoongi nach einer Weile an zu reden. Es schien mehr so, als würde er laut für sich selbst überlegen, als dass er mit mir gesprochen hatte. »Kannst du schnell zu dem Take-Away-Stand da vorne gehen und ich lauf schon mal vor und besorg uns die Fahrkarten? Beides zusammen schaffen wir nicht.«, fragte er mich diesmal direkt, sodass ich meinen Blick zu meinem Bruder richtete.

Yoongis Lächeln wirkte aufmunternd und ich wusste nicht wieso, aber irgendwie hatte ich genau das gebraucht. Ich hatte mich auf unseren monatlichen Kinoabend gefreut wie immer, doch als wir vor ein paar Stunden von zu Hause losgegangen waren, fühlte ich mich plötzlich seltsam — so als würde ich unbedingt zu Hause bleiben wollen. Doch eigentlich liebte ich es, etwas mit Yoongi zu unternehmen, doch irgendwas ließ mich dieses Mal so leer fühlen.

Ich nickte nur einverstanden, ehe mir der Ältere auch sofort etwas Geld in die Hand drückte. »Alles wie immer, wir sehen uns dann am Bahnhof. Ruf mich an, wenn du den Weg nicht mehr weißt.« Mit diesen Worten verschwand der Grauhaarige, noch bevor ich ihm hätte sagen können, dass ich mein Telefon gar nicht dabeihatte.

Als ich nun allein war fühlte sich die Kälte noch viel präsenter an, als gerade eben noch. Obwohl ich wusste, dass wir unter Zeitdruck standen, blieb ich eine Weile einfach auf der Stelle stehen. Es war, als würde sich mein Körper dagegen wehren, mich noch weiter von Yoongi zu entfernen. Ich wollte nicht, dass er ging. Was, wenn er nicht mehr wiederkommen würde? Ich war hier allein — Yoongi ließ mich hier allein stehen. Was sollte ich denn jetzt tun?

Es war ein seltsames, beinahe unruhiges Gefühl, das durch meinen Körper blitzte. Wieso ging er weg? Wieso kam er nicht mehr wieder? Er sagte doch, er würde wiederkommen. Ich merkte, wie meine Augen unangenehm brannten und als ich sie schließlich schloss, flossen warme Tränen heraus, die zwar meinen kalten Wangen guttaten, mir allerdings nicht. Panisch sah ich mich um. Ich wollte nicht allein bleiben, Yoongi musste hier doch irgendwo sein. Er musste einfach wiederkommen. Und wo war.. wieso war.. Jeongguk  wieso war er nicht hier? Wieso war ich denn so allein?

Es war, als würde mir etwas die Luft abschnüren. Ich drehte mich hin und her in der Hoffnung, irgendjemanden zu sehen. Einfach irgendjemanden, zu dem ich gehen konnte. Meine Hände zitterten, als ich mir hastig meine Tränen wegwischte. Ich konnte überhaupt nichts sehen — das Wasser in meinen Augen ließ alles vor mir verschwimmen. »Yoongi.«, kam es mir beinahe flüsternd über die Lippen. Hier war keiner, der mir helfen konnte. Ich war allein.

Meine Augen ließ ich geschlossen, während ich hin- und herlief. Ich spürte meinen gesamten Körper zittern, aber ich konnte nichts dagegen tun. Ich würde nichts daran ändern können, dass ich allein war. Meine Fingernägel krallten sich schmerzhaft in die Haut meiner Oberarme — durch den Stoff meines Mantels und Pullovers hindurch. Ich wusste, wie sehr es wehtat, aber ich spürte es nicht. Ich spürte außer einem dumpfen Gefühl von Panik überhaupt nichts mehr.

Plötzlich fiel es mir sogar schwer, nur zu stehen. Alles fühlte sich so taub an — als hätte ich meinen Tastsinn verloren. Wie ein Kleinkind, das gerade das Laufen lernte und dabei scheiterte, sackte ich auf den Boden und landete unsanft auf meinen Knien. Hier war alles so still, es war so unerträglich. »Hey — oh, hey.«, hörte ich es auf einmal deutlich neben mir. Erschrocken sah ich auf. Yoongi! Er war wieder hier, ich war nicht mehr allein. »Wie kommt es denn, dass du immer weinen musst, wenn wir uns begegnen, kleiner Spatz?«

holding on and letting go ✧・゚kookvWo Geschichten leben. Entdecke jetzt