Teil 1

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Die morgendliche Visite verlässt mein Zimmer und innerlich könnte ich vor Freude platzen, das ich Freitag endlich nach Hause darf. Toni denkt gar nicht daran, aufzuwachen, durch den Bauchschuss wurde ein Teil seiner Leber zerfetzt und ich mache mir Vorwürfe, dass ich den Plan nicht allein in die Tat umgesetzt habe. Die Sonne erscheint am Horizont und taucht mein Zimmer in ein warmes Orange, für einen vernünftigen Kaffee würde ich jetzt alles tun, Schwester Laura kommt rein, um mir beim duschen zu helfen.

"Frühstück gibt es für dich heute später, du sollst zur Abschlussuntersuchung in die Chirurgie, der Chefarzt hat mir gerade gesagt, wenn dort auch alles in Ordnung ist, kannst du morgen schon nach Hause."

"Echt?!"

"Ja, los schwing dein gesundes Bein aus dem Bett und ab mit dir ins Bad."

Sie hilft mir beim aufstehen und ich humpele neben ihr in die Dusche. Nach wie vor fällt mir alles etwas Schwerer und ich muss wirklich langsam machen. Denn wenn ich nicht aufpasse, schießen mir stechende Schmerzen in den Bauch. Laura dreht das Wasser auf, stülpt einen blauen Schutz über den Gips und ich stelle mich unter den warmen Wasserstrahl. Ich bin fertig gewaschen und sie reicht mir eines der kuscheligen Duschtücher, dir mir meine Mutter jeden Tag frisch vorbei bringt.

Beim Anziehen, der weiten Jogginghose, hilft sie mir noch und den Rest schaffe ich allein. Danach föhne ich mir die Haare und schminke mich zum ersten Mal wieder dezent.

"Los, rein mit dir", sie dreht den Rollstuhl zu mir und ich falle stöhnend hinein.

"Ich mache drei Kreuze, wenn dieser doofe Gips endlich ab ist."

Mit dem Aufzug fahren wir ins Erdgeschoss, der chirurgischen Ambulanz und Laura klopft an. Aus dem Zimmer kommt ein miesgelauntes "Herein", und ich beuge mich ein Stück vor, um die Tür aufzumachen.

"Guten Morgen, ich habe einen Termin zur Abschlussuntersuchung", der Arzt sitzt hinter dem Bildschirm verdeckt an seinem Schreibtisch und hämmert auf die Tastatur ein.

"Nehmen Sie auf der Liege Platz, ich sehe mir als Erstes ihr Bein an", sagt er mürrisch. Laura hilft mir und ich setze mich auf die Kante. Die Tastaturgeräusche verstummen und sein Kopf schiebt sich links am Bildschirm vorbei.

"Linda Heinrichs, die Edelpuffmutter?", fragt er amüsiert und ich sehe ihn verwundert an.

"Ja genau die. Kennen wir uns?"

"Erkennst du mich nicht? Stefan Lang, also Doktor Lang, um genau zu sein. Wir sind zehn Jahre auf die gleiche Schule gegangen, ich musste dann aber das Gymnasium wechseln, weil mein Vater der Meinung war, das ein Privates auf meiner Vita besser aussieht."
Ich sehe ihn mir genauer an, das Gesicht kommt mir sofort bekannt vor, er ist nicht mehr der pummelige Typ mit unreiner Haut und dicker Brille. Hier sitzt ein attraktiver Mann, mit dezentem Brillengestell, einem gepflegten Dreitagebart und trainierten Oberkörper. Er steht auf und stellt sich neben die Krankenliege.

"Ich rufe Sie an, wenn Frau Heinrichs fertig ist", Laura verlässt mit gesenktem Kopf den Raum.

"Sei nicht so ein Arsch, dein Vater war früher auch so arrogant, das finde ich ekelhaft."

"Autoritär meine Liebe, nicht arrogant. Nun zu dir, ich wusste gar nicht, dass in einem Bordell so scharf geschossen wird."

"Wenn man sich mit den falschen Leuten anlegt, kann das schon mal passieren. Ab wann darf ich wieder fliegen?"

"Grundsätzlich kannst du jederzeit fliegen, allerdings noch keine Langstrecke, dafür ist die Verletzung am Zwerchfell noch zu frisch. Den Gips entferne ich gleich, der hat nur zur Ruhigstellung gedient. Drei Wochen sind daher mehr als ausreichend."

Dark Rose Band 2 ~ Wir ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt