32 | Der Mond, der immer die Sonne sucht

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Hallo, ganz viel Spaß mit dem neuen Kapitel und ein großes Dankeschön für all eure Votes und Kommentare bisher ❤️ Freue mich so sehr über jeden einzelnen! Ohne euch hätte ich diese Geschichte ganz sicher nicht so weit verfolgt.

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„Wer?", fragte Ina, ihr Blick hüpfte nervös zwischen meinen Augen hin und her. „Wer weiß noch davon?"

Die rot geschminkten Lippen, das hellblonde Haar und das falsche Lächeln erschienen vor meinem inneren Auge.

„Judith", antwortete ich leise, „meine ehemalige Arbeitskollegin. Die auch als Anwältin bei Wesskamp gearbeitet hat."

„Die blonde Schlange, die auf Mark stand?", erinnerte Ina sich.

Ich nickte. „Ja, es war schon auffällig, wie oft sie in seiner üblichen Mittagspause auch auf einmal vor seinem Lieblingsrestaurant stand oder wie oft sie ihm aus kollegialer Nettigkeit einen Kaffee ins Büro gebracht hat."

„Mark ist aber nie darauf eingegangen, oder?"

Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Jedenfalls nicht, dass ich es wüsste. Und ich kann mir auch nicht vorstellen, dass er irgendwas an ihr fand."

Ina nippte an ihrem Tee. „Und wie kommst du darauf, dass sie etwas weiß?"

Ich seufzte. „Nachdem ich an diesem einen Samstag aus Marks und meiner Wohnung geflüchtet bin, weil ich ihm nicht mehr in die Augen schauen konnte und weil...ich einfach Abstand brauchte, ich das alles nicht mehr ertragen konnte, die Wände in der Wohnung mir zu nah gerückt sind...", ich holte tief Luft, „da hab ich das Jobangebot von Ludwig-Großner, du weißt schon, die Großkanzlei in Köln, angenommen. Sie hatten schon vor Monaten versucht, mich abzuwerben und da...da hab ich ihr Angebot angenommen. Wirtschaftsstrafrecht und Compliance."

Ina nickte. „Klar, ich erinner mich."

Ich fuhr fort. „Naja und nach ungefähr acht Monaten kam auf einmal Judith in die Kanzlei. Hatte dort jetzt auch einen Job, um den sie sich scheinbar schon länger bemüht hatte. Ich weiß nicht, warum sie bei Wesskamp aufgehört hatte und zu Ludwig-Großner wollte. Jedenfalls war sie auf einmal da. Aber das hab ich dir ja damals schon erzählt."

Wieder nickte Ina. „Ja, ich erinnere mich, als du dich beschwert hast, dass das blonde Gift jetzt wieder in derselben Kanzlei arbeiten würde wie du."

Kurz mussten wir beide schmunzeln. Dann erzählte ich weiter.

„Die Partner der Kanzlei waren...", ich suchte nach den richtigen Worten, „waren mit meiner Arbeit scheinbar sehr zufrieden, denn sie haben mir eine Beförderung zum Senior Associate in Aussicht gestellt."

„Hey, das wusste ich gar nicht", Ina knuffte mir in die Seite, „das ist ja Wahnsinn! Glückwunsch nachträglich." Sie grinste.

„Judith hat davon Wind bekommen und sah wohl ihre Felle wegschwimmen. Ich glaube, sie hat in mir immer eine Konkurrentin gesehen, dabei...wollte ich nie besser sein als sie oder ihr irgendetwas wegnehmen. Ehrlich gesagt war sie mir immer schon ziemlich egal."

Ina grinste und ich erwiderte es. Ich holte Luft.

„Eines Abends, als die meisten schon Feierabend gemacht hatten, stand sie in meinem Büro...und", ich schloss die Augen und rief mir die Szene wieder vor Augen. „Und sagte, sie wisse, was ich getan habe bezüglich Grado und dass ich ja eigentlich gar keine Anwältin mehr sein dürfte."

Ich schluckte merklich bei der Erinnerung und nahm rasch einen Schluck Tee, weil mir die Zunge auf einmal am Gaumen klebte.

„Sie würde das aber sicherlich vergessen können, wenn ich die Kanzlei verließe", beendete ich meine Erzählung leise.

Sonne und Mond (Kontra K)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt