5 | Schlagfertigkeit im Boxstudio

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Ähnlich wie beim letzten Mal schlug mir beim Öffnen der Tür zum Boxstudio ein Geruch nach alten Turnmatten entgegen. Gleichzeitig vernahm ich ein leichtes Quietschen von Sohlen, die sich hektisch über den Boden bewegten und das dumpfe, leicht rhythmische Klingen von Schlägen auf einen Boxsack. 

Olaf war gleich in einer Hintertür verschwunden, um etwas zu „regeln". Was auch immer das genau bedeuten sollte. Vor einiger Zeit endete sein „regeln" meist mit einer blutigen Nase. 

Ich sah mich um, erblickte ein paar bekannte Gesichter vom letzten Mal, aber sah auch einige neue. Als ich den Blonden nicht entdecken konnte, machte sich eine leichte Enttäuschung in mir breit. Ich ärgerte mich sogleich darüber und versuchte, sie herunterzuschlucken. Immerhin würde ich in Ruhe trainieren können und irgendeinen tätowierten gutaussehenden Kerl fand man in Berlin an jeder Ecke. 

„Maja, wie cool. Ich dachte schon du hättest mich vergessen", erklang da eine tiefe Stimme hinter und ich wirbelte herum. 

Der Blonde mit dem Wolfskopf an der einen Kopfseite drückte sein Rückgrat durch und grinste mich von oben breit an. 

„Bild dir mal nix ein, ich wollte bloß ein bisschen trainieren", gab ich zurück, aber konnte ein Lächeln nicht zurückhalten. 

„Zum trainieren bist du genau richtig hier", erwiderte der Blonde ungerührt, „Bock auf ein bisschen Boxen?" 

‚Ähm..ja klar, warum nicht?", stotterte ich. Mensch, jetzt reiß dich zusammen, ermahnte ich mich selbst. 

„Du schuldest mir schließlich noch die Revanche", sagte der Kerl gegenüber von mir. 

Er sah wirklich gut aus, wie ich mir eingestehen musste. An den Füßen trug er auffällig bunte Nikes, eine weiße kurze Sporthose, ein schwarzes T-Shirt und auf den Lippen sein unverkennbares schiefes Grinsen. 

„Und du schuldest mir noch deinen Namen", erinnerte ich mich.

 „Oh", er sah mich ehrlich entschuldigend an und reichte mir die Hand, „ich bin Max." „Freut mich", sagte ich. 

Dann bedeutete er mir, ihm zu folgen und ging zu einem großen Spind, aus dem er zwei Boxhandschuhe griff und mir reichte. 

Den ersten zog ich über meine linke Hand, aber den zweiten bekam ich aufgrund meiner eingepackten anderen Hand nicht über die Rechte. Etwas unbeholfen hantierte ich mit dem Handschuh, als eine warme Stimme nah bei mir erklang. 

„Warte, ich helfe dir". 

Max griff den Handschuh und zog ihn mir über, dabei berührte sein Arm kurz meinen und es prickelte auf meiner Haut. Ich vernahm den Duft seines Aftershaves, ein Gemisch aus süßlich und leicht herb. Es roch wahnsinnig gut. 

„So", sagte er laut, richtete sich auf und positionierte seine Hände vor dem Gesicht, „kann losgehen." 

Nachdem er mir erklärt hatte, wie man seine Füße beim Boxen positionierte und wie man einen Schlag ausführte, lenkte er mich zu einem Boxsack. 

„Wichtig ist, dass du die Hände immer schützend vorm Gesicht hältst, sonst fängst du dir sofort einen Schlag vom Gegner ein", erklärte Max. „Wenn du also mit rechts schlägst, bleibt die linke Hand vor deinem Kinn und deiner Wange." 

Er führte einen Schlag mit der Rechten gegen den Boxsack aus, die Linke blieb vor seinem Kinn. 

„Das war übrigens ein sogenannter Jab, also ein gerade schneller Schlag direkt nach vorne mit leicht gedrehtem Arm. Handrücken ist oben. Probier du mal." 

Ich stellte mich leicht zögernd vor den Boxsack und schlug dagegen. Meine Hand prallte auf den Boxsack, der viel härter war, als ich dachte und sich nur wenig bewegte. Er schien eher unbeeindruckt von meinem Schlag. 

Sonne und Mond (Kontra K)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt