Ich blinzelte, um die Fata Morgana zu vertreiben, aber sie blieb in der Tür stehen. Sah mich mit einem Gesichtsausdruck an, den ich nicht so recht deuten konnte.
Mark. Er war wirklich hier. In dunkelblauer Jeans und einem schwarzen engen Pulli, unter dem ein weiß-blau gestreifter Hemdkragen hervorlugte, stand er tatsächlich im Türrahmen meines Büros.
Er hatte sich nicht verändert. Seine braunen, widerspenstigen Haare wurden von Gel an Ort und Stelle gehalten, seine unglaublich schönen blauen Augen blitzten wachsam, aber interessiert und seine Kleidung schmiegte sich eng an seinen athletischen Körper.
„Hallo Maja", sagte er und setzte zögernd einen Schritt in mein Büro.
Ich riss mich aus meiner Schockstarre.
„Ich kann mich nicht erinnern, dich in einer Mietangelegenheit letztes Jahr vertreten zu haben", sagte ich trocken und presste meine Hände fest auf den Schreibtisch, damit sie aufhörten zu zittern.
„Ich wusste nicht, ob du mich sonst in dein Büro gelassen hättest", sagte Mark leise und vergrub die Hände die in seinen Hosentaschen.
Er wirkte ungewohnt unsicher und etwas zerknirscht.
„Womöglich nicht", sagte ich ebenfalls leise.
Mark hob den Kopf und sah mich an, sein Blick ging durch mich durch und wirbelte in meiner Magengegend etwas durcheinander, Unruhe und Unwohlsein keimten in mir auf. Er stand nur wenige Meter vor mir, aber zwischen uns lag so viel. Zwei Jahre, in denen wir keinen Kontakt gehabt hatten. Unser Kind, das ich verloren hatte. Ungeklärte Fragen und...ein Vertrauensbruch. Ich biss mir auf die Zunge. Hatte Mark mittlerweile erfahren, was ich getan hatte? Dass ich ihn hintergegangen hatte? War er gekommen, um mir zu sagen, wie sehr ich ihn enttäuscht hatte? Wie sehr ihn das...verletzte? Oder war ich ihm bereits völlig egal geworden in den letzten zwei Jahren? Schließlich hatte er nicht einmal angerufen. Aber ich ihn auch nicht.
„Darf ich mich setzen?", unterbrach seine tiefe Stimme meine Gedanken.
„Klar", sagte ich hastig und deutete auf den kleinen Besprechungstisch in meinem Büro.
Dann erhob ich mich und ging ebenfalls zu dem Tisch. Mark beobachtete jede meiner Bewegungen, bevor er sich setzte. Als ich mich vor ihm niedergelassen hatte, blieb sein Blick an meiner Stirn hängen und er rückte irritiert seine Augenbrauen zusammen. Achja, mein Horn. Die Beule, die ich mir verpasst hatte, als ich aus meinem Traum hochgeschreckt und gegen Max Kopf gestoßen war.
„Ich bereite mich auf eine Rolle als Einhorn im neuen Film von Tarantino vor", sagte ich trocken.
Marks Lippen verzogen sich zu einem Grinsen, das seine blauen Augen erreichte und sie noch mehr leuchten ließ, als sie es ohnehin schon immer taten.
„Tarantino dreht also neulich Einhorn-Filme?", schmunzelte er, „ich muss in den letzten zwei Jahren wirklich viel verpasst haben."
Er sah mir tief in die Augen und ich schluckte schwer.
„Wie auch immer", sagte ich bemüht kühl, „wie kann ich dir helfen?"
Mark verstummte kurz, zupfte verlegen an den Ärmel seines Pullis und räusperte sich dann.
„Also", schlug er einen geschäftlichen Ton an, „ich bin hier, weil ich Rainer Monhoff als Mandanten übernommen habe."
Monhoff war Investmentbanker, Aktieninhaber - und Steuerhinterzieher. Ich hatte ihn gleich zu Beginn meiner Tätigkeit in der Kanzlei in Köln als Mandat angenommen.
Mark fuhr fort. „Du hast ihn fast zwei Jahre vertreten und ich bin hier, um dich nach deinen Unterlagen zu ihm zu fragen."
„Alles, was ich in der Sache Monhoff bearbeitet und gemacht habe steht in der Akte", erwiderte ich stirnrunzelnd.
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Sonne und Mond (Kontra K)
FanfictionMaja, eine junge, talentierte Anwältin trifft in Berlin auf Max, einen tätowierten Rapper. Ihre Welten und Ansichten sind so verschieden wie Sonne und Mond und doch bringen sie sich zum Strahlen; die Anziehung zwischen den beiden ist greifbar. Doch...