10 | Schnecken und Schrecken

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Das Restaurant, welches Max ausgesucht hatte, lag in einer Seitenstraße und im Inneren waren die Lichter leicht gedimmt. Die Gäste saßen an runden Tischen und unterhielten sich, während im Hintergrund leise Musik spielte. Ein Kellner nahm uns die Jacken ab und geleitete uns zu einem weiß eingedeckten Tisch, unter dem er den Stuhl für mich hervor zog. Max ließ sich gegenüber von mir auf dem Stuhl nieder und drückte seinen Rücken kurz durch, sodass sich sein Oberkörper leicht anspannte und ich seine Muskeln erahnen konnte. Als hätte er meinen Blick bemerkt, verzog er seinen Mund zu seinem unverkennbaren schiefen Grinsen.

„Schön hier", bemerkte ich und wendete meinen Kopf, als würde ich mich kurz vergewissern wollen, dass ich es schön fand. Eigentlich wollte ich nur das Schweigen brechen.

„Freut mich, dass du das sagst. Ich hatte gehofft, dass es dir gefällt", erwiderte Max.

Alias Kontra K. Ich hatte mir tatsächlich verboten, ihn großartig zu googeln um möglichst unvoreingenommen zu diesem Treffen zu kommen. Ich wollte von ihm selbst hören, was er so in seiner Freizeit machte, was er gerne aß, was er tat, wenn er nicht schlafen konnte und das nicht aus den Medien unter irgendeiner reißerischen Schlagzeile erfahren.

„Ich hab uns als Vorspeise übrigens im Vorhinein bereits Weinbergschnecken französischer Art bestellt", unterbrach Max meine Gedanken.

Schnecken? Ich unterdrückte einen angeekelten Gesichtsausdruck. Das erste und letzte Mal, als ich welche gegessen hatte, war auf einem Geschäftsessen vor knapp zweieinhalb Jahren gewesen und ich erinnerte mich gut daran, auf der Gästetoilette des Sternerestaurants gewürgt zu haben. Möglicherweise war das aber auch gar nicht dem Essen, sondern dem unangenehmen Tischgenossen geschuldet. Oder es lag an...Ich biss mir auf die Lippen und verbot mir den Gedanken.

„Schnecken also", wiederholte ich mit einem halbherzigen Lächeln. Aus diesem formte ich ein breites Grinsen. „Ist das dein Verständnis einer Essenseinladung? Einladen, aber bestimmen, was ich esse?"

Max wirkte kurz unsicher, dann aber erwiderte er mein Grinsen und sagte frech: „Für den Hauptgang und den Nachtisch habe ich dir nur eine Vorwahl zusammengestellt, aus der du dann auswählen darfst."

Ich musste leise lachen. Der Typ war wirklich schlagfertig.

„Da kann ich ja von Glück reden, dass ich mir zumindest mein Outfit frei zusammen stellen durfte", gab ich zurück.

„Besser hätte ich es ohnehin nicht wählen können", sagte Max ruhig und sah mir in die Augen. Sein Grinsen war verschwunden. Stattdessen ging sein Blick wieder direkt in mein Inneres. Mein Magen flatterte.

„Danke", antworte ich ehrlich, aber mit leicht zittriger Stimme und sagte dann schmunzelnd: „Mit dir kann man sich auch blicken lassen."

Er lachte auf, warm und kehlig. „Da bin ich ja froh", quittierte er und vertiefte sich mit einem Schmunzeln auf den Lippen in die Karte, hob aber einmal kurz den Kopf um mir wieder schief grinsend in die Augen zu schauen und widmete sich dann wieder der Menüauswahl.

Wir bestellten einen Wein. Ich versuchte, mir meine Verwunderung nicht anmerken zu lassen. Der coole, boxende, tätowierte Rapper mit frecher Schnauze saß mit mir an einem weiß eingedeckten Tisch, bestellte Wein und Weinbergschnecken? Tat er das, weil er dachte, mir damit einen Gefallen zu tun oder ging er wirklich auf diese Weise essen?

Sonne und Mond (Kontra K)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt