42 | Generalprobe

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Am nächsten Morgen betreten wir um Punkt sechs Uhr den Speisesaal. Fast alle sind schon da. Stumm holen wir uns unser Frühstück und setzten uns an unseren Stammtisch. Auch während dem Essen reden wir nicht viel. Es ist einfach noch viel zu früh. Nach dem Essen fahren wir dann eigentlich auch direkt los. Wir haben nur kurz Zeit uns eine kleine Tasche mit Haarnadeln, etwas zu trinken und einem Lunchpaket zu packen. Während der Fahrt sitze ich neben Johanna.

Als wir in Berlin sind, spüre ich erst wie sehr mir diese Stadt gefehlt hat. Ich lebe hier seit ich drei Jahre alt bin. Davor haben wir in Grünheide gewohnt. Das liegt mit der S-Bahn eine halbe Stunde von Berlin entfernt. Da meine Eltern aber beide in Berlin arbeiten, sind sie dann auch dorthin umgezogen. Manche finden das Großstadtleben ja anstrengend, aber ich nicht. Ich kenne es aber auch nicht wirklich anders. Jetzt, wo ich Mal längere Zeit weg war, merke ich erst wie viel mir an dieser Stadt liegt. Die vollen Straßen, die Ampelmännchen und natürlich die Sightseeing Attraktionen, die ich aber nicht als diese wahrnehme. ,,Ist da hinten nicht ein Erinnerungsstück an die Mauer?", fragt Johanna und deutet aus dem Fenster. Ich folge ihrem Blick und entdecke es auch. ,,Ja genau." ,,Können wir Plätze tauschen?", bettelt Johanna, die die Fahr über den Platz am Gang hatte. ,,Ja klar. Ich kenne hier ja fast alles", sage ich. Johanna erzählt mir, dass sie noch nie in Berlin war. Während der restlichen Fahrt werde ich also zur Stadtführerin und erzähle ihr ein paar Dinge über Berlin.
Schon sind wir am Friedrichsstadt-Palast angekommen. Es heißt doch Friedrichsstadt-Palast und nicht Friedrichsstadt-Theater. Da habe ich mich wohl geirrt. Und das als Berlinerin, aber egal jetzt. Es ist ein total krasses Gefühl jetzt vor dem Gebäude zu stehen und zu wissen, dass man gleich darin auf der Bühne tanzen wird. Sonst bin ich hier entweder nur vorbeigelaufen oder eben zu einer Aufführung als Zuschauerin gegangen. Zusammen betreten wir das Gebäude über den anderen Eingang. Den für die Beteiligten. Auch das ist neu. Sonst bin ich ja immer durch den Zuschauereingang reingegangen.


Nachdem wir im Gebäude sind, werden uns Garderoben zugewiesen. Es werden die gleichen sein, wie am Tag der Aufführung. Es gibt hier so viele Gänge, dass das wahrscheinlich gut so ist. Nachdem wir uns umgezogen haben, machen wir uns auf den Weg zur Bühne. Man kann hier eigentlich nicht mehr von Gängen sondern schon fast von Katakomben reden. Immerhin ist der Weg zur Bühne ausgeschildert, so dass wir ohne weitere Zwischenfälle dort ankommen. Ich hänge mein Baumkostüm in den Quick-change hinter der Bühne. Wir proben gleich das ganze Stück durch, so dass wir alle vorhandenen Kostüme hinter der Bühne haben sollen. Im Quick-change können wir uns dann schnell umziehen.

Bevor es losgeht, werden wir alle nochmal auf die Bühne gerufen. Jetzt kommt der Moment auf den ich so lange gewartet habe. Auf die Bühne im Friedrichsstadt-Palast treten. Es ist total krass jetzt hier zu stehen. Wenn man auf der Bühne steht, wirkt diese noch größer als die eigentlich ist. Oh Gott, den ganzen Platz muss ich gleich nutzen. Mein Blick fällt auf die Zuschauerränge. Warum ist mir nie aufgefallen, dass hier SO viele Menschen reinpassen? Wenn man als Zuschauer herkommt, nimmt man irgendwie nicht wahr wie viele Menschen hier sitzen können. Erst jetzt, wo ich hier auf der Bühne stehe und darauf blicke, fällt mir das auf. Ich bin jetzt schon total aufgeregt, dabei haben wir heute mit Probe. Wie wird das dann in zwei Wochen sein?


Die Probe beginnt und es läuft einigermaßen okay. Wir sind alle noch ein bisschen überfordert mit dem ganzen Platz den wir jetzt haben. Vor allem, wenn man ein Solo oder ein Duett tanzt. Ich komme mir am Anfang ziemlich verloren vor, wie ich da eingehüllt in meinen schwarzen Mantel auf die Bühne gehen. Der Rest ist zumindest von der Choreographie her gut. Nach dem ersten Durchlauf haben wir erstmal Pause.
Dann geht es aber auch schon mit einem zweiten Durchgang weiter. Diesmal bin ich nicht ganz so verloren und wir alle kommen auch mit dem Platz besser zurecht. Es ist schon jetzt mega schön hier auf der Bühne zu tanzen. Dabei ist das nur eine Probe. Es schauen keinerlei Menschen zu, mit Ausnahme von Miss Evans, Lotte, Caro und den anderen Trainern. Nach dem zweiten Durchlauf, der deutlich besser lief als der erste, haben wir nochmal eine kleine Pause. Danach folgt noch ein letzter Durchgang.

Als wir den Friedrichsstadt-Palast verlassen, ist es schon 18 Uhr. Die Zeit verging ja Mal mega schnell. Wir gehen zum Bus. Auf der Rückfahrt sitze ich neben Caro. Wir fahren gerade los, da steht Miss Evans auf und geht zum Mikrofon vorne beim Fahrer. ,,Also meine Lieben. Das heute war echt extrem gut. Ihr habt die vergangenen Wochen sehr gut gearbeitet. Ich bin sehr zufrieden mit euch. Jetzt zwei Wochen vor der Aufführung werden wir das Training etwas zurückschrauben, um Verletzungen vorzubeugen. Sich jetzt zu verletzen wäre sehr ungünstig. Natürlich habt ihr noch normal Training, aber etwas lockerer. Und jetzt eine schöne Rückfahrt. Wenn wir zurück sind, gibt es auch noch was zu essen", erklärt Miss Evans. Miss Evans setzt sich wieder hin und Caro wendet sich zu mir. ,,Lara, das war heute echt super gut von dir getanzt!"



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