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Langsam blicke ich auf und sehe in die besorgten Augen von Pat.

„Malia, was ist passiert?", fragt er erneut.

„Ich..." Meine Stimme klingt kratzig, dann fällt mein Blick wieder auf seine Füße. „Du hast keine Schuhe an.", sage ich überrascht.

„Ja, weil ich dich habe schreien hören, also, was war los?", auf einmal klingt er grummelig.

„Ich... Also... Kühe...", stammele ich und blicke hinter mich, wo mehrere Kühe friedlich auf der Weide stehen und grasen.

Mit hochgezogener Augenbraue wendet Pat seinen Blick in Richtung der Kühe. „Die Kühe?"

Ich seufze und versuche mich hochzurappeln, ich bin voller Schlamm und mein rechtes Bein pocht unangenehm. Die angebotene Hand von Pat ignoriere ich dabei geflissentlich. „Ich bin über die Weide gelaufen und..."

„Warum zur Hölle bist du über die Weide gelaufen? Das kann ganz schön gefährlich werden. Aber im Normalfall tun die Kühe nichts."

Zähneknirschend stehe ich vor ihm und bin den Tränen nahe. Er sieht so sauer aus und ziemlich genervt. „Sorry.", murmele ich.

Er schließt kurz die Augen und seufzt. „Schon gut. Hast du Pflaster dabei?", er deutet auf mein Bein.

Langsam schüttele ich den Kopf, wenn ich ehrlich bin habe ich außer einen kleinen Flasche Wasser und meinem Handy nichts dabei.

„Natürlich nicht, ich kann ja schon froh sein, dass du feste Schuhe anhast und nicht in Highheels über die Wiese stöckelst."

Erschrocken sehe ich ihn an, warum ist er auf einmal wieder so fies zu mir. Ich schlucke und weiß nicht, was ich darauf erwidern soll. Er dreht sich um und stapft barfuß über die Wiese Richtung Wald.

„Kommst du mit oder bist du festgewachsen?", ruft er mir zu und deutet mit dem Kopf in die Richtung, aus der er eben gekommen ist. Mit gesenktem Kopf trotte ich ihm hinterher, ich könnte mir selbst in den Hintern treten, er muss doch wirklich denken, dass ich die hinterletzte Idiotin bin, erst der Unfall an den Klippen und nun das hier. „Hinsetzen!", befiehlt er mir und deutet auf einen Baumstamm, neben dem sein Rucksack und seine Schuhe stehen. Er greift sich diese und verschwindet aus meinem Blickfeld. Es dauert einige Minuten bis er wieder da ist, die Schuhe an den Füßen, zu gerne würde ich wissen, wie er den Schlamm entfernt hat, doch seine verkniffene Miene hält mich zurück. „Hier, zum sauber machen!", sagt er und reicht mir sein feuchtes T-Shirt.

Mit zitternden Händen tupfe ich mir mein Gesicht und die Beine sauber, kaum dass ich fertig bin setzt Pat sich neben mich und zieht das verletzte Bein zu sich. „Ist nicht schlimm.", brummt er und wühlt kurz in seinem Rucksack herum. Das Desinfektionsmittel brennt höllisch, doch ich verkneife mir jeglichen Schmerzenslaut, mit flinken Fingern klebt er ein Pflaster auf mein Schienbein und sieht mich fragend an. „Also, was machst du hier? Spionierst du mir hinterher?" Da ist er wieder, dieser misstrauische, harte Ton der er am Anfang mir gegenüber benutzt hat.

„Ich war spazieren, ich wusste nicht, dass das verboten ist.", antworte ich schnippisch und verschränke die Arme vor meiner Brust, was er kann, kann ich auch.

Er seufzt und fährt sich durch die Haare, die wild zu allen Seiten stehen. „Sorry, ich wollte dich nicht anschnauzen, ich bin heute nicht gut drauf. Natürlich darfst du spazieren gehen, wo du willst." Er lässt sich wieder auf dem Baumstamm nieder und holt die Thermoskanne aus seinem Rucksack. „Tee?", er deutet auf den dampfenden Becher.

Eigentlich will ich meinen Aufenthalt in seiner Nähe so kurz wie möglich halten, ich habe die Befürchtung, dass seine schlechte Laune mit seiner Frau zu tun hat und das wiederum irgendwie mit mir. Allerdings sind meine Hände total durchgefroren und der Tee riecht wirklich verlockend. „Gerne.", sage ich und nehme den Becher um meine Hände damit zu wärmen. „Warum bist du vorhin barfuß herum gerannt? Wir haben November.", frage ich erneut.

Temptation IslandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt