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Pat

Verschlafen reibe ich mir durch mein Gesicht und gähne herzhaft. Der Blick auf mein Handy verrät mir, dass es erst kurz vor acht ist, eine Zeit zu der ich normalerweise Aufstehen noch nicht einmal in Erwägung ziehe. Der Blick verrät mir allerdings auch, dass Jo sich gestern Abend nicht mehr auf meine Nachricht gemeldet hat. Kurz vor dem Einschlafen habe ich ihr ein „Ich liebe dich!", geschickt, einfach weil ich nicht möchte, dass ein Streit das Letzte ist, was zwischen uns passiert ist. Und bei allem Grübeln und Zweifeln und Denken bin ich mir dessen doch bewusst, ich liebe sie und das soll sie wissen.

Der Blick nach recht verrät mir, dass Malia bereits aufgestanden sein muss und als ich aufstehe sehe ich sie an einem der kleinen Tische sitzen, den Rücken zu mir gewandt, sie scheint an ihrem Laptop zu arbeiten. „Morgen Malia!", brumme ich, als ich an ihr vorbei gehe.

Sie schließt hektisch den Laptop und nuschelt ebenfalls ein „Morgen", wobei sie mich allerdings kaum ansieht. Trotzdem bemerke ich die Augenringe, die meinen durchaus Konkurrenz machen können, ich könnte schwören, dass ihre Augen heute weniger intensiv grün leuchten und auch die Haare scheinen an Farbe verloren zu haben.

„Oh hey Pat, haben wir dich geweckt? Das tut mir leid, ich habe versucht leise zu sein.", begrüßt mich Jenny, die jetzt einen Becher Kaffee und ein Schälchen mit Porridge neben Malia abstellt. „Schon Frühstückshunger?"

Ich schüttele den Kopf, bevor ich etwas essen kann brauche ich erst einmal einen Kaffee und vielleicht eine erste Laufrunde, zumindest eine kurze.

Das Wetter heute ist perfekt, die Sonne scheint als hätte es das Unwetter nie gegeben, es geht nur noch ein leichtes Lüftchen, das den salzigen Geruch nach Meer zu mir herüberweht, kein Wölkchen ist am Himmel zu sehen, eigentlich der optimale Tag für die Wanderung die ich schon seit einiger Zeit vor mir herschiebe. Ich beschließe sie heute wirklich in Angriff zu nehmen, laufe nur eine kurze Runde und sitze kurz darauf am Frühstückstisch, wo ich mir Porridge und Jennys fantastisches Rührei schmecken lasse. Malia ist bereits wieder in ihre Arbeit versunken, immer wieder starrt sie auf den Bildschirm, um dann die Finger über die Tasten fliegen zu lassen. Ab und an dringt ein leises Seufzen zu mir herüber oder ein leiser gemurmelter Fluch.

„Hey Malia, ich will nachher eine kleine Wanderung machen, hast du Lust mitzukommen?"

Ihr Kopf fliegt hoch und irritiert glotzt sie mich an. „Bitte?", piepst sie.

„Ich und du, eine Wanderung?", frage ich grinsend.

Sie schüttelt den Kopf und deutet auf ihren Laptop. „Ich muss noch arbeiten, ich habe gestern nichts geschafft und nun ein bisschen aufzuholen.", seufzt sie.

Energisch schüttele ich den Kopf. „Nun komm schon Malia, heute ist Sonntag und außerdem hast du Urlaub! Den Urlaub sollte man genießen und wie ginge das besser als mit einer von mir geführten Wandertour?", locke ich sie.

„Du weißt, dass dieser „Urlaub" hier nicht freiwillig ist. Ich habe einen Abgabetermin, den ich einhalten muss, der Verlag schert sich nicht um Sonntage oder Urlaube. Wenn ich nicht fertig bin, dann bekomme ich mächtig Ärger."

Ich winke ab. „Ach komm, etwas Spielraum hat man immer! Ich sollte jetzt eigentlich auch an meinem neuen Album arbeiten, aber wenn ich ein kreatives Tief habe, was soll ich machen? Ich kann nicht unter Druck schreiben, das wird eh alles immer scheiße und dann bin ich nicht zufrieden und wer will schon einen unzufriedenen Künstler?", lache ich.

Malia rollt mit den Augen. „Du kannst dir das vielleicht erlauben, ich nicht. Mein Verleger ist da nicht so kulant wie dein Management, ich habe pünktlich abzuliefern, sonst bekomme ich kein Geld. Punkt."

Temptation IslandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt