44 | Die Fliege im Spinnennetz

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Manchmal dauern Kapitel viel länger als geplant, weil der Schreibfluss gehemmt ist. Hab den Damm aber jetzt durchbrochen 🌊 und hoffe, ihr freut euch über das neue Kapitel- auch wenns ein bisschen gedauert hat... Viel Spaß 💛

Wir nähern uns übrigens dem Ende der Geschichte und ich weiß noch gar nicht, wie ich das finden soll...

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Mein nass geschwitztes Handtuch schien an meinem Rücken zu kleben, als ich mich nach vorn beugte, um nach meiner Wasserflasche zu greifen. Das kalte Wasser rann erfrischend durch meinen Hals, ich nahm noch einen weiteren großen Schluck und blickte dabei durch die Halle des Fitnessstudios.

Ein groß gewachsener Schwarzhaariger stand wachsam hinter einem kleineren, muskulösen Mann, der soeben in die Knie ging, um die knapp 95 Kilo auf dem Rücken zu beugen. Ein paar Meter weiter posierten zwei Halbstarke selbstbewusst vor dem Spiegel und prüften ausgiebig den Umfang ihrer spindeldürren Arme. Links von ihnen unterhielten sich zwei Mädels in hautengen Leggins über die effektivste Übung um eine Rückenansicht wie Kim Kardashian zu bekommen.

Also alles wie immer.

Alles wie immer, wenn ich mich in den Fängen meiner Gedanken und Sorgen befand wie eine Fliege in einem Spinnennetz.

Das Training konnte mich zwar nicht aus dem Spinnennetz befreien, aber es hielt die Spinne davon ab, mich zu finden.

Auf einmal nahm ich eine Bewegung im Spiegel vor mir war und zuckte zusammen, als ich den blonden, am Hals tätowierten jungen Mann sah, der gerade ein paar Scheiben aufhob, um die Beinpresse mit Gewicht zu beladen. Er sah Max zum Verwechseln ähnlich.

Max.

Seine erstarrten Gesichtszüge und die Dunkelheit, die auf einmal in seine sonst leuchtenden grünen Augen geschlichen war, als ich ihm meinen Verrat an Mark erzählt hatte, würde ich wohl nie mehr vergessen. Die Enttäuschung, die auf seinen zusammen gepressten Lippen gestanden hatten. Die Fassungslosigkeit, die seine zu Fäusten geballten Hände ausgedrückt hatten. Und der Anflug von Traurigkeit, der kurz in seinen Augen geschimmert hatte - all das hatte sich in mein Inneres eingebrannt wie glühendes Eisen auf Haut.

Es ist besser, wenn du jetzt gehst, war alles was er gesagt hatte. Wie Eisregen waren seine Worte durch mich gerieselt. Fassungslos hatte ich ihn angestarrt, bis er ‚bitte geh' mit erstickter Stimme geflüstert hatte.

Ruckartig beugte ich mich nach vorne und hob die zwei Kurzhanteln auf meine Knie, um sie mit Schwung aus den Beinen auf Schulterhöhe zu befördern. Ich blickte meinem Spiegelbild entgegen, winkelte die Arme an, sah wie der Brustkorb meines Spiegelbilds sich hob als ich tief Luft holte und stemmte die Kurzhanteln über meinen Kopf, indem ich die Arme durchdrückte.

Eins.

Ich ging in die Ausgangsstellung zurück und holte erneut tief Luft, um das Gewicht zu drücken.

Zwei.

Max und sein verzerrtes Gesicht erschienen vor meinem inneren Auge.

Drei.

Ich sah die drei Haie sich an Grados Hals auf und ab bewegen, als er mit mir in der JVA gesprochen hatte.

Vier.

Der Boden des Fitnessstudios um mich bekam eine rötliche Farbe, erinnerte mich an meinen Treppensturz in der Kanzlei.

Ich atmete schwer.

Sonne und Mond (Kontra K)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt