i - s i b - y u k

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J e o n g g u k

Diesmal beeilten wir uns nicht, denn schließlich hatten wir auch überhaupt kein Ziel. Wir nahmen uns die Zeit, die wir eigentlich gar nicht hatten, und suchten lieber jede Straßenecke zweimal ab, bevor wir etwas übersahen. Ich bemühte mich wirklich, jeden versteckten Winkel nach irgendeinem Hinweis abzusuchen — schließlich könnte Taehyung ja total zugedröhnt hier herumliegen — doch es war verdammt schwer, mich zu konzentrieren. Ich war erschöpft, doch gleichzeitig stand mein gesamter Körper so sehr unter Strom, dass ich meine Erschöpfung ignorieren konnte. Meine Hände zitterten — es machte mich so nervös, dass das hier unsere letzte Chance war, Taehyung zu finden.

Das hier. Diese aussichtslose Suche am Rande einer verdammten Landeshauptstadt. Obwohl wir wussten, dass er vor kurzem noch hier in der Nähe gewesen war, musste das nicht heißen, dass wir ihm auf der Spur waren. Bei unserem Pech liefen wir gerade in die genau entgegengesetzte Richtung. Es war wirklich zum Verrücktwerden. Wo sollte er denn sein? Wie hoch waren wohl die Chancen, dass wir ihn hier einfach so auf dem Weg zurück in die Stadt auflesen konnten? »Fuck, verdammte Scheiße!«, durchbrach Jimins laute, verzweifelte Stimme plötzlich meine hoffnungslosen Gedanken. Sie unterbrach die schrecklichen Szenarien, die mein Kopf mir vorspielte.

Der Blondhaarige lief geradewegs auf einen Baum zu und es machte auf mich den Eindruck, als wäre Jimin an einem Punkt der Verzweiflung angekommen, der es ihm unmöglich machte, weiter so unwissend bleiben zu können. Ich hatte gedacht, er würde seine Frustration an diesem Baum auslassen müssen, doch kurz bevor seine Faust den Stamm berühren konnte, hielt sie an und der Jüngere raufte sich stattdessen zum x-ten Mal an diesem Tag die Haare. »Scheiße, das hat doch alles keinen Sinn!«, kam es wieder mit brüchiger, aber dennoch lauter Stimme von ihm. Er hatte recht, deshalb machte ich mir nicht die Mühe, ihn durch Floskeln wie Das wird schon, wir werden ihn schon finden beruhigen zu wollen. Ich hatte einfach nicht die Nerven dafür, mich jetzt um Jimin zu sorgen, denn ich war mindestens genauso aufgewühlt, wie er selbst.

»Jimin, bitte!«, rief ihm Yoongi entgegen und lief auf ihn zu. Auch ich bewegte mich etwas näher zu den beiden. Der Ältere legte schnell seine Hände auf die Schultern des Blonden und versuchte so, seine Aufmerksamkeit zu erlangen. »Das geht jetzt nicht, du musst dich zusammenreißen. Taehyung braucht uns, irgendwer muss ihn doch wieder nach Hause bringen, oder?«, redete er auf ihn ein. Jimin nickte nur, doch ich sah ihm an, dass er noch immer aufgelöst war. Die angestauten Tränen in seinen Augen drohten jeden Moment über seine Wangen zu fließen. »Wir werden ihn hier schon irgendwo finden. Jeongguk, sag's ihm.«, wandte Yoongi sich plötzlich an mich, worauf ich einmal trocken schlucken musste. Das konnte ich nicht — nicht jetzt. Ich wollte jetzt keine falschen Versprechungen geben. Ich wollte diese Sache hier nicht mehr schönreden.

Mit fixiertem Blick in die Leere schüttelte ich meinen Kopf. »Das kann ich nicht.«, brachte ich beinahe flüsternd über die Lippen. »Er hat recht, Yoongi.«, stimmte ich Jimin zu und riss meine Augen ruckartig von den paar Büschen los, auf die sie sich versteift hatten. »Das hier ist sinnlos.«, redete ich einfach weiter. Ich musste es doch sagen. Wir mussten uns eine andere Strategie überlegen. Blindes Suchen würde uns doch nicht weiterbringen.

Yoongi blieb still, so als wüsste er nichts auf meine Aussagen zu erwidern. Er gab Jimins Schultern frei und trat ein paar Schritte zurück, ehe er aus Gedanken gerüttelt nickte. »Ja, ich weiß. Aber wir haben keine andere Wahl.« Der Ältere löste seinen Blick vom Boden uns sah Jimin und mich abwechselnd an. »OK, hört zu..«, setzte er nach kurzem Schweigen an. Ich war froh, dass Yoongi in dieser Sache einigermaßen einen kühlen Kopf bewahren konnte. Auch beeindruckte es mich. Er blieb verhältnismäßig ruhig, obwohl sein offensichtlich total labiler Bruder verschwand, nachdem er auf einer Drogenparty war.

holding on and letting go ✧・゚kookvWo Geschichten leben. Entdecke jetzt