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Y o o n g i

Ich schaffte es pünktlich zum Bahnhof, sodass mir wie erwartet noch genug Zeit blieb, um Fahrkarten für Taehyung und mich zu kaufen. Es war noch immer eiskalt und der Wind hier neben den Gleisen wehte mir hemmungslos entgegen. Zwar richtete ich meine Jacke schon mindestens zum fünften Mal, doch daran, dass sie nunmal aus dünnem Stoff war, konnte ich gerade nichts ändern. Doch das hier war eben das, was einer Winterjacke am nächsten kam. Für Taehyungs Mantel galt dasselbe.

Wir leisteten uns zwar einmal im Monat einen Kinobesuch inklusive Busfahrkarten, doch das blieb auch das einzige, wofür wir wirklich Geld ausgaben. Taehyung und ich mussten aufpassen, wofür wir unser Geld verwendeten — die Wohnung und die ganzen Kosten für Schule und Einkaufen brauchten beinahe alles auf, was wir in einem Monat zur Verfügung hatten. Unsere Waisenrente war knapp — da blieb einfach nichts übrig für Dinge wie wirklich warme Winterjacken.

Ich sollte mir zwar keine Sorgen machen, weil ich genau wusste, dass es etwas brauchen würde, Essen für Vier zu bestellen und dann auch noch bis hierhin zu kommen, doch der Bus würde in genau drei Minuten kommen und Taehyung war noch immer nicht da. Es sollte also eigentlich nicht mehr lange dauern, bis er hiersein würde und genau deshalb sollte ich mir wohl auch keine Sorgen machen — aber ich kannte Taehyung. Dieser Idiot verlief sich schnell und ich hatte auch Angst, dass ihm irgendetwas passieren könnte.

Wir befanden uns hier mitten in Seouls Stadtzentrum. Zwar waren vor dem Kino — als sich unsere Wege getrennt hatten — nicht allzu viele Leute, doch das konnte sich schnell noch ändern. Aber es ging ihm gut, seitdem er diese Sache mit Jeongguk am Laufen hatte. Er war irgendwie nicht mehr so oft desorientiert und neben der Spur. Es war fast so, als würde Jeongguk ihm sein Leben erklären — als würde Taehyung von ihm Hilfe dabei bekommen, sich zurechtzufinden. An Jeongguks Seite wirkte mein Bruder nicht mehr so hilflos.

Als schließlich der Bus, der uns nach Hause bringen sollte, vor mir an der Haltestelle einfuhr, blickte ich mich rasch um, doch von Taehyung war nirgends eine Spur. Ich seufzte und schüttelte den Kopf, als mich der Busfahrer abwartend ansah. Daraufhin schlossen sich die Türen und der Bus fuhr davon. Ich lehnte mich gegen die Wand hinter mir und warf erneut einen Blick auf mein Telefon. Keine Nachricht und auch kein verpasster Anruf von Taehyung. Verlaufen hatte er sich also nicht, aber wo steckte er dann?

Der nächste Bus würde in zwanzig Minuten kommen — den würden wir locker erwischen. Ich schrieb Jimin schnell eine Nachricht, dass wir uns verspäteten. Ein paar Minuten später kam seine Antwort. Toll. Wir haben Hunger, beeilt euch. Ich musste lächeln, doch ein Blick weiter oben auf die Uhr des Displays ließ mich wieder unruhig werden. Taehyung hatte noch zehn Minuten, dann würde der nächste Bus kommen.

Es war wie ein Startsignal, als auch dieser Bus vor meiner Nase davonfuhr, ohne dass Taehyung und ich eingestiegen waren — denn mein kleiner Bruder war noch immer nicht hier. Irgendetwas stimmte nicht. Ich kramte wieder mein Telefon aus meiner Jackentasche heraus und wählte aufgeregt Taehyungs Nummer. Es klingelte drei Mal, bis dann schließlich abgehoben wurde.

»Yoongi?«, hörte ich eine verwirrte Stimme am anderen Ende, jedoch war es nicht die meines Bruders. »Scheiße, hat er wieder sein Telefon zu Hause gelassen?« Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage und doch bekam ich sofort eine Antwort. »Ja, sieht so aus. Was ist denn los? Seid ihr schon auf dem Heimweg?«, kam es von Jimin, der den Anruf entgegengenommen hatte. Ich blieb weiter am Hörer und überlegte, was ich jetzt tun sollte, während ich die Strecke zurück zum Kino lief.

holding on and letting go ✧・゚kookvWo Geschichten leben. Entdecke jetzt